Wie Produkte zu Plattformen werden: 5 Trends im Überblick

Von Marketingchefs wird heute erwartet, dass sie serviceorientierter denken. Wachsende Kommerzialisierung und innovative Partnerschaften sind nicht die einzigen Faktoren, die es dabei zu beachten gilt.

Wie Produkte zu Plattformen werden: 5 Trends im Überblick

Der Umbruch ist in vollem Gange: Branchenübergreifend werben Unternehmen nicht mehr nur für ihre Produkte, sondern verwandeln sie in Plattformen, auf denen sie ihren Kunden ein vernetztes Service-Ökosystem anbieten.

Nest ist ein Paradebeispiel für diesen Trend. Das Unternehmen hat seine Thermostate und Rauchmelder mithilfe komplexer Datenanalysen vom simplen Produkt in ein ansprechbares Hausmanagement-System verwandelt und sichert sich so den fortlaufenden Dialog und eine stärkere Interaktion mit seinen Kunden.

Die potenziellen Vorteile des Product-As-Platform-Konzepts sind auch in der Führungsebene angekommen. Weil Marketer immer häufiger serviceorientierte Produktlösungen vorlegen sollen, haben wir fünf wichtige Faktoren rund um Technologie, Geschäft und Verhalten ermittelt und ihre Bedeutung für CMOs analysiert.

1. Zunehmende Kommerzialisierung

Die Kommerzialisierung wirkt sich stark auf die wachsende Beliebtheit von Product-As-Platform aus. Die Produkte von Versorgungsunternehmen, Autoherstellern, Luftfahrtunternehmen und Finanzdienstleistern werden immer stärker durchkommerzialisiert, weil es Kunden durch einen einfachen Online-Vergleich möglich ist, auf der Grundlage des Preises und nicht der Marke zu entscheiden. Um in diesen Märkten eine lukrative Lösung zu finden, muss der Begriff der Markentreue völlig neu definiert werden. Dabei geht es weniger um die Marke selbst und mehr darum, unerfüllte Kundenwünsche profitabel zu berücksichtigen.

Die US-amerikanische Apothekenkette Walgreens begegnet dieser Herausforderung mit einem umfassend vernetzten Gesundheitsservice. Der bietet mehr als nur Medikamente und Messgeräte für Blutdruck und Blutzucker, wie die unternehmenseigene Walgreens Connect App zeigt.

In der Transportindustrie bietet das französische Eisenbahnunternehmen SNCF mit einem Tür-zu-Tür-Service deutlich mehr als nur Zugreisen von A nach B an. Reisende können hier in einem einzigen Vorgang neben der Bahnfahrt auch Taxifahrten, Mietwagen und sogar Flüge buchen.

An diesen Beispielen wird deutlich, dass CMOs in zunehmend kommerzialisierten Sektoren einen zusätzlichen Wert für ihre Marke generieren müssen. Das erreichen sie, indem sie für den Kunden ein umfassenderes Problem lösen, anstatt nur ein Produkt zu vermarkten oder einen Service anzubieten.

2. Konnektivität und Daten

Schnellere Netzwerkverbindungen und Sensoren, die bis dato statischen Gegenständen die Kommunikation ermöglichen – wie zum Beispiel Haustürschlüsseln – haben neue Welten eröffnet. Unternehmen können ihre früher rein funktionellen Produkte jetzt mit intelligenten digitalen Funktionen erweitern.

Pirellis Cyber-Tyre-Technologie etwa liefert dank integrierter Sensoren Berichte über den Straßenzustand und die Fahrzeugleistung. Durch den wirksamen Einsatz digitaler Technologien, die Echtzeitdaten der Fahrzeuge aufnehmen und analysieren, kann sich die Automobilindustrie dem Product-As-Platform-Ansatz öffnen und eine Reihe von Diensten in den Bereichen Sicherheit, Unterhaltung und Informationen anbieten, die weit über ihr ursprüngliches Kernangebot hinausgehen.

Von CMOs erfordert diese Innovationen eine engere Arbeitsbeziehung zu CTO und CIO, um sicherzustellen, dass das Potenzial von Konnektivität und Daten auch wirklich ausgeschöpft werden. Nur so lassen sich neue Serviceleistungen ermitteln, die den Markenaufbau unterstützen und die Kundentreue fördern.

3. Personalisierung

Eine andere Reaktion auf den Trend der Kommerzialisierung, der die Entwicklung von Product-As-Platform anheizt, ist die immer stärkere Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen. Die Marke Nike zum Beispiel war mit ihren benutzerdefinierten Schuhen bereits 1999 Vorreiter der massenhaften Personalisierung.

