Hidden Treasures: Wie Kyle T. Webster die Pinsel von Edvard Munch digitalisiert hat

In einem beispiellosen Gemeinschaftsprojekt mit dem Namen The Hidden Treasures of Creativity (Verborgene Schätze der Kreativität) hat Adobe mit Unterstützung des Munch-Museums in Oslo und dem preisgekrönten Designer von Photoshop-Pinseln Kyle T. Webster an der digitalen Nachbildung von sieben mehr als 100 Jahre alten Pinseln gearbeitet. Es handelt sich dabei um jene Exemplare, die Edvard Munch – Schöpfer des berühmten Gemäldes „Der Schrei“ – verwendet hat. Diese 7 historischen Pinsel sind somit weltweit für die Benutzer von Photoshop und Sketch mit Hilfe von Creative Cloud verfügbar.

Wir haben mit Kyle über sein Mitwirken an dem Projekt gesprochen, um zu erfahren, wie es ihm gelungen ist, die Pinsel von Munch detailgetreu zu erfassen und in Photoshop und Sketch nachzubilden.

1. Wie sah deine erste Herangehensweise an die Digitalisierung der sieben Pinsel von Edvard Munch für Photoshop aus?

Während des gesamten Projekts habe ich sehr eng mit Adobe, dem Munch Museum in Oslo und Abby Priest zusammengearbeitet. Gemeinsam haben wir die Vorgehensweise bestimmt, mit der wir die besten Ergebnisse erzielen würden. Mir standen sehr detaillierte 360°-Aufnahmen der sieben Pinsel von Munch zur Verfügung, die ich gemeinsam mit den Experten des Museums genau analysiert und erforscht habe, bevor ich mich mit dem Stylus auf dem Tablet an die Arbeit gemacht habe.

2. Wie bist du dabei vorgegangen und wie ähnlich oder verschieden war dein Prozess im Vergleich zur Entwicklung früherer Photoshop-Pinsel?

Ich hatte zuvor noch nie 360°-Fotos genutzt, um eine präzise Form für einen Pinsel zu entwerfen, der so originalgetreu wie möglich sein sollte. Das war eine neue Herausforderung für mich! Als ersten Schritt habe ich von Hand einen Umriss von jedem Pinsel gezeichnet und dann bestimmt, welche Borsten zuerst mit der Leinwand in Kontakt kommen würden, wenn der Pinsel die Oberfläche nur leicht berührt. Ich habe diese dann isoliert und so den Photoshop-Stempel für jeden Pinsel erstellt. Normalerweise beginne ich mit dem Entwurf eines Stempels für einen neuen Pinsel, indem ich Flecken male und dann das Pinselwerkzeug verwende, um die Darstellungsweise dieser neuen Form zu verändern. Die Verwendung eines Bildes zur Erstellung eines Photoshop-Brushes entspricht nicht meiner üblichen Vorgehensweise, aber war sehr spannend!

3. Mit welchen Herausforderungen hattest du während dieser digitalen Restauration zu kämpfen? Und wie hast du diese Probleme gemeistert?

Das Spannende ist: Es ist unmöglich, genau zu wissen, wie die Pinsel zur Zeit von Munch gemalt hätten. Schließlich ist das mehr als 100 Jahre her. Aber die Informationen des Munch-Museums über die Steifheit der Borsten und die Schichtdicke der Farbe beim Auftrag in Munchs bekannteren Werken, waren sehr hilfreich bei der Lösung dieses Problems. Ich glaube, dass uns so sehr gute Nachbildungen der Originalpinsel gelungen sind.

4. Wie konntest du die genauen Details der Pinsel in der Sammlung des Museums erfassen? Musstest du viele Nachforschungen zum Malstil von Munch und seiner allgemeinen Vorgehensweise anstellen?

Um die Details zu erfassen, habe ich die Form jedes Pinsels direkt über den Fotos der sieben Pinsel nachgezeichnet. Was die Funktionsweise der Pinsel betrifft, wollte ich den Nutzern genügend Optionen bieten, um die Effekte und Techniken, die in den Ölgemälden Munchs sichtbar sind, zuverlässig zu reproduzieren. Ich habe mir viele seiner Werke angesehen, bevor ich die Pinsel entworfen habe. Deshalb sind drei der Pinsel Photoshop “Mixer-Pinsel”; es ist wichtig, dass Nutzer die Möglichkeit haben, Farbe auf der Oberfläche zu mischen, um eine große Bandbreite an Effekten zu erzielen. Außerdem war es sehr wichtig, dass die Pinsel natürlich auf die Neigung des Stylus reagieren, um abwechslungsreichere Pinselstriche zu ermöglichen.

