Neue Trends in der TV-Landschaft: Die Daten übernehmen das Kommando

Während bei uns** in dieser Woche** klas­sis­che Fernsehsender, neue Online-Her­aus­forder­er und Con­tentliefer­an­ten in Köln beim Medi­en­fo­rum NRW über die TV-Zukun­ft disku­tieren und die Poli­tik dort zum Beispiel Änderun­gen bei den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Anbi­eter ver­langt, ist die Entwick­lung auf der anderen Seite des Atlantik schon weit­er. Das wurde kür­zlich in New York deutlich.

Upfronts, das sind alljährliche, große Ver­anstal­tun­gen der amerikanis­chen Fernsehsender, bei denen diese ihr Pro­gramm für die kom­menden zwölf Monate ankündi­gen. Etwa welche Serien ver­längert und welche abge­set­zt oder ob neue Pro­jek­te an den Start gebracht wer­den. Gedacht sind diese eine Woche lang andauern­den Präsen­ta­tio­nen (mit vie­len Par­tys) vor allem für die Wer­bein­dus­trie: Die TV-Sender stellen den Wer­bekun­den und Agen­turen frühzeit­ig das neue Pro­gramm vor, in dem kün­ftig Wer­bezeit­en gebucht wer­den kön­nen – up front – vorher.

Vor weni­gen Tagen sind die New York Upfronts zu Ende gegan­gen – und neben der Vorstel­lung der Herb­st-Pro­gramm­pläne der fünf großen US-Sender spiel­ten auch einige aktuelle Branchen­trends bei diesem Event eine große Rolle. Da sie – mit entsprechen­der Zeitverzögerung – auch in Europa und Deutsch­land ankom­men wer­den, will ich sie hier kurz vorstellen.

Bere­its in den let­zten sieben Jahren kon­nte man in New York den Auf­stieg der Dig­i­tal Newfronts beobacht­en, auf denen die Con­tent-Anbi­eter ähnlich wie bei den Upfront-Präsen­ta­tio­nen den Kun­den dig­i­tale Vide­ower­bung schmack­haft machen. Viele der großen Kabel- und Broad­cast­ing-Net­zw­erke sind inzwis­chen auf bei­den Feldern aktiv. Aber es ist auch ein wach­sender Trend zu beobacht­en, dass reine Dig­i­tal-Unternehmen oder auch Ver­lagshäuser aus dem Print­bere­ich sich ver­stärkt auf die Jagd nach den „tra­di­tionellen“ TV-Wer­be­bud­gets machen und den klas­sis­chen Sendern spür­bare Anteile daran stre­it­ig machen.

In diesem Jahr haben 34 dieser „neuen“ Anbi­eter an den Newfronts (22 waren es erst 2014) teilgenom­men und gegenüber den Kun­den argu­men­tiert, dass sie eine höhere Wer­be­wirkung als herkömm­liche Fernsehsender gener­ieren kön­nen. In New York vorgestellte Stu­di­en besagen, dass der Dig­i­tal-Video-Werbe­markt inner­halb von 12 Monat­en um 30 Prozent auf nun jährlich 7,8 Mil­liar­den Dol­lar zugelegt hat. Das ist zwar immer noch „nur“ ein Zehn­tel der herkömm­lichen TV-Wer­bee­tats, aber die Wach­s­tum­srate ist zehn­mal höher als im klas­sis­chen TV-Wer­begeschäft. Reine Dig­i­tal-Fir­men wie Buz­zfeed, Vice, Mak­er Stu­dios, AOL und Yahoo! ziehen die Aufmerk­samkeit der Zuschauer ver­stärkt vom Fernse­hbild­schirm im Wohnz­im­mer auf die Tablet- und Smart­phone-Dis­plays. Daraus ergeben sich eine Rei­he von Her­aus­forderun­gen für die Fernsehbranche:

  1. TV find­et heute überall und zu jed­er Zeit statt

Dig­i­tale Vide­o­reko­rder, Online-Mediatheken und Video on Demand lösen die klas­sis­che Tage­saufteilung mit Vor­abend­se­rien und Prime­time zunehmend auf. In ein­er Welt, in der fast jed­er über Smart­phones, Tablets oder einen PC ver­fügt, beste­ht für den Zuschauer nicht mehr die Frage „wann” er sich ein Pro­gramm anschaut, son­dern nur noch „wie”. Und hier gewin­nt der Kon­text enorm an Bedeu­tung. Was bedeutet: Das Video muss nicht nur zur Bild­schir­m­größe passen, auch die Länge und der Inhalt sind von der Zeit abhängig, die der Zuschauer in der jew­eili­gen Sit­u­a­tion für das Betra­cht­en auf­brin­gen kann und will.

