Red Bull: Lieber eigene Formate als traditionelle Werbung

Gast­beitrag von Falk Hede­mann, Freier Jour­nal­ist und Blogger

Seit Jahren fordern Kom­mu­nika­tion­sex­perten bere­its, dass Unternehmen zu Medi­en und Pub­lish­ern wer­den müssten, wenn sie auch in Zukun­ft ziel­gerichtet kom­mu­nizieren und gehört wer­den wollen. Kaum ein Unternehmen hat diese Forderung jedoch so kon­se­quent umge­set­zt wie Red Bull. Mit dem Red Bull Media House betreibt der öster­re­ichis­che Ener­gy-Drink-Her­steller sog­ar ein eigen­ständi­ges Medi­enun­ternehmen, das viele ver­schiedene For­mate – vom Lifestyle-Mag­a­zin bis hin zum kom­plet­ten TV-Sender – entwickelt.

„Brands brauchen keine klas­sis­che Wer­bung mehr“

Neben Fir­men­grün­der Diet­rich Mateschitz gehört CTO Andreas Gall zu den visionären Köpfen von Red Bull Media. Auf dem Adobe Sum­mit in Lon­don habe ich mit ihm über seine Arbeit gesprochen und dabei schnell gemerkt: Die tick­en anders bei Red Bull!

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In den ver­gan­genen Jahren bin ich mit eini­gen Unternehmen ins Gespräch gekom­men, die ihre externe Kom­mu­nika­tion neu auf­stellen woll­ten. In der Regel entste­ht der Impuls dazu im Social-Media-Man­age­ment. Denn dort ist eine dial­o­gori­en­tierte und an den Inter­essen, Bedürfnis­sen und Erwartun­gen der Kun­den aus­gerichtete Kom­mu­nika­tion zumin­d­est nicht kom­plett fremd. Als Jour­nal­ist und extern­er Berater hat man dann meist die undankbare Auf­gabe, den Entschei­dern die Scheuk­lap­pen abzunehmen und ihnen die Vorteile der nutze­ror­i­en­tierten Kom­mu­nika­tion zu verdeut­lichen. Als Andreas Gall nach vie­len Jahren beim Radio und Fernse­hen 2007 zu einem Gespräch mit Dieter Mateschitz ein­ge­laden wurde, dürfte so in etwa auch seine Erwartung­shal­tung gewe­sen sein.

Doch es kam ganz anders und zwei Stun­den später hat­te er einen neuen Job als CTO von Red Bull Media. „Es hat­te nichts mit Geld zu tun, es war ein­fach dieses unter­schiedliche Mind­set“, erk­lärt Gall seine Entschei­dung, Medi­en kün­ftig für ein Unternehmen machen zu wollen. Gemeint ist damit der Umgang mit neuen, inno­v­a­tiv­en Ideen, die bei tra­di­tionellen Radio- und TV-Medi­en immer erst auf Skep­sis trafen: „Ich wurde immer gefragt, warum soll­ten wir das machen, was für ein Busi­ness­mod­ell ste­ht dahin­ter, was ändert sich damit alles und der Betrieb­srat wird davon überhaupt nicht begeis­tert sein. Bei Red Bull ist es genau anders herum, hier werde ich gefragt: Why not? Lass es uns aus­pro­bieren, lass uns die richti­gen Part­ner find­en!“.

Wer wie er 20 Jahre in den klas­sis­chen Medi­en gear­beit­et habe, wusste ganz genau, dass die Brands die eigentlichen Geldge­ber waren. Denn sie haben die Wer­bung gebucht, die den Medi­enun­ternehmen die Zahlung der Gehäl­ter ermöglicht­en. „Und dann merkst du plöt­zlich, dass die Brands diese Medi­en gar nicht mehr brauchen – weil es das Inter­net gibt!“. Statt von den Medi­en­part­nern weit­er abhängig zu sein, kön­nten sich Brands heute auf Augen­höhe mit ihnen tre­f­fen. „Ich kann auch guten Con­tent pro­duzieren und mich mit Regis­seuren tre­f­fen“, um sie dann für Pro­jek­te zu begeis­tern und zu buchen.

