Erfolgreiche Marken brauchen eine neue Unternehmenskultur

Die traditionellen Grenzen zwischen internem und externem Marketing bröckeln. Marken müssen ihre Werte durch ihre Taten unter Beweis stellen, nicht nur durch Worte.

Erfolgreiche Marken brauchen eine neue Unternehmenskultur

Social Media macht es zunehmend schwierig, zwischen interner und externer Kommunikation zu unterscheiden. Das hat Konsequenzen für Marketer.

Wir leben in Zeiten, in denen Marken ihre Werte eher durch ihre Taten belegen müssen und nicht mehr nur durch ihre Marketing-Botschaft. Die traditionellen Grenzen zwischen internem und externem Marketing werden daher Stück für Stück durchlässiger. Wer seine Mitarbeiter früher für das Marketing einsetzen wollte, bezog sie höchstens Mal in Werbekampagnen ein. Nun haben wir es aber mit einer Fülle an neuen Technologien in Verbindung mit einem Kunden-Ökosystem zu tun, in dem das Markenverhalten so genau wie nie zuvor unter die Lupe genommen wird. Das zwingt Marketer zunehmend dazu, ihre Ansätze zu überdenken.

„Dass mit Mitarbeitern einfach nur Werbung gemacht wird, davon haben wir alle genug”, so Zaid Al-Zaidy, Chief Executive der Kreativagentur Above+Beyond. Er glaubt, dass Marketer vernetztes Denken verinnerlichen müssen.

„So wird sichergestellt, dass das Werbeversprechen mit dem Produktversprechen harmoniert – und dieses auch erfüllt”, erklärt er. Laut Al-Zaidy ist Werbung, die ein Produkterlebnis vermittelt und echte Unternehmenswerte reflektiert, bereits die halbe Miete.

„Die Menschen entscheiden sich nicht mehr zufällig für eine Marke und vertrauen ihr dann einfach”, fügt er hinzu.

Das Vertrauensdefizit

Das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen, steht inzwischen an der Spitze der Marketing-Agenda. Fachleute glauben daher, dass es immer wichtiger wird, die Bedeutung der Mitarbeiter als Werbeträger der Marke zu entdecken und zu nutzen. Parry Jones von der Medienagentur The Specialist Works spricht vom „Zeitalter der Authentizität”.

„Marken können ihr Image nicht länger sorgfältig inszenieren und die Kontrolle darüber behalten, und sich dann völlig gegenläufig verhalten,” so Jones. „Wenn es um Markenwahrnehmung geht, sagen Taten mehr als Worte.”

Die Frage ist, ob Unternehmen, die nicht in der Lage sind das Vertrauen ihrer Mitarbeiter zu gewinnen, das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen können. Libby Darley, Experience Planning Director bei iProspect, glaubt, dass Marketer der alten Schule sich zu sehr auf die Denkweise der Konsumenten und deren Sicht auf die Dinge konzentriert haben. Mit dem neuen Fokus auf die interne Kommunikation wird sich dies jedoch ändern müssen. Sie erläutert: „Wir werden mehr und mehr HR-Mitarbeiter erleben, die sich auf Marketing-Praktiken einlassen und umgekehrt. Sie müssen sich nur einmal die Unternehmen ansehen, die alljährlich zu den beliebtesten Arbeitgebern gewählt werden, um zu sehen, dass das gut funktionieren kann.”

Sie verweist auf das Beispiel von Aviva als eine Marke, die es richtig macht. Das Unternehmen verfügt nicht nur über eine Business Transformation-Strategie, die den Kunden in den Mittelpunkt stellt. Avivas Marketing-Strategie ist auch auf eine Employee Proposition und eine einheitliche Markenkultur ausgerichtet. Dahinter steckt eine Talentakquise, die eine kundenorientierte Marke aufbauen möchte und zugleich für internationale Marketing-, HR- und Communication-Spitzenkräfte attraktiv ist.

Social als Standard

Ebenso wie die Reisebranche durch den Anstieg von Online-Bewertungen revolutioniert wurde, erleben die Bereiche der Mitarbeiterakquise, -motivation und -bindung ihre eigene digitale Revolution. Das Gleichgewicht der Kräfte verlagert sich vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer. Marken bemühen sich darum, mit einem Markt Schritt zu halten, der zunehmend vom Bewerber bestimmt wird.

„Es gibt private Gruppenchats bei WhatsApp, öffentlichen Foren wie Facebook und Twitter und jetzt auch jobspezifischen Websites wie Glassdoor. Unternehmen unterliegen mittlerweile eher einer Bewertung durch ihre Arbeitnehmer, als letztere einer Bewertung durch ihre Unternehmen”, sagt Perry Jones von The Specialist Works.

Chris Buckley von TMW Unlimited zufolge bringen die Entwicklung der Alltagstechnologien, die von Mitarbeitern genutzt werden, neue Möglichkeiten und Herausforderungen für Arbeitgeber.

„Von der Perspektive der Reputation aus betrachtet wird jetzt dazu geraten, genau das zu verkörpern und mit der Außenwelt zu teilen, was früher unternehmensintern blieb”, so Buckley. „Vorgehensweisen und Prozesse im Unternehmen müssen sich ändern.”

