Virtuelle Spiele, reale Möglichkeiten

Der E-Sport ist ein junges Phänomen, mit dem Marketer neue Fangemeinden gewinnen können. Doch nicht alle Marken haben es eilig, in dieser Arena mitzuspielen.

Virtuelle Spiele, reale Möglichkeiten

Rund 160 Millionen Menschen sehen jeden Monat bei E-Sport-Events zu. Die meisten Zuschauer sind junge Männer zwischen 21 und 35 Jahren, die über traditionelle Werbekanäle immer schwerer zu erreichen sind. Der Sektor stellt also für Marken eine attraktiver werdende Alternative zum Mainstream-Sponsoring dar. Bisher sind jedoch nur wenige Marken wirklich daran interessiert.

Im E-Sport treten unterschiedlich viele Gamer in einem Online-Videospiel vor Publikum gegeneinander an. Vor allem Marken, die bereits in der Szene involviert sind, investieren in sie, wie die Spielezubehör-Hersteller Razer, Hyper und Turtle Beach. Aber auch Ligen mit Teams etwa aus der NBA, Premier League oder La Liga sponsern Gamer oder verpflichten sie für ihre eigenen E-Sport-Mannschaften. Die NBA geht noch einen Schritt weiter: Die US Basketballliga ist mit dem multinationalen Videospiele-Hersteller und -vertrieb Take-Two Interactive eine weitreichende Partnerschaft eingegangen. Ihr Ziel ist es, rund um das Videospiel NBA 2K eine E-Sport-Basketballliga aufzubauen. So kann die NBA nicht nur Fangemeinden erschließen und vergrößern, sondern auch aktuellen und zukünftigen Geschäftspartnern viele Vorzüge bieten.

Ein unerschlossener Markt

Damit der Markt jedoch wachsen kann, müssen die verschiedenen Spiele und Ligen des E-Sports umfangreiche Partnerschaften mit Marken eingehen. Denn obwohl Coca-Cola, Intel, Buffalo Wild Wings, Bud Light und Gillette bereits Verträge in der Gaming-Szene abgeschlossen haben, ist der Markt noch größtenteils unerschlossen.

Warum ist das so? Viele CMOs und Marketer haben nicht die erforderliche Zuversicht, um in diesem Bereich große Investitionen zu tätigen. Das liegt teils daran, dass die Branche noch in den Kinderschuhen steckt. Deshalb kann sie Außenstehenden den Wert des E-Sports nur schwerlich schmackhaft machen. Außerdem wissen Marketer oftmals nicht, wo sie anfangen und mit wem sie sprechen sollen, um Markenpartnerschaften zu begründen und auf Touren zu bringen. Nicht zuletzt tätigen Entscheider und Geschäftsführer großer Marken lieber konventionelle – und in ihren Augen sicherere – Investitionen in Sportbereichen wie Fußball oder Leichtathletik, anstatt in den Gaming-Sektor.

Viele Marketingchefs werden auch vom gewalttätigen Charakter manch eines beliebten Videospiels abgeschreckt, siehe Egoshooter wie „Call of Duty“, „Destiny“ oder „Dota 2“. Marken, die bei jungen männlichen Spielern beliebt sind, wie Domino’s Pizza, Bud Light und Monster Energy, haben nichts dagegen, ein Spiel zu sponsern, in dem man Bonuspunkte für einen Kopfschuss bekommt. Familienorientierte Marken sind beim Sponsoring von simulierter Gewalt aber zurückhaltend. Dennoch könnten auch sie schon bald in E-Sports investieren.

Größere Attraktivität

Kürzlich gab es auf der „E3“, der weltweit größten Gaming-Konferenz, eine Reihe von Ankündigungen für familienfreundliche Spiele, die das Sortiment bereichern werden. Zu „League of Legends“ und einer Reihe von unblutigen Spielen für die vielgepriesene und erfolgreiche Nintendo Switch-Konsole gesellen sich nun auch „Super Smash Bros“ und „Splatoon 2“ und bieten ein ansprechenderes Ökosystem für zögerliche Marken.

