Digitalisierung: Bayerische Verwaltung will von privaten Unternehmen lernen
Heute präsentieren wir auf dem 9. Bayerischen Anwenderforum eGovernment die Studie „Montgelas 4.0 – Bayern auf dem Weg zum modernen e‑Government”, die der Passauer Politikwissenschaftler Dr. Florian Hartleb zusammen mit Adobe erstellt hat. Einige Ergebnisse habe ich bereits in der letzten Woche hier im Blog kurz erwähnt. Nun noch einige Details mehr.
Die größten Herausforderungen sehen die Befragten in der kontinuierlichen Weiterentwicklung von e‑Government-Anwendungen und in der IT-Sicherheit. Auf den Folgeplätzen werden der Aufbau digitaler Infrastrukturen und das Bereitstellen von Online‑Bürgerservices genannt. Das Positive: Einhellig sehen die Befragten große Potentiale in der Digitalisierung im Freistaat. Besonderen Zuspruch hat etwa die Aussage gefunden, dass die „Digitalisierung Bayern hilft, sein Image als besonders innovativ auch für die Zukunft zu sichern“.
Vorreiter mit e‑Government-Gesetz und „Montgelas 3.0“
Mit seinem 2016 verabschiedeten e‑Government-Gesetz ist das Bundesland Vorreiter in Deutschland und verfolgt ambitionierte Ziele. Dazu zählen der Breitbandausbau, eine höhere Datensicherheit und vor allem das Angebot der elektronischen Abwicklung von Geschäftsprozessen der öffentlichen Verwaltung und Regierung. Auch erhalten die Bürger einen Anspruch auf eine elektronische Verwaltungsdurchführung.
Mit dem auf dem Gesetz aufbauenden Programm „Montgelas 3.0” – dessen Namen auf den Graf Montgelas zurückgeht, der bereits Anfang des 18. Jahrhunderts Verwaltung neu gedacht hat und als der große Architekt des modernen Bayern gilt – nimmt die Umsetzung dieser Ziele bereits konkrete Formen an. Nur 24 Prozent der Studienteilnehmer halten es dabei für wenig relevant, dass Behörden den Bürgern online personalisierte und damit kundenfreundliche Inhalte anbieten.
Doch auch Bayern steht mit digitalen Bürger-Services erst am Anfang
Doch machen wir uns nichts vor: Dieser Prozess steht auch in Bayern erst am Anfang, wie die Bertelsmann-Stiftung in einer aktuellen Studie im Projekt „Smart Country” kritisch feststellt. Deutschland entpuppe sich in der öffentlichen Verwaltung als eine „digitale Service‑Wüste”, da die Bürger bislang erstaunlich wenige Behördengänge online erledigen. Auch deshalb, weil die Ämter untereinander nur begrenzt Daten austauschen.
Das ist in der Privatwirtschaft anders. Hier befinden wir uns bereits im Zeitalter des vernetzten Konsumenten. Ein Blick auf das aktuelle Trendthema „Industrie 4.0“ offenbart, dass ein positives Kundenerlebnis – oder auf Englisch die „Customer Experience“– immer mehr in den Fokus rückt. Viele Dienstleistungen in der Wirtschaft werden heute schon an ihrer „Smartness“ gemessen. Und noch nie wurden so viele Inhalte auf so vielen Geräten konsumiert. Die Verbraucher erwarten, dass alles, was sie online tun, sofort und ohne viel Aufwand möglich ist.
Customer Experience muss in den Mittelpunkt gerückt werden
Nur – wie gelingt diese Transformation im Öffentlichen Dienst? Vor allem muss ein positives Nutzererlebnis für den Beamten, Sachbearbeiter und den Bürger in den Mittelpunkt aller Überlegung für Technologielösungen gestellt werden. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass die übergroße Mehrheit der von uns Befragten die Customer Experience – wie etwa eine ansprechende und übersichtliche Webseite oder responsive Antragsformulare, die sich automatisch an das jeweils genutzte Endgerät anpassen – für ein wesentliches Element der Digitalisierung in den bayerischen Behörden hält.
Ebenso positiv: Mehr als 60% der Befragten können sich vorstellen, dass sich die öffentlichen Verwaltungen stärker an den in der Privatwirtschaft genutzten Technologien orientieren. Mit unserem Vorschlag zu „Montgelas 4.0“ wollen wir deshalb den Verantwortlichen in den Behörden und Verwaltungen Impulse geben, wie sie stärker die Bürger in den Mittelpunkt der digitalen Transformation stellen und schneller auf deren sich rasch verändernde Erwartungen reagieren können.
Die komplette Studie „Montgelas 4.0 – Bayern auf dem Weg zum modernen e‑Government” gibt es hier zum kostenlosen Download.