Eine Frage der Zielsetzung

„Purpose“ (zu Deutsch Bestimmung oder Zielsetzung) ist schon seit langem ein wichtiges Schlagwort im Marketing. Eine Marketing-Botschaft, die an die Bestimmung und Zielsetzung eines Unternehmens gebunden ist, ist dagegen noch längst nicht der Regelfall. Wenn dies aber im Mittelpunkt des Marketings steht, zeigt sich, wie internes und externes Marketing ineinandergreifen können. Laut Peter Reid, CEO von MSQ Partners, ist nichts wirksamer als ein Re-Branding oder eine neue Kampagne, die von den Mitarbeitern aktiv unterstützt wird.

„Der Trick ist dafür zu sorgen, dass Ihr Engagement innerhalb der Firma nicht nur die Werte der Markenkampagne bestätigt, sondern auch das Unternehmen selbst als Ganzes wiederspiegelt”, sagt Reid.

Viele der weltweit erfolgreichsten Firmen haben schon immer ihre Zielsetzung und ihre Bestimmung in den Mittelpunkt gerückt und für ihr Marketing einen Inside-Out-Ansatz gewählt. Ben Harrison, Head of Strategy bei Re, M&C Saatchi’s, verweist für die Förderung von einer derart vernetzten Unternehmenskultur auf die Zugkraft von visionären Firmengründern wie beispielsweise Elon Musk von Tesla oder die Gründern und Lenkerin von The Body Shop, Anita Roddick.

Gemäß Harrison definierten diese Führungspersonen ihre Marken durch ihre persönlichen Werte, ihr Charisma und ihr Verhalten. Sie agieren sozusagen als menschliche „Employee Value Proposition”. Sie gelten als Messlatte für das, wofür die Marke steht, und sie machen ein Unternehmen für Spitzentalente attraktiv.

„Für Unternehmen, die nicht von einer charismatischen Person an ihrer Spitze repräsentiert werden, ist das schwieriger”, so Harrison. „Diese Unternehmen brauchen aussagekräftiges Brand Engagement, das aus ihren Mitarbeitern überzeugte Markenbotschafter macht – etwa beim Socialising und auf Social Media-Plattformen.”

Traumduo: Markenversprechen und Unternehmenskultur

Dennoch ist Erfolg nicht nur eine Sache von einzelnen Wirtschaftsführern, auch die Werbung muss stimmen. Werbebotschaften, die Markenversprechen und Unternehmenskultur vereinen, zahlen sich meist aus. Al-Zaidy von Above+Beyond verweist hierfür auf Apple und Nike als Marken, die stets eine starke Verbindung zwischen ihrer Unternehmenskultur und ihrer externen Kommunikation pflegen.

„Marketer haben die Fähigkeit, Unternehmen dabei zu helfen, die Unternehmenskultur mit der externen Kommunikation zu verknüpfen. Aber sie brauchen Überzeugungskraft und den Glauben daran, dass Marketing Chefsache ist”, erklärt Al-Zaidy. „Dann können sie daran arbeiten, die interne Kultur mit dem COO und dem CFO zu gestalten. Auf diese Art ist das, was der Kunde sieht und erfährt, genau das, was der Mitarbeiter fühlt und tut.”

Vernetzte Marketer

Der notwendige Blick auf das Ziel und die Bestimmung einer Firma und die Verschmelzung von interner und externer Kommunikation ist eine Herausforderung für Marketer. Der CMO von heute hat ein viel größeres Aufgabenfeld, als einfach nur die Marketingstrategie auszuführen. Laut Nick Gill, Mitbegründer und strategischer Partner der Werbeagentur Team Eleven, beeinflussen Marketer einen erheblichen Teil der Unternehmenswerte und Verhaltensweisen. „Dies erfordert jemanden, der die Vorlieben der Kunden versteht und weiß, wie ein Unternehmen diese wiederspiegeln muss. Um reines Marketing geht es dabei erst an zweiter Stelle”, sagt Nick Gill.

Für Francesca Brosan von der Kreativ- und Technologieagentur Omobono müssen „vernetzte Marketer” die Synergie von internem und externem Marketing nutzen. Brosan zufolge besteht eine Korrelation zwischen der Entscheidung für ein Unternehmen als Arbeitgeber und dessen Marketing-Kampagne. Sie weist auch auf den Trend hin, dass Kunden wissen möchten, wie ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitern umgeht – beispielsweise, ob diese anständig bezahlt werden. Das sei der Beweis dafür, dass hier zwei Disziplinen verschmelzen.

In der Vergangenheit hatten Marken-Kampagne und „Employee Value Proposition” wenig gemein (außer vielleicht Schriftart und Branding). Clevere Marketer erkennen jedoch, dass diese beiden zunehmend in einem einzigartigen, allumfassenden Marken-Purpose verwurzelt sein müssen. So werden clevere und vernetzte Marketer zum Ausgangspunkt der Unternehmensentwicklung.