Vie­len Marken fehlt die Vision

Diet­rich Mateschitz hat­te dazu bere­its 2007 eine eben­so klare wie ein­fache Vision: Statt weit­er Wer­bung zu buchen, sollte Red Bull Media die Inhalte ein­fach sel­ber machen. Die Investi­tio­nen in die ver­schiede­nen Medi­en-For­mate von Red Bull sind ohne Frage enorm. Doch das gilt für die Wer­beaus­gaben ver­gle­ich­bar großer Brands eben­so. Während die immer weit­er steigen, damit das Resul­tat auf dem gle­ichen Lev­el stag­niert, zahlen sich Investi­tio­nen in eigene Inhalte sehr schnell aus. Red Bull erzählt mit seinen Medi­en Geschicht­en, die ein ganz bes­timmtes Lebens­ge­fühl trans­portieren. Statt plat­ter Wer­bung geht es um einen Image­trans­fer aus dem Sto­ry­telling hin zur Marke Red Bull.

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Doch damit nicht genug: Red Bull kopiert nicht ein­fach For­mate, die bei anderen Brands schon funk­tion­iert haben. Es geht vor allem immer wieder darum, Neues zu machen und zu ent­deck­en. Dafür arbeit­et Red Bull sehr viel mit Bewegt­bildern. Ein sehr beein­druck­endes Beispiel zeigte Andreas Gall auf dem Adobe Sum­mit. Das Mis­sion-State­ment „Wie kann ich Pro­jek­ten Flügel ver­lei­hen?“ wurde hier nahezu wörtlich umge­set­zt. Ein Kino-Regis­seur wollte den per­fek­ten Side­view von einem Adler haben und zwar nicht ani­miert wie im Kino, son­dern es sollte real sein. Dafür musste eine inno­v­a­tive Lösung gefun­den wer­den, denn die Kam­era sollte seitlich hin­ter dem Kopf fil­men, so dass der Kopf mit all seinen Bewe­gun­gen im Flug zu sehen ist. Zusam­men mit dem Fraun­hofer Insti­tut wurde daher eine extrem leichte Kam­era entwick­elt, die den Adler im Flug nicht stört. Das Ergeb­nis ist atemberaubend.

Im näch­sten Schritt soll schon bald eine 10 Gramm schwere Sen­sorik hinzuge­fügt wer­den, so dass Werte wie Beschle­u­ni­gung, Tem­po und Herz­schlag des Adlers aufgeze­ich­net wer­den. Der Pro­to­typ dafür wird ger­ade entwick­elt. Genau in diese Rich­tung wer­den sich die Medi­en weit­er­en­twick­eln, ist sich Gall sicher.

Für die Umset­zung solch­er Pro­jek­te braucht man nicht nur kreative Werkzeuge, son­dern vor allem Fan­tasie und Mut für inno­v­a­tive Ideen. Das fehlt vie­len Brands heute lei­der noch. Aus ein­er rück­blick­enden Per­spek­tive ist das sog­ar ver­ständlich, denn klas­sis­che Wer­bung funk­tion­ierte lange Zeit befriedi­gend gut. Wer aber für die Zukun­ft plant und nicht in der Ver­gan­gen­heit ver­har­ren will, der muss umdenken – ganz so, wie ich es im let­zten Jahr schon an dieser Stelle geschrieben habe. Seien Sie also mutig und lassen Sie kreative Ideen nicht nur zu, son­dern set­zen Sie sie mit passenden Tech­nolo­giepart­nern selb­st um.

https://blog.adobe.com/media_0c2fad9cbfc6c2f346663e57845fc31a18377dd9.gifFalk Hede­mann ist Freier Jour­nal­ist (u.a. für LEAD dig­i­tal) und Blog­ger und berät zudem Unternehmen bei ihrer dig­i­talen Kom­mu­nika­tion, der Con­tent-Strate­gie und der Dis­tri­b­u­tion von Inhal­ten im Social Web. Als Mither­aus­ge­ber des UPLOAD Mag­a­zins beschäftigt er sich mit dem pro­fes­sionellen Ein­satz von Social Media. Online zu find­en ist er auf seinem pri­vaten Blog, bei Twit­ter und Google+.