5. Wodurch wird dieses Pinselset unverwechselbar und anders als andere Photoshop-Pinsel?

Zum einen wurden sie explizit als Repliken von Munchs echten Werkzeugen konzipiert, die 100 Jahre alt sind. Das ist meines Wissens einzigartig. Zum anderen können mit jedem dieser Pinsel verschiedene Arten von Pinselstrichen wie mit einem echten Malpinsel erzeugt werden. Damit bieten sie den Nutzern von Photoshop und Sketch die Möglichkeit, mit einem einzigen Pinsel realistische künstlerische Effekte zu erzeugen. So kann ein Künstler bei Bedarf ungehindert malen, ohne ständig zwischen verschiedenen Werkzeugen wechseln zu müssen. Als Pinsel-Designer interessiere ich mich besonders für die Nachahmung natürlicher Medien, die ohne Layer-Effekte, verschiedenartige Werkzeuge oder Filter auskommen – und das gelingt mit diesen Pinseln sehr gut.

6. Wie inspirieren legendäre Künstler dich als Experte bei der Entwicklung von Photoshop-Pinseln?

Wenn ich versuche zu verstehen, wie bestimmte Effekte in einem Kunstwerk geschaffen wurden, experimentiere ich, um herauszufinden, wie ich dieselben Effekte in Photoshop nachbilden kann. Einige Künstler haben eine ganz eigene Methode im Umgang mit ihren Werkzeugen – oder ihr Stil beruht auf einer einzigartigen Technik beim Einsatz von Farbe oder anderer Mittel. Das hat mich schon immer interessiert.

7. Du bist Mitglied der Jury des „Adobe 5th Scream Contest“. Welche Erwartungen hast du an die eingereichten Werke?

Es wäre toll, wenn Bilder entstehen würden, die sich auf die verschiedenen Versionen des „Schreis“ von Munch beziehen (er hat insgesamt vier gemalt) ohne, dass zu stark aus den Originalen kopiert wird. Der „5. Schrei“ sollte also etwas ganz Neues mit sich bringen. Es wird spannend zu sehen sein, wie Künstler weltweit versuchen, Bilder zu schaffen, die etwas Vertrautes auf überraschende Weise interpretieren. Ich bin wirklich gespannt auf die Ergebnisse.

Hier bekommt ihr die Munch-Pinsel:

Habt ihr jetzt auch Lust loszulegen und zu malen wie Edvard Munch? Dann holt euch doch einfach die Pinsel! Hier könnt ihr sie euch kostenlos herunterladen und direkt loslegen. Wenn ihr mehr darüber erfahren möchtet, wie ihr sie einsetzen könnt um tolle digitale Gemälde zu erschaffen: Schaut euch unsere Tutorials dazu auf YouTube an.

Teilnahme am „Adobe 5th Scream Contest“

Wenn ihr außerdem am Wettbewerb teilnehmen möchtet, dann nichts wie los. Ladet euer Kunstwerk noch bis zum 14. Juli auf Behance mit dem Hashtag #MunchContest hoch. Dann habt ihr die Chance, dass euer Gemälde im Munch-Museum in Oslo im Rahmen einer speziellen Ausstellung gezeigt wird. Außerdem erhält der Gewinner ein Preisgeld von € 6.000 und eine komplett bezahlte Reise zur Adobe MAX nach Las Vegas, die vom 18. bis 20. Oktober 2017 stattfindet. Alle Einsendungen werden von einer fachkundigen Jury im Hinblick auf Originalität, künstlerische Komposition, Übereinstimmung mit dem Thema und Kreativität bewertet. Mitglieder dieser Jury sind Russell Brown und Michael Chaize von Adobe, Zach McCullough, Lead Designer von Behance, Andy Sandoz, ehemaliger Präsident von D&AD, sowie die Digital Artists Kyle T. Webster, Therese Larsson, Suzanne Helmigh and Sebastien Hue. Die Gewinner des Wettbewerbs werden am 28. Juli 2017 bekannt gegeben.Hier geht es zu den vollständigen Teilnahmebedingungen. Bereit? Sehr gut! Kyle hat euch auch noch ein paar Worte zum Wettbewerb zu sagen. Klickt rein! Seht euch außerdem auch Kyles Tutorials zur optimalen Nutzung der Pinsel an.