Die jüngsten Datenanalysen ermöglichen es CMOs in einer Reihe von Branchen, die Präferenzen der Kunden auf viel schnellere und anspruchsvollere Weise vorwegzunehmen oder zumindest auf sie zu reagieren. Personalisierung verleiht Marken nicht nur das Flair der Einzigartigkeit. Erste Studien haben sogar belegt, dass Kunden mehr Zeit auf Websites mit Personalisierungsangeboten verbringen. Auch die Markentreue wird so verstärkt.

Der Sportgetränkeriese Gatorade macht sich den wachsenden Personalisierungsbedarf der Kunden für Produkte und Dienstleistungen zunutze und hat sich mit der Kommerzialisierung im Energy-Drink-Sektor beschäftigt. In GX, einem personalisierten Hydrationssystem, ermöglichen Daten den Profisportlern, ihre Flüssigkeitszufuhr ganz nach eigenem Bedarf zu regeln. In diesem Jahr soll die Zielgruppe für GX vergrößert werden.

Die Schwierigkeit für CMOs besteht in der kontinuierlichen Suche nach Möglichkeiten, um Produkte und Serviceleistungen den individuellen Wünschen der Kunden anzupassen. Für den FMCG-Sektor gilt das ganz besonders. Die Personalisierungsstrategie eines Unternehmens kann durch das Vorweggreifen von Branchentrends, das Analysieren von Kunden- und Benutzerdaten und Erkenntnisse über die unbefriedigten Bedürfnisse der Kunden unterstützt werden.

4. Innovative Partnerschaften

Die zunehmende Entwicklung von Produkten zu Plattformen spiegelt sich auch in den neu entstandenen Partnerschaften zwischen Unternehmen in verschiedenen Branchen wider. Dort werden Erkenntnisse und Produkte miteinander kombiniert, um ganz neuartige Dienstleistungen anzubieten.

Im FMCG-Sektor haben sich Spotify und adidas zusammengetan und bieten mit Adidas Go eine gemeinsame App an. Diese ermöglicht es Benutzern, beim Training Spotify-Musik zu hören, die an ihre Laufgeschwindigkeit und ihren Musikgeschmack angepasst ist. Dank der Kooperation zwischen Facebook Messenger und KLM Royal Dutch Airlines können Passagiere, die über KLM.com buchen, nicht nur den Live-Kundendienst-Chat in der App benutzen, sondern auch ihre Bordkarte im Messenger abrufen.

Solche Partnerschaften ermöglichen CMOs meist grundlegende Innovationen und die schnelle Reaktion auf Kundenwünsche – was für ein einzelnes Unternehmen nur schwer zu bewerkstelligen wäre. Außerdem schaffen sie in beiden Unternehmen das Potenzial für völlig neue Einnahmequellen. Allerdings muss gründlich überlegt werden, welches Kundenbedürfnis die Partnerschaft genau ansprechen soll und wie sich das für die Marken der jeweiligen Partner auszahlt.

5. Die Sharing Economy

Die Sharing Economy unterstützt das Produkt-als-Plattform-Konzept durch die Bereitstellung digitaler Plattformen, die die Monetarisierung von unzureichend genutzten Assets fördern. Die Palette reicht hier von Wohneigentum (Airbnb) bis zum privaten WLAN-Netz (Fon). In der Automobilindustrie gibt es eine Vielzahl dieser neuen Dienste. Ford hat beispielsweise das Dynamic Shuttle entwickelt, das es Pendlern in urbanen Regionen ermöglicht, über eine Smartphone-App Mitfahrgelegenheiten zu suchen.

Asset-Sharing-Plattformen, wie Airbnb, eignen sich jedoch nicht für alle Marken. CMOs sollten deshalb das Sharing (Erfahrungen/Beratung/soziale Angelegenheiten) aus einem weiteren Blickwinkel betrachten und sich fragen, ob ihre Marke zum Teilen von Empfehlungen, Rezepten, Bewertungen oder Meinungen wirklich einen Wertbeitrag leisten kann.

Fazit

Der Product-As-Platform-Trend ist der vorläufige Höhepunkt einer technologischen, sozialen, wirtschaftlichen und verhaltensbezogenen Entwicklung. Als Wächter über die gesamte Customer Journey mit Überblick über Kunden, Handel und Inhalte treiben CMOs sowohl die Produktentwicklung als auch die Umwandlung des Produkts in eine Plattform voran. Indem CMOs ihr Wissen um diese Entwicklung mit ihren Erkenntnissen über die Bedürfnisse, Erwartungen, Einstellungen und kulturellen Referenzen der Kunden verbinden, können sie Marke, Rolle und Zweck der neuen Plattform definieren. Wenn das Design stimmt, stellt das Produkt als Plattform eine enorme Chance dar, um den Markenaufbau zu optimieren, die Kundenbindung zu stärken und neue Einnahmequellen zu generieren.