Hotels erobern ihre Gäste mit Loyality Apps zurück

Auch Hotels haben die Bedeutung von hauseigenen Apps erkannt. Sie wollen damit die Markentreue stärken und die Buchung über Aggregatorenseiten einschränken.

Hotels erobern ihre Gäste mit Loyality Apps zurück

Das Hotelgewerbe weiß, dass es sich die Treue der Gäste mit kleinen Überraschungsmomenten sichern muss. Der neueste Trend der Branche geht dahin, Kunden über ihre Markenaffinität zur Direktbuchung anzuregen. So sollen sie nicht länger nach besseren Deals auf den Buchungsseiten von Aggregatoren suchen.

Der Trumpf im Ärmel der Hotelketten: Mit einer eigenen App soll die Customer Journey so nahtlos und angenehm wie möglich gestaltet werden, damit Gäste direkt über die App einfach wieder buchen.

Für Geraldine Calpin, Marketingchefin der Hilton Hotel Group, steht das Wohlfühlerlebnis des Konsumenten im Mittelpunkt der neuen Strategie. Beim diesjährigen Werbefestival in Cannes bekräftigte sie dies bei drei Panels, die sich damit befassten, wie Marken ihr Geschäft rund um das Kundenerlebnis aufbauen können.

„Es geht nicht mehr nur ums Marketing, unser ganzes Geschäft dreht sich jetzt ums Kundenerlebnis“, so Calpin.

„Wir möchten, dass die Gäste uns mögen, dass sie uns treu sind und über unsere Loyality App direkt zu uns zurückkommen. Also haben wir alle möglichen Reibungspunkte analysiert, bei denen uns die App helfen könnte. Wir haben uns auch angeschaut, wie andere in der gleichen Situation mit ähnlichen Problemen umgegangen sind. Der Blick auf die Reisebranche lag hier natürlich auf der Hand.“

Die Auswahl muss stimmen

Eine der ersten Beobachtungen war, dass Fluggesellschaften mobile Apps verwenden, um ihren Kunden mehr Entscheidungsfreiheit zu geben, zum Beispiel um den verhassten mittleren Sitz zu meiden und, falls möglich, sogar die Reise zu beschleunigen.

„Die freie Platzwahl und der Check-in am Vortag waren eindeutig Optionen für uns, die wir auch übernommen haben“, so Calpin weiter.

„Unsere Gäste hatten früher schon die Möglichkeit, Präferenzen für ihr Zimmer anzugeben, also ob es in Aufzugnähe oder beim Eiswürfelspender liegen sollte. Jetzt können Sie in einigen Hotels direkt das Zimmer aussuchen. Mithilfe einer Google-Karte betrachten Sie das Hotel einfach von allen Seiten und wählen das Zimmer mit dem gewünschten Ausblick.“

„Unsere Gäste können am Vortag einchecken, was die Ankunft vereinfacht. Und wir sind gerade dabei, die App auch als Zimmerschlüssel zu nutzen. Sie müssen also nicht mal mehr zur Rezeption gehen, wenn Sie das nicht wollen. Sogar der Check-out kann per App erfolgen.“

Kein Mittelsmann mehr

Bei der InterContinental Hotels Group (IHG) mit ihren Marken Crowne Plaza und Holiday Inn hat es ebenfalls grundlegende Veränderungen gegeben. Laut Apurva Pratap, Vice President Distribution and Commercial Marketing, fährt der Konzern jetzt eine zweigleisige Strategie. Einerseits soll das Kundenerlebnis verbessert und andererseits der Bestand verringert werden, auf den externe Buchungs-Websites Zugriff haben. Mit anderen Worten: Ein Großteil der Zimmer geht nicht mehr im Vorfeld an Großhändler und die Zimmer sind anderswo nicht mehr billiger als beim Hotel selbst.

Wie Pratap erklärt, arbeitet IHG auch an einer nahtlosen Customer Journey für App-Benutzer, damit diese – so die Hoffnung – nie wieder Buchungs-Websites benutzen.

„Unsere Loyality App funktioniert fast so wie eine Apple ID“, erklärt er.