  1. Es gibt mehr Bewegt­bild-Con­tent als der Zuschauer aufnehmen kann

Alleine Conde Nast Enter­tain­ment – so war in New York zu hören – hat in den let­zten 18 Monat­en 135 Short-Form-Pro­gramme pro­duziert. Wer soll sich das alles anschauen? Es gibt immer mehr Nis­chen­pro­gramme für immer kleinere Ziel­grup­pen – für die Wer­be­treiben­den Chance und Her­aus­forderung zugle­ich: Während die Streuver­luste min­imiert wer­den, steigt der organ­isatorische Han­dling-Aufwand. Net­flix bietet bere­its heute fast 80.000 „Mikro-Gen­res” in seinem Kat­a­log an. Sowohl die Pro­gramm-Liefer­an­ten wie auch die Wer­ber müssen ver­ste­hen, wo die jew­eili­gen „Sweet Spots” jedes dieser sehr speziellen Pro­gramme liegen, um die Zuschauer mit maßgeschnei­derten Inhal­ten punk­t­ge­nau anzusprechen.

  1. Dig­i­tale For­mate bet­teln ger­adezu nach Daten­trans­parenz und Abrechenbarkeit

Wer­be­treibende und ihre Agen­turen sprechen schon seit Jahren von ein­er plat­tfor­müber­greifend­en Sicht auf ihr Pub­likum und ein­er entsprechen­den Erfol­gsmes­sung. Ide­al­er­weise gibt es eine direk­te Verbindung zwis­chen ein­er Werbeschal­tung, der anschließen­den Con­ver­sion und dem tat­säch­lichen Abverkauf von Pro­duk­ten und Dien­stleis­tun­gen. In der Prax­is lässt sich diese Wer­bee­ef­fizienz aber nicht immer so ein­fach nach­weisen. Das begin­nt sich nun mit der Dig­i­tal­isierung zu ändern. AOL ONE, die erste bild­schir­müber­greifende pro­gram­ma­tis­che Wer­be­plat­tform von AOL, ist da erst die Spitze des Eis­bergs. Wir erleben ger­ade, dass Pub­lish­er ihren Zuschauern immer öfter nicht nur großar­tige Con­tent-Sto­ries anbi­eten, son­dern auch für ein Hap­py-End im Online-Warenko­rb ihrer Wer­bekun­den sorgen.

Um diese drei Her­aus­forderun­gen in ein­er sich verän­dern­den Fernsehland­schaft zu bewälti­gen – egal, wie man „TV” nun definiert – gibt es nur ein Erfol­gskonzept: Dat­en, Dat­en und nochmals Dat­en. Denn um ein überzeu­gen­des Zuschauer­erleb­nis über Endgeräte und Plat­tfor­men hin­weg kreieren zu kön­nen, braucht man genaues Wis­sen über die Inhalte und die Punk­te, an denen opti­mal Wer­bung geschal­tet wer­den kann, ohne dass die jew­eils anzus­prechen­den Zuschauer aussteigen oder das Inter­esse verlieren.

Die richtige Ziel­gruppe in dem weit­er wach­senden Überange­bot an Pro­gram­men zu erre­ichen, erfordert sowohl aus Sender- wie Wer­ber­sicht ein tief­eres Ver­ständ­nis der Zuschauer. Die unter­schiedlichen Pub­likumsseg­mente müssen mit dem für sie rel­e­van­testen Con­tent und der dazu passenden Wer­bung zusam­menge­bracht wer­den. Schließlich: Um nach­halti­gen Erfolg mit dig­i­tal­en Con­tent-Plat­tfor­men zu schaf­fen und den Return on Invest­ment sicherzustellen, wird in Zukun­ft das Sam­meln und Analysieren all der vielfälti­gen Dat­en über Zuschauer und Inhalte ein entschei­den­des Ele­ment sein – und let­z­tendlich in gesteigerten und intel­li­gen­teren Verkauf­sprozessen mün­den.