Bestimmung und Relevanz statt Marketing

Sind Ihre Produkte und Serviceleistungen nachhaltig und ethisch? Halten Sie sich wirklich an Ihre eigenen Grundsätze? Unternehmen, die das nicht tun, haben keine Chance.

Bestimmung und Relevanz statt Marketing

Ist das Marketing nach einer langen Reise am Ende seines Weges angelangt? Gut möglich, denn die Marken, die wirklich eine Bestimmung haben und relevant sind, befinden sich auf der Gewinnerstraße. Und sie drohen, mit dem typischen Marketinggeschwafel aufzuräumen, wie Don Draper das in der US-Serie „Mad Men“ macht.

Marketing und Branding waren von Anfang an dafür gemacht, Träume zu verkaufen – also ein Produkt mit den Hoffnungen und Wünschen der Kunden in Verbindung zu bringen. Doch hinter der Fassade von so manchem Traum kamen einige ziemlich unschöne Albträume zum Vorschein. Denken Sie nur zurück an Camel und seine Zigarettenwerbung: „Ärzte rauchen Camel mehr als jede andere Zigarette“. Oder daran, wie Lucky Strike erklärte, dass es seine Zigaretten zur Entfernung von „gefährlichen Stoffen, die den Hals reizen und Husten verursachen können“ röstet. Heute ist es vielleicht nicht mehr ganz so schlimm, aber ähnliche Fälle gibt es trotzdem noch.

Viele Produkte und Dienstleistungen, die von ihrem Anbieter als modern und topaktuell angepriesen werden – die Lieblinge des Technologiezeitalters – entpuppen sich hinter den Kulissen als nicht ethisch. Vor Kurzem flog ein E-Mail-Service auf, der private Benutzerdaten an Uber verkaufte. Nur wer das 5.000 Wörter lange Dokument mit den Geschäftsbedingungen gelesen hatte, war sich darüber im Klaren.

Nun ist es aber nicht so, dass Marketer nicht an einer ehrlichen Welt gelegen wäre. Das Team von Camel hat nicht eines Morgens zusammengesessen und überlegt: „Wie können wir unseren Kunden eins auswischen?“ Nein, wir alle wollen offene, ehrliche und nützliche Serviceangebote. Also was läuft da falsch?

Ich glaube, der Knackpunkt ist der Verlust der Bestimmung oder der Aufgabe eines Unternehmens. Wir alle kennen die Geschichte: Jemand gründet zweckorientiert eine Firma, die Firma wächst und gedeiht, aber dann verwässert die eigentliche Bestimmung oder wird nicht mehr beachtet. Das kommt vor. Manchmal sind aber die schönen Worte, mit denen Aufgabe und Bestimmung eines Unternehmens beschrieben werden, auch nur heiße Luft. Wenn Ihr Geschäft, Ihre Produkte oder Ihr Serviceangebot Ihrem Versprechen nicht gerecht werden, ist das eine schlechte Gepflogenheit, aber eventuell noch entschuldbar. Aber wenn Sie etwas sagen und wissen, dass es gelogen ist, haben Sie es verdient, auf die Nase zu fallen.

Stehen Sie für etwas

Vor langer Zeit machte ein mantrahafter Slogan in der Marketing- und Branding-Branche die Runde. Er besagte, dass Marken „mehr als nur ein Logo“ sein müssten. Diesem Konzept nach sollten sich die Werte der Marke in jeder Interaktion mit dem Kunden und an jedem Touchpoint widerspiegeln. Leider haben viele der Unternehmen weitergemacht und einfach nur Logos und Brandbooks entworfen. Logos und visuelle Trends wiederholen sich alle paar Jahre, doch wenn es um Aufgabenstellung und Bestimmung geht, ist nur sehr wenig Fortschritt zu verzeichnen.

Die sofortige Reaktion auf eine erkannte Unaufrichtigkeit bestätigt eine simple Wahrheit: Ihre Marke ist genau DAS, wofür Ihr Unternehmen steht und was es tut. Marken, die es versäumen, ihren Bestimmung in ihre externe Kommunikation, ihre Produkte, Dienstleistungen, Experience-Services und Kultur einfließen zu lassen, werden in Zukunftkeine Markenmehr sein. Wenn das passiert, könnten wir uns wie Don Draper einfach einen Old Fashioned mixen lassen. Aber als Branchenexperten tragen wir die Verantwortung dafür, die Sache richtigzustellen und positivere Experiences zu liefern.

Aufrichtigkeit ist heutzutage eine Grundvoraussetzung für Erfolg bei der jüngeren Generationen. Diese jungen, digital bewanderten Kunden sind nur schwer zu greifen. Einerseits sorgen sie sich mehr denn je um die Welt, andererseits sind sie in puncto Produkte, Services und Marken so unbeständig wie nie zuvor. Da überrascht es wahrscheinlich nicht, dass junge Menschen einen Schuhhersteller bevorzugen, der 60 Millionen Paar Schuhe an Bedürftige verschenkt, und nicht die Marke, die eine einzige Person mit 1 Milliarde Dollar sponsert. Stehen Sie also für etwas, unterstützten Sie die Gesellschaft mit guten Taten und bewirken Sie etwas. Das wird geschätzt und ist wertvoll. Hier werden Sie auch immer häufiger die Umsatzgewinne finden.

Um in dieser Richtung weiterzukommen, muss das gesamte Ökosystem aus Geschäftskunden, Mittelsmännern, Designern, Entwicklern, Coaches und Strategen mutiger werden. In allem, was sie tun, müssen sie nach ihrer Bestimmung und Relevanz suchen.

Es gibt inspirierende Beispiele. Ein großartiges Vorbild ist Lush, Hersteller und Händler von natürlichen Produkten für Körperpflege und Kosmetik. Einer der Core Values des Unternehmens ist die Nachprüfbarkeit. Jeder Inhaltsstoff von Lush kann zu seiner Quelle zurückverfolgt werden. Lush hat alles unternommen, um das als Haltung, Wert und Produkt zu präsentieren. Es steht also für ein eingelöstes Versprechen und Wahrheit. Von seinen Kunden wird Lush dafür geschätzt. Diese Tatsache wiederum steht in direktem Zusammenhang mit dem Profit des Unternehmens. Deshalb wird bei Lush hart daran gearbeitet, das Versprechen auch weiterhin einzulösen.

Seien Sie ehrlich

Laut der European Study 2015 von Information Resources Inc. (IRI) und der Boston Consulting Group haben Marken, die verantwortungsvollen Konsum (Responsible Consumption) fördern, die „traditionellen“ Marken in puncto Wachstumsquoten überholt. Demnach können für RC-Produkte auch höhere Preise verlangt werden: im Durchschnitt 58 Prozent (und im Einzelfall sogar bis zu 113 Prozent) mehr. Die Umfrage zu „Meaningful Brands“ deckte auf, dass „Marken mit Relevanz“, die zum Wohlbefinden und zur Lebensqualität der Kunden beitragen, andere Unternehmen an der Börse um 206 Prozent übertreffen.

Wenn Ihr Unternehmen also – ob unabsichtlich oder bewusst – nicht entsprechend der Werte handelt, für die es nach eigenen Worten einsteht, hat das kein gutes Ende. Ist Absicht im Spiel, wird es wahrscheinlich nicht nur einen Schaden erleiden, sondern vor dem Aus stehen. Unternehmen, die echte Werte haben und diese auch ausstrahlen, profitieren hingegen nachweislich von einer längeren Lebensdauer und letztendlich auch von einer höheren Rentabilität.

Das Fazit: Weg mit Branding und Marketing, her mit Bestimmung und Relevanz.