„Sie können damit sofort und ohne irgendeinen Code auf unser WLAN zugreifen. In China arbeiten wir außerdem an einem Ortungsprojekt, um festzustellen, wie die Leute reagieren, wenn ihnen in den verschiedenen Hotelbereichen die dort erhältlichen Services und Angebote angezeigt werden. Wenn das gut ankommt, werden wir es überall einführen.“

Urlaub oder Geschäftsreise?

Ein fehlendes Puzzleteil in der Customer Journey war Pratap zufolge immer die Personalisierung des Aufenthalts, denn Geschäftsreisende haben andere Bedürfnisse als Urlauber. Jetzt hat jeder App-Nutzer zwei Profile, in denen Präferenzen für jeden Reisetyp gespeichert werden können.

„Gerade führen wir weitere Personalisierungsoptionen mit Dutzenden Variablen ein. 20 britische Hotels machen den Anfang“, fügt Pratap hinzu. „Das reicht von Vorlieben beim Kopfkissen oder Bett für Urlaubs- oder Geschäftsreisende bis hin zur Bestellung eines Bügelbretts. In 500 Hotels in Nord-, Mittel- und Südamerika können unsere Gäste schon den Zimmerservice und andere Dienstleistungen über die App anfordern. Der Gast kann sogar seine eigenen mobilen Inhalte auf dem Fernseher im Zimmer streamen.“

Laut Pratap funktioniert die Strategie in den USA bereits – dort, wo die App-Technologie im vergangenen Jahr erstmals zum Einsatz kam. Zuvor gab es in diesem Markt genauso viele Buchungen über Dritte wie direkt buchende Gäste. Heute werden zwei von drei Buchungen direkt getätigt. In der EU und in Großbritannien ist das Verhältnis zwischen direkten und indirekten Buchungen fast ausgeglichen. Wenn die in den USA getesteten technischen Entwicklungen im nächsten Jahr eingeführt werden, erwartet IHG auch hier eine Verlagerung weg von den Aggregatoren.

Den Kunden verändern

Rick Garlick ist Global Practice Lead im Bereich Reisen und Gastgewerbe beim Marktforschungsunternehmen JD Power. Seine Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Hotelketten weg von den Buchungs-Websites und hin zur eigenen Marken-App streben. Scherzhaft meint Garlick, dass sich die Hass-Liebe zwischen Hotelmarken und Online-Reiseagenturen zu einem „kalten Krieg“ entwickelt habe. Problematisch sei dabei, dass die Branche vor großen Herausforderungen stehe.

„Sowohl in der EU als auch in Nordamerika ist der Kunde noch nicht dort, wo ihn das Hotel gerne hätten“, erklärt er.

„Rund ein Fünftel der Leute lädt zwar die Hotel-App herunter, aber nur einer von 20 bucht auch darüber. Wenn man sich von den Buchungs-Websites der Drittanbieter zurückzieht, verringert man aber auch die Chance, von Konsumenten entdeckt zu werden, die dann eventuell doch direkt beim Hotel buchen.“

Wie Garlick bestätigt, betrachten die Hotelmarken mobile Apps zu Recht als Mittel zum Zweck: nämlich das Kundenerlebnis zu verbessern. Das Forschungsunternehmen hat festgestellt, dass hohe Zufriedenheitsquoten damit korrelieren, ob Benutzer eine App nützlich finden oder nicht. Gleichzeitig warnt er davor, allein auf Technologie zu vertrauen. Hilfreiches Personal und ein herausragender Gästeservice seien immer noch die besten Grundlagen für Kundentreue.

Laut Garlick gehören zudem die meisten Hotels in den USA einer Kette an und der US-amerikanische Gast lässt sich mit einem „vorhersehbaren Durchschnittserlebnis“ zufriedenstellen. Auf Europa trifft das nicht zu. In Großbritannien zum Beispiel sind weniger als die Hälfte aller Hotels Teil einer bekannten Kette. Die Gäste haben von vornherein ein viel geringeres Markenbewusstsein.

„Markentreue zu generieren, um die Leute zur Direktbuchung über eine Hotel-App zu veranlassen, wird dadurch zur doppelten Herausforderung. Denn dafür müssen die Hotels das Verhalten der Konsumenten verändern“, so Garlick.