Customer Experience: Personalisierung ist nur ein Element von vielen
Wenn über Customer Experience und Personalisierung gesprochen wird, begegnen mir immer wieder die erstaunlichsten Aussagen. So sehen manche Customer Experience und Personalisierung als Synonyme an. Wieder andere behaupten, dass eine gute Customer Experience ohne Personalisierung gar nicht möglich sei.
Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft des Web Experience Management“ dauerte es neulich keine fünf Minuten, bis der heilige Gral der Personalisierung hervorgeholt und stolz präsentiert wurde. Customer Experience ohne Personalisierung wurde dabei wahlweise als „schlecht“ oder „unzumutbar“ bezeichnet. Und mit Sicherheit sei sie geschäftsschädigend, hieß es. Der typische Anwendungsfall war Banner-Personalisierung auf der Homepage.
Als ich an die Reihe kam, habe ich den heiligen Gral allerdings dankend abgelehnt und stattdessen gefragt: „Wenn diese Art der Personalisierung so relevant ist, warum verzichten dann die Großen der Branche darauf?“ Denn gehen wir doch einmal auf die Webseiten von Adidas, Audi, Apple (um einmal mit A zu beginnen) und stellen fest: Wir sehen dort keine Banner-Personalisierung. Was sagt uns das?
Damit man mich nicht falsch versteht: Natürlich ist Personalisierung wichtig für eine erfolgreiche Customer Experience. Sie ist aber nur eine Spielart der Kontextualisierung. Bevor ich das genauer erkläre, schauen wir uns doch einmal eine gute Customer Experience an.
Gute Customer Experience am Beispiel Tesla
Mein Beispiel: Tesla. Das Produkt Tesla Model S ist ein gut gemachtes Fahrzeug: modernes Design, starke Leistungsmerkmale und zukunftsweisende Technologie. So weit, so gut. Spannend wird es, wenn man auf einen Besitzer eines solchen Luxusgefährts trifft. Nach meiner Erfahrung sprechen die nicht über ihr Auto oder gar die Fahrten, die sie damit gemacht haben. Sie sprechen vielmehr über ihre Erfahrungen mit der Marke Tesla.
Dazu gehören dann durchaus überraschende Dinge. Die Reiseplanung taucht beispielsweise auf, weil Tesla dabei hilft, die „Supercharger“-Ladestationen auf der Strecke zu finden. Oder die Erfahrung mit dem Servicedienst wird genannt, der auf sämtliche Fahrzeugdaten Zugriff hat und eine Ferndiagnose erstellen kann. Oder, und das habe ich erst kürzlich gelernt, die Intelligenz des Fahrzeugs: Es merkt sich beispielsweise, wenn es bei der Garageneinfahrt um einige Zentimeter angehoben wurde und hebt sich zukünftig selbstständig an.
Banner-Personalisierung auf Teslas Homepage? Geschenkt! Customer Experience? Weltklasse!
Customer Experience ist die Summe aller Erfahrungen
Natürlich hat nicht jedes Unternehmen wie Tesla das Privileg, ein völlig neu entwickeltes Premium-Produkt auf den Markt zu bringen. Aber jedes Unternehmen sollte das Thema Customer Experience als Teil der eigenen Digitalisierungsstrategie angehen. Customer Experience ist die Summe der Erfahrungen, die ein Kunde mit einer Marke macht. Jede einzelne Erfahrung ist dabei relevant. Viele gute Erfahrungen schaffen Markenbindung und Vertrauen, wenige schlechte Erfahrungen zerstören dieses Vertrauen langfristig.
Erfolgreiche Customer Experience fokussiert sich deshalb auf die Qualität der einzelnen Erfahrung und sorgt dafür, dass diese Qualität sich über die Summe der Erfahrungen fortsetzt, indem sie konsistent und folgerichtig ist. Die Qualität der einzelnen Erfahrung misst sich an Parametern wie useful (nützlich), useable (brauchbar) und desirable (wünschenswert):
- Useful: Ich kann erreichen, was ich erreichen möchte, z.B. meine Transaktion abschließen, die gesuchte Information finden usw.
- Useable: Es ist einfach, mir werden keine Steine in den Weg gelegt.
- Desirable: Es macht auch noch Spaß, denn die Erfahrung ist schön, spannend, überraschend usw.
Herausragende Customer Experience bieten zum Beispiel auch die Tech-Riesen Google, Apple, Facebook und Amazon. In meinem letzten Blogpost habe ich Einblicke in meine ganz persönlichen Erlebnisse mit der großartigen Experience dieser vier Unternehmen gegeben.
Gelungene Kontextualisierung ist Teil einer guten Erfahrung
Eine gelungene Kontextualisierung ist Teil einer solchen positiven Erfahrung, indem sie die verfügbaren Umgebungsparameter respektiert. Das bedeutet, dass sie mir z.B. die richtige Bildschirmgröße auf Smartphone oder Tablet anbietet, die passende Sprache voreinstellt, meinen Aufenthaltsort berücksichtigt und mir letztlich die Leistung anbietet, die gerade jetzt für mich aktuell ist. Auf der mobilen Autowebseite ist unterwegs zum Beispiel eher der Zugang zu den Service-Informationen wichtiger als der Konfigurator. Auf der Bankwebseite meiner Hausbank steht vielleicht das Online-Banking im Vordergrund. Beim Reiseanbieter ist es der direkte Zugang zur Flugumbuchung, der den Unterschied ausmacht.
Und, ja: Wenn ich auf der Website mein nächstes Traumauto langwierig konfiguriert habe und beim nächsten Besuch diese Konfiguration sofort wieder angeboten bekomme, dann ist eine solche Personalisierung natürlich eine Steigerung der Erlebnisqualität.
Um es abschließend auf den Punkt zu bringen: Personalisierung ist ein Element, das zu einer guten Customer Experience beitragen kann. Sie ist aber eben nicht alles.