Prof. Dr. Gerrit Heinemann: „Klotzen statt Kleckern“
Vorhang auf für die Adobe Digital Marketing Days 2015: Retail-Experte Prof. Dr. Gerrit Heinemann über die zunehmend digitalisierte Zukunft des Handels.
Am 19. Februar 2015 ist es wieder soweit: Die Adobe Digital Marketing Days (#digitaljourney) gehen bereits zum vierten Mal auf große Deutschland-Tour! Der Startschuss erfolgt in Hamburg, von dort aus geht es nach Frankfurt (24. Februar), Köln (5. März), München (12. März) und schließlich nach Basel (17. März). Bei der kostenfreien Event-Reihe versammelt Adobe alle wichtigen Marketing-Experten und Wissenschaftler, Software-Architekten und Lösungs-Spezialisten sowie Verantwortliche aus führenden Unternehmen.
Ganz oben auf der Agenda steht dabei vor allem eines: das geballte Marketing-Wissen insbesondere in den Bereichen Mobile und Cross-Channel Marketing, das Besucher direkt für ihre Projekte nutzen können. Einer, der dieses Know-how in seiner Keynote bei den Adobe Marketing Days in München vermittelt, ist Prof. Dr. Gerrit Heinemann (Leiter eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein).
Der ausgewiesene Retail-Experte richtet seinen Blick auf die zunehmend digitalisierte Zukunft des Handels. Wie sich das Digital Marketing verändert, welche Herausforderungen auf den Einzelhandel warten und welche Rolle insbesondere der mobile Kanal dabei spielen wird, verrät uns Prof. Dr. Heinemann vorab in einem exklusiven Interview.
Herr Prof. Heinemann, innerhalb von etwas mehr als einem Jahr kann in einer so dynamischen Branche wie dem Digital Marketing viel passieren: Was waren für Sie als Retail-Experte die wichtigsten Entwicklungen in dieser Zeit?
Prof. Dr. Gerrit Heinemann: In 2014 war deutlich spürbar, dass Verbände, Politik und Wirtschaft jetzt offensichtlich endlich die „Digitalisierung“ als das zentrale Zukunftsthema erkannt haben. Zwar war die Digitale Agenda im ersten Wurf etwas unkonkret und kraftlos, aber der Handlungsdruck ist offensichtlich auf Regierungsseite erkannt und es zeichnet sich ab, dass nachgebessert werden wird. Auch die großen Handelsverbände wie der HDE nehmen sich endlich des Themas an, starten digitale Initiativen und bringen zusammen mit der GfK Licht in das Dunkel der Online-Zahlen, auch wenn sich hier einzelne Verbände wie der bevh im letzten Jahr noch etwas verirrt haben.
Ein Großteil der Multi-Channel-Umsätze, die in 2014 bei Non-Food auf rund 18 Prozent der Einzelhandelsumsätze hochgeschnellt sein dürften, werden immer noch nicht genau erfasst und schönen nach wie vor die stationären Umsatzzahlen. Dieses erkennen auch die Handelskonzerne, die derzeit vor allem Multi-Channel-Services wie u.a. Verfügbarkeitsabfragen sowie Click&Collect forcieren.
Welche Herausforderungen kommen 2015 auf den Einzelhandel zu?
Die Multi-Channel‑Händler müssen aufpassen, nicht den fünften vor dem dritten Schritt zu gehen, denn Basis kann nur ein exzellenter und „stand-alone‑fähiger“ Online-Shop sein. Da die meisten Anbieter in Deutschland allerdings immer noch nicht online sind, sollten viele Offline-Anbieter jetzt ganz schnell die Online-Kurve kriegen und erkennen, dass es ohne nennenswerte Systeminvestitionen nicht gehen wird. Hier machen vor allem die Anbieter aus den englischsprachigen Ländern vor, dass nur mit größten Kraftanstrengungen der „Feuerwalze Amazon“ etwas entgegengesetzt werden kann. Und das bedeutet vor allem in Hinblick auf Systeme „Klotzen statt Kleckern“.
Neben den großen US-Anbietern werden in diesem Jahr auch verstärkt Online‑Händler aus UK auf den deutschen Markt drängen wie z.B. ao.com mit Weißer Ware. Deswegen wird sich in diesem Jahr der „Cross-Border-Trade“ im Online-Handel überproportional entwickeln und bis 2018 auf über 20 Prozent anwachsen. Ein weiterer Grund, online Gas zu geben!
Welche Rolle spielt für Sie in diesem Zusammenhang das Thema Mobile? Was sind im Bereich Mobile die dringendsten To-dos?
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In einer aktuellen Studie, die wir am eWeb Research Center der Hochschule Niederrhein zusammen mit kaufDA über die Smartphone-Nutzung sowie die Inanspruchnahme von Location-based Services in Deutschland durchgeführt haben, wird die Wichtigkeit dieses Themas deutlich. Die Studie liefert aktuelle Zahlen zur Entwicklung der Nutzung mobiler Geräte in Deutschland: Die Penetration von Smartphones und Tablet-PCs steigt innerhalb von einem Jahr um mehr als die Hälfte (51 Prozent) in 2013 auf zwei Drittel (69 Prozent) im Jahr 2014 explosionsartig an.
Nahezu alle unter 30‑Jährigen besitzen aktuell ein Smartphone (94 Prozent). Der potentielle Nutzerkreis von Location-based Services (LBS) hat sich damit ebenfalls expansiv vergrößert. Die Studie macht deutlich, dass vor allem die Smartphone-Nutzung und standortbezogene Dienste enorme Chancen für den stationären Handel mit sich bringen. Der Verbraucher schätzt die Vorteile eines mobilen, vernetzten Lebens und stellt entsprechende Erwartungen an sein Einkaufserlebnis.
Standortbezogene Dienste ermöglichen es dem stationären Händler ohne zusätzliche Investitionen, den Konsumenten dort abzuholen, wo er sich aufhält und informiert – im mobilen Netz. Konsumenten verwenden LBS überwiegend zur Informationsbeschaffung: Smartphone- beziehungsweise Tablet-PC-User nutzen zu 81 Prozent (79 Prozent in 2013) eine standortbezogene App, die ihren aktuellen Standort verwendet (zum Beispiel Wetter-Apps und Kartendienste). Mehr als die Hälfte der Befragten (ungewichtet 56 Prozent gegenüber 51,3 Prozent 2013) nutzen Apps, um Informationen über Preis- und Warenangebote von bestimmten Händlern in der Nähe anzuzeigen. Geradezu revolutionär erscheint die explosionsartige Zunahme der Kundenerwartungen um 240 Prozent dahingehend, ihre Smartphones in Geschäften nutzen zu können (Digital-in-Store).
Auffallend ist, dass bei der Informationssuche auf mobilen Geräten die Frage nach der Relevanz von Verfügbarkeitsabfragen von Produkten auf 79 Prozent gestiegen ist (gegenüber 73 Prozent 2013). Dementsprechend sind auch die Erwartungen an Location-based Services in Hinblick auf „Informationen zur Verfügbarkeit von Ware im Laden“ auf 84 Prozent angewachsen (gegenüber 77 Prozent 2013). Diese Erwartung führt auch das Ranking 2014 an. In Hinblick auf das Informations- und Kaufverhalten (Shoppingtypen) bestätigen die Befragungsergebnisse 2014 die Zubringerfunktion des Internets für den stationären Handel. Das** mobile Internet** wird insofern im Handel der Zukunft eine herausragende Rolle spielen.
#digitaljourney – weitere Infos zu den Adobe Digital Marketing Days 2015 finden sich hier.
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