Datenschutz ist Marketingsache

Bei der DSGVO, die nächsten Mai in Kraft tritt, geht es um Complience. Doch sie zielt auch darauf ab, die Beziehung zum Konsumenten neu zu definieren. Und für diesen Bereich sind die Marketer zuständig.

Datenschutz ist Marketingsache

Viele Unternehmensvorstände befassen sich derzeit mit der kommenden Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und lesen Begriffe wie „legitime Interessen“, „Menschenrechte“ und „erforderliche und verhältnismäßige Maßnahmen“. Verständlicherweise möchten sie die Datenschutzmaßnahmen ihrer Rechts- oder Compliance-Abteilung übertragen.

Doch mit Compliance allein werden Unternehmen nicht die gewünschte Big Data erhalten oder ihre CRM-Geschäftsziele erreichen. Der Kerngedanke des neuen Gesetzes ist simpel: Es soll mehr Kontrolle, Transparenz und relevantere Entscheidungsmöglichkeiten für die Konsumenten bringen. So soll auch das Vertrauen der Konsumenten gewonnen werden. Daraus ergibt sich die Frage, wer im Unternehmen das nötige Know-how hat, um das Vertrauen in die Marke durch Kommunikation, Erfahrungen und Angebote zu stärken. Die Antwort: der Marketingleiter.

Alles dreht sich um den Konsumenten

Marketer sind es gewohnt, dass der Kunde bestimmt, wo es langgeht. Ihre Methoden und Instinkte sind darauf geeicht, in einer Welt zu brillieren, in der clevere Konsumenten ihren Wünschen gemäß von einem Marketing-Schicksalsmoment zum nächsten navigieren. Deshalb sind Marketer auch am besten dafür geeignet, sich mit den neuen Vorschriften zu befassen. Immerhin werden mit diesen die B2C-Beziehungen neu definiert. Zudem können Marketer jene Aspekte der Markenkommunikation gestalten und steuern, die sich mit den neuen Datenschutzpraktiken befassen.

In der DSGVO sind wichtige Verbraucherschutzrechte verankert, wie das Recht auf den Zugriff auf personenbezogene Daten, das Recht auf Vergessenwerden und das Recht auf Datenübertragbarkeit. Sie verschärft die Voraussetzungen für die Einverständniserklärung. Marken müssen demnach auf eine leicht verständliche Art und Weise die ausdrückliche Erlaubnis zur Erfassung und Verarbeitung von Daten einholen – unter anderem, indem sie die Gründe für die Erfassung der Daten angeben. Viele Unternehmen werden deshalb neben dem derzeitigen Kundenerlebnis und CRM auch ihr Cookie-Management überdenken müssen.

Marketer sollten diese Maßnahmen allerdings mit Abstand betrachten und sich außerdem fragen: Wie können wir in der neuen Datenschutzlandschaft eine datenorientierte Beziehung zu unseren Kunden aufbauen und stärken, damit diese ihre Daten freiwillig zur Verfügung stellen?

Fangen Sie bei der Marke an

Dabei werden nicht nur die Datenschutzerklärung aktualisiert und die Einverständnis-Mechanismen erneuert. Marketer und Entscheider müssen auch einen Weg finden, zugleich Werte, Positionierung und Erwartungen an Service und Marke abzustimmen.

Die rechtlichen Einzelheiten des neuen Gesetzes mögen sich gegebenenfalls ändern, doch die übergeordneten Prinzipien und Absichten bleiben die selben. Anstatt die neue Verordnung aus rein rechtlicher und IT-bezogener Sicht zu interpretieren, können Marketer den Datenschutz ihrer Marke an die DSGVO anlehnen und so ganz pragmatisch mit dem neuen Gesetz umgehen.

Der Weg zu Einverständnis und Transparenz

Marketingleiter sollten nicht von ihrer grundsätzlichen kanalübergreifenden Strategie abweichen, nur weil es um Datenschutz geht. Die Hauptaufgabe besteht immer noch in der Bereitstellung einfacher Mechanismen, um Konsumenten eine Entscheidung zu ermöglichen. Außerdem müssen sie kurz und knapp erläutern können, wie die Marke den Bedürfnissen der Kunden gerecht wird. Das Thema Big Data etwa ist zwar in aller Munde, aber aus der Sicht des Konsumenten und des Datenschutzes wurde es bislang nicht ausreichend betrachtet. Die Marketingabteilung muss dieses Schweigen brechen.

Dafür braucht man nicht das Rad neu erfinden – die existierenden Marketer-Tools reichen völlig aus.

Es gilt, die gesamte Customer Journey zu analysieren: vom ersten Einverständnis ganz am Anfang über die anschließende Ausweitung dieses Einverständnisses durch Up-Selling und Cross-Selling für neue Bereiche oder unterschiedliche Informationen. Dann muss ein Verfahren eingerichtet werden, mit dem Sie die bereits erlangte Einwilligung rechtfertigen oder weiterhin nutzen können. In diesem Bereich werden Sie den Umfang des Einverständnisses mit den üblichen Marketingstrategien vergrößern können.

Marketer sollten sich dabei nicht auf einen einzigen Zeitpunkt im Registrierungsprozess einschießen, sondern das kommunikative Große und Ganze im Blick behalten. Machen Sie über die Website, Werbung oder das Kunden-Callcenter die besten Zeitpunkte und Orte ausfindig, um die Konsumentenerwartung schon vor dem „Schicksalsmoment“ zu beeinflussen. Der Punkt, an dem eine Marke ihre Kunden vor eine „relevante Entscheidungsmöglichkeit“ stellt, sollte nicht der erste und einzige sein, in dem proaktiv über Datenschutz gesprochen wird. Daten müssen im Dialog mit dem Kunden immer eine Rolle spielen.

Auf der Suche nach Datenschutz und Sicherheit

Eine aktuelle globale Umfrage ergab, dass fast ein Drittel (32 Prozent) der Unternehmen befürchtet, den Compliance-Vorschriften nicht gewachsen zu sein, weil sie nicht über die entsprechende Technologie verfügen. Wer Erfolg haben will, muss aber auf Wandel und Innovationen setzen. Und Marketing-Entscheider wissen, wie man an dieser Stelle vorgeht. Es bleibt vorerst abzuwarten, wie sich die veränderten Richtlinien auf die Praxis und Standards in der digitalen Werbung auswirken. Fest steht aber, dass Datensicherheit nun genauso wichtig ist wie Markensicherheit.

Marketingleiter müssen Technologien und Adtech-Partner stets im Auge behalten. Nur so können sie gewährleisten, dass das eingedämmte regulatorische Risiko nicht auf Kosten der Marketingkapazitäten geht. Viele wählen daher den einfachen Weg und anonymisieren ihre Daten. Benutzer sind dann nicht mehr identifizierbar – damit werden aber auch die Daten für das Targeting wertlos. Eine andere Möglichkeit für Marketer ist die Pseudonymisierung, bei der individuelle Kennungen durch künstliche Kennungen ersetzt werden. Neue Ansätze sind gefragt, wie etwa dynamische Ent-Identifizierung. So können Marketingchefs mit ihrer digitalen Werbestrategie fortfahren, Datenschutz gewährleisten und die Sicherheit wertvoller Daten aus erster Hand garantieren.

Oberflächlich betrachtet geht es bei der DSGVO um Compliance. Tatsächlich wird aber auch die Beziehung zum Konsumenten neu definiert. Marketingleiter und -abteilungen sollten deshalb eine Schlüsselrolle dabei spielen, Marken schon jetzt auf das neue Zeitalter des Datenschutzes vorzubereiten.