Adobe Summit: Warum Verlernen genauso wichtig ist wie Lernen
Gastbeitrag von Falk Hedemann, Freier Journalist und Blogger
Das digitale Business befindet sich in einem steten Fluss. Was heute noch State-of-the-Art ist, kann morgen schon eine dicke Staubschicht angesetzt haben. „We need to unlearn“, erklärte Brad Rencher, SVP and GM Adobe Digital Marketing auf dem Adobe Summit in London. Doch was bedeutet das eigentlich?
Wir lernen unser ganzes Leben. Jeder Tag bringt wieder Neues hervor, das uns weiterbringt. Neue Erfahrungen wollen mit dem vorhandenen Wissensstand verknüpft werden und neue Perspektiven schreien nach Überprüfung. Was sich so streng linear anhört, ist es letztlich ganz und gar nicht. Wer Neues lernen möchte, sich immer weiterentwickeln und auf dem neuesten Stand halten möchte, muss im Gegenzug auch loslassen können.
Dinge, die jahrelang richtig waren und erfolgreich eingesetzt wurden, müssen aufgebrochen und verlernt werden. Lernen passiert nicht nur linear, sondern auch sprunghaft. Damit das gelingen kann, müssen wir uns immer wieder selbst überprüfen und liebgewonnene Verhaltensmuster, Mechanismen und Strategien über Bord werfen.
Wir müssen lernen, Dinge zu verlernen, damit wir Neues erlernen können.
https://blog.adobe.com/media_f9dbfc3112c7099d867e5fbf8cf1dd07439bbcae.gifWas in der Theorie sehr einfach klingt, ist es in der Praxis oftmals nicht. Wann ist der richtige Zeitpunkt sich von einer jahrelang erfolgreichen Strategie zu trennen und etwas Neues auszuprobieren? Die Entscheidung braucht Mut und auch ein bisschen Fantasie, doch wir können sie nicht umgehen.
Brad Rencher erklärte dieses Phänomen anhand einer Erfahrung, die er in diesen Tagen in London gemacht hat. Er wollte einfach mal mit dem Auto durch London fahren und wählte dafür ein Taxi. Dazu musste er nicht nur verlernen rechts zu fahren, sondern gleichzeitig auch noch, selbst bestimmen zu können, wohin er fährt. Auf meine Frage, wieviel Geld er denn verdient habe, musste er lachen. Es sei nicht sehr viel gewesen, aber die Erfahrung sei sehr wertvoll.
Das Marketing muss sich neu erfinden – und zögert.
Auch im Online Marketing bleibt die Zeit nicht stehen. Was gestern noch perfekt funktionierte, kann heute schon nicht mehr skalieren. Beispiele dafür gibt es genügend. Die letzten Änderungen am Algorithmus von Facebook haben beispielsweise dazu geführt, dass bestimmte Inhalte, die zuvor gut funktionierten, nun plötzlich mit starken Reichweiteneinbrüchen leben mussten.
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Will Hayward (Buzzfeed)
Ein anderes Beispiel sind die neuen Medienformate wie Buzzfeed. Will Hayward, Vice President of Advertising bei Buzzfeed lüftete auf dem Adobe Summit das Erfolgsgeheimnis: Buzzfeed sucht Inhalte allein danach aus, wie hoch das Potenzial für Social Shares ist. Die Strategie scheint voll aufzugehen. Mit 75 Prozent Social Traffic ist Buzzfeed ein Vorzeigemodell für virales Marketing geworden und hat mehr Besucher als die New York Times.
Social Media, Big Data, Personalisierung, Mobile – das alles sind keine neuen Felder für das Marketing, dennoch zögern viele Marketer diese Herausforderungen anzugehen. Aus einer Adobe-Studie geht klar hervor, dass die Notwendigkeit zwar erkannt wurde, aber das Risiko immer noch als zu hoch angesehen wird.
Dabei könnten die Zögerer sehr viel von Kurt Yaeger lernen. Der aus der amerikanischen TV-Serie „Sons of Anarchy“ bekannte Schauspieler verlor 2006 bei einem Motorradunfall seinen linken Unterschenkel. Zum Abschluss des ersten Summit-Tages erzählte er seine ergreifende Geschichte. Zum Zeitpunkt des Unfalls war Yaeger BMX-Profi und als die Ärzte ihm eröffneten, dass sie ihm den Unterschenkel amputieren müssten, weil er ansonsten nur eine Überlebenschance von 20 Prozent hätte, zögerte er nur kurz. Die Entscheidung sei letztlich alternativlos gewesen, auch wenn sie das Ende seiner beruflichen Karriere bedeutete.
Als Fazit gab er dem Auditorium mit auf dem Weg, dass es sich immer lohnt ein Risiko einzugehen, was gäbe es denn schon zu verlieren? Wer etwas ausprobiert, kann zwar scheitern, doch er gewinnt eine Erfahrung. Man könne aber eben auch gewinnen. Nun wer sich nicht bewegt und nichts ausprobiert, verliert am Ende auf jeden Fall.
https://blog.adobe.com/media_0c2fad9cbfc6c2f346663e57845fc31a18377dd9.gifFalk Hedemann ist Freier Journalist (u.a. für LEAD digital) und Blogger und berät zudem Unternehmen bei ihrer digitalen Kommunikation, der Content-Strategie und der Distribution von Inhalten im Social Web. Als Mitherausgeber des UPLOAD Magazins beschäftigt er sich mit dem professionellen Einsatz von Social Media. Online zu finden ist er auf seinem privaten Blog, bei Twitter und Google+.