Kommt der nächste ESC nach Deutschland?
Wenn Big Data-Analysen tatsächlich zutreffend sind und der Eurovision Song Contest (ESC) in den sozialen Netzwerken entschieden würde, dann könnte am kommenden Samstag in Wien eine ziemliche Überraschung auf uns zukommen: Der Gewinner des diesjährigen Spektakels, das gestern Abend mit dem ersten Halbfinale startete, wäre nämlich der Australier Guy Sebastian.
Denn der Sänger mit dem Lied “Tonight Again” steht an der Spitze der ESC-Social-Media-Charts, die diese Woche vom Team des Adobe Digital Index (ADI) ermittelt wurden. Aber natürlich kann es auch sein, dass schon die Teilnahme eines Musikers vom fünften Kontinent an einem “europäischen” Gesangswettbewerb für besonders hohe Aufmerksamkeit auf Facebook & Co. sorgt. Australien war als Gast anlässlich des 60. Geburtstags des Schlagerfestivals eingeladen worden, weil es dort trotz der Entfernung eine besonders aktive ESC-Fangemeinde gibt.
“Wenn Guy Sebastian, der zumindest nach dem Umfang des Social-Media-Buzz eindeutig vorne liegt, tatsächlich gewinnt, muss der ESC nächstes Jahr in Eurovision international umbenannt werden”, schlägt Philippe Lagurre-Auguste, Kommunikationschef von Adobe EMEA, augenzwinkernd vor. Die kompletten ADI-Eurovision-Top 10, die mit Hilfe eines Algorithmus aus Erwähnungen in den Sozialen Netzwerken, YouTube-Views, Twitter-Followern der Kandidaten und durchschnittlichen Wettquoten zu diesem Event errechnet wurden, sehen so aus:
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Deutschland mit seiner Vertreterin Ann Sophie wäre also wieder einmal weit abgeschlagen. Ironie des Schicksals: Obwohl der nächste ESC üblicherweise immer im Land des Vorjahres-Siegers veranstaltet wird, ist dies für Australien nicht vorgesehen. Er könnte deshalb 2016 in Deutschland stattfinden, da der Hamburger NDR zusammen mit dem australischen Sender SBS einer der möglichen Ausrichter ist.
Die ADI-Analyse nutzt Adobe Social um sich über 2 Millionen öffentlich zugängliche Meinungsäußerungen in unterschiedlichen Sprachen auf Plattformen wie Facebook, Google+, Reddit, Twitter, Dailymotion, Flickr, Instagram, Tumblr, VK, Disqus, Foursquare, Metacafe, WordPress.com, YouTube und Blogs anzuschauen. “Mit den europäischen Social-Media-Daten können wir erkennen, wie das Publikum auf bestimmte Ereignisse reagiert”, erläutert Laguerre-Auguste. Allerdings schränkt er auch ein: “Die Popularität in den sozialen Netzwerken garantiert noch nicht automatisch den Sieg”. Aber mit einer gewissen Sicherheit könne man vorhersagen, wie sich die Zuschauer während des Events vor ihren Fernsehbildschirmen verhalten werden.
Neben dem Spitzenplatz in den Social-Buzz-Charts verfügt Guy Sebastian mit 411.000 Followern auch über die größte Twitter-Gemeinde. Trotzdem können die weißrussischen Teilnehmer Uzari&Maimuna bisher die meisten Social-Media-Erwähnungen im Zusammenhang mit dem ESC vorweisen und Polina Gagarina aus Rußland verzeichnete mit 3,6 Mio. die meisten YouTube-Views. Der Favorit der Buchmacher ist dagegen Mans Zelmerlow aus Schweden.
Bis vorgestern gab es täglich rund 10.000 Social-Media-Erwähnungen zum Thema Eurovision — eine Zahl die seit gestern Abend deutlich nach oben geschnellt sein dürfte und nun womöglich zu ganz anderen Ergebnissen führt. Am fleißigsten posteten und twitterten übrigens bisher die Briten mit einem Viertel aller Erwähnungen. Dann folgten Spanien (17%), die Niederlande (5%), die USA (4%) und Gastgeber Österreich (3%).
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Die Stimmungsanalyse der Postings ergab, dass 56% mit Freude verbunden waren oder sich neutral mit der ESC-Teilnahme beschäftigten. Über ein Viertel war eher negativ und traurig — meist ging es dabei um die Sangesqualitäten einzelner Ländervertreter.
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Auch bei der Stimmung setzte sich der Australier an die Spitze: Bei Guy Sebastian waren 60% der Beiträge positiv und mit Freude verbunden. Mehr als die Hälfte der Postings kam dabei von außerhalb seiner Heimat. Eine gute Basis, um am Samstag in Wien tatsächlich auf das Siegertreppchen zu steigen. Nächsten Sonntag wissen wir mehr.
Photo Credit: Eurovision/EBU, Andres Putting