Angesichts der wachsenden Attraktivität für Marken und Gamer bietet sich Marketing-Entscheidern jetzt die beste Gelegenheit, um in den E-Sport einzusteigen – nicht zuletzt wegen der gigantischen Kapitalrendite. Die Branche lebt von einer begierigen Fangemeinde aus jungen Menschen, die stundenlang auf Events und online vor dem Bildschirm ausharren – für Marken ergeben sich hier unzählige Interaktionsmöglichkeiten. Und weil der Sport zudem noch nicht vollends professionalisiert ist, sind die Sponsoring-Kosten im Vergleich zu anderen Sportbereichen mit ähnlich hohen Zuschauerzahlen relativ gering.

Immer die Spielregeln beachten

Im E-Sport lässt man sich aber auch nicht gerne zum Narren halten. Gamer sind in puncto Marketing sogar noch sprunghafter und versierter als die meisten anderen Konsumenten. Authentizität ist deshalb oberstes Gebot. Sie müssen darauf achten, dass Ihr Sponsoring zu dem Turnier, zum Spiel und/oder zum gewählten Veranstaltungsort passt und einen guten Austausch zwischen Konsumenten und Marke ermöglicht. Wenn Sie nur überall Ihr Markenlogo anbringen lassen, haben Sie schon verloren. Bei den Fans würde das ein bleibendes negatives Gefühl hinterlassen.

Eines der besten Beispiele dafür, dass die Sportart langsam erwachsen und von Marken ernst genommen wird, war ebenfalls auf der E3 zu erleben. Intel und die Electronic Sports League (ESL) unterzeichneten dort nämlich einen neuen Partnerschaftsvertrag. Damit signalisierten sie, dass sich der Sport auf handfeste Investitionen freuen kann. Laut der Vereinbarung im Wert von mehreren Millionen Dollar kümmert sich Intel ab sofort um alle Streaming- und Live-Übertragungen der ESL. Die beiden Partner starten die neue „Intel Grand Slam“-Wettbewerbsserie mit zehn „Counter-Strike: Global Offensive“-Spielen (dem beliebtesten Egoshooter im E-Sport-Bereich). Demjenigen, der vier der zehn Spiele gewinnt, winkt ein Preis in Höhe von einer Million Dollar. Gemeinsam wollen die beiden Organisationen mithilfe der „VR Challenger League“ auch den E-Sport mit Virtual Reality (VR) unterstützen. Das Turnier dieser Liga findet in Form des VR-Spiels „Echo Arena“ statt.

Intel hat als globaler Computergigant eine offensichtliche Verbindung zur E-Sport-Welt. Doch auch Marketer anderer Kategorien werden bessere Argumente für den Aufbau von Beziehungen zur Gamer-Szene finden, denn das Sortiment wächst. Nintendos E-Sport-Portfolio ist dafür ein Beispiel. Das Geschäft der Kultmarke erwachte dank der Switch-Konsole zu neuem Leben. Nun wird erwartet, dass familienfreundliche Spiele den E-Sport einem breiteren Gaming-Publikum nahebringen und dadurch ein größeres Spektrum an Markenpartnern anziehen.

Der Gewinner räumt ab

Eines steht fest: Wer auch immer bereit ist, in diesen neuen Sektor zu investieren, wird enorme Möglichkeiten vorfinden, um neue Fangemeinden aufzubauen und mit dem Publikum zu interagieren. Zu den potenziellen Assets für Investoren gehören Namensrechte, Markeninhalte, erlebnisbasierte Produkte, die Integration von Technologien, Branding auf Kleidung usw. Wenn der Markt dann heranreift, werden sich im Merchandising-Bereich weitere Möglichkeiten für das Co-Branding auftun. Gleiches gilt für den Direktverkauf an die Fans während der Live-Streams.

Wenn Sie als Marketer jetzt aktiv werden, können Sie sich die größten Vorteile sichern. Gehen Sie Ihr E-Sport-Sponsoring und Ihre Partnerschaften effektiv und authentisch an. Vergessen Sie nicht, dass Sie zur Weiterentwicklung der Sportart beitragen und Ihrer Marke so neue Zielgruppen erschließen können – eine Win-Win-Situation.