Alexander Gärtner ebnet den Weg zur Omnichannel-Erfahrung
Der Chefanalytiker beim Reiseveranstalter glaubt an die Macht der Daten und daran, dass sie Kunden und Unternehmen gleichermaßen beflügeln.
DER Touristik ist das drittgrößte Reise- und Tourismusunternehmen in Europa. In Deutschland und Österreich ist es unter anderem mit den Marken ITS, Jahn Reisen, Travelix, Dertour, Meiers Weltreisen und ADAC Reisen vertreten. Außerhalb des deutschsprachigen Marktes kommen weitere Reiseveranstalter hinzu, darunter Kuoni, Helvetic Tours, Apollo und Exim Tours.
Alexander Gärtner ist Leiter des Geschäftsbereichs Digitale Analytik bei DER Touristik Online, dem Online-Zweig des Reiseveranstalters. CMO.com traf den Datenexperten beim Adobe Summit EMEA 2017 (CMO.com ist ein Tochterunternehmen von Adobe). Wir baten ihn zunächst, die Rolle der Analytik im Unternehmen zu erklären.
Gärtner: Es hat sich viel verändert. Hätte man vor zehn Jahren mit jemandem aus der Analytik gesprochen, wäre er vor allem für die Berichterstattung und die Datenerhebung zuständig gewesen. Heute ist alles anders. Heute sind wir einer der Antriebsfaktoren für das ganze Geschäft. Berichterstattung und Datenerhebung zählen immer noch zu unseren Aufgaben, aber wir sind auch viel im Bereich der Datenaktivierung tätig.
Wir verarbeiten Daten mit verschiedenen Optimierungstechnologien, erstellen Segmente und nutzen die Daten, um die Nutzererfahrung zu optimieren, personalisieren und für unsere Kunden ansprechender zu gestalten.
CMO.com: Sie tragen also nicht nur zum Geschäftserfolg bei, sondern optimieren auch die Nutzererfahrung?
Gärtner: Wir betrachten die Daten vor dem Hintergrund der Affinität und versuchen Daten zu erheben, die nicht an eine bestimmte Domäne gebunden sind. Wir suchen nach Affinitäten auch in anderen Bereichen, um damit unsere Zielgruppen zu monetarisieren.
CMO.com: Inwiefern haben sich die Kunden geändert?
Gärtner: Das ist eine schwierige Frage, weil wir ein ziemlich traditionelles Unternehmen sind. Wir feiern dieses Jahr unser 100. Jubiläum und setzen stark auf das Offline-Geschäft − was gut ist −, aber wir müssen in Zukunft auch das Online-Geschäft ausbauen. Es geht also vor allem um Omnichannel.
Im Online-Geschäft kann es vorkommen, dass jemand durch eine Display-Werbekampagne auf uns stößt, unsere Seite besucht, vielleicht einen Tag später wiederkommt und dann entscheidet, nicht über unsere Webseite zu kaufen oder zu buchen, sondern in eines unserer Geschäfte zu gehen. Wir haben zahlreiche Geschäfte − allein in Deutschland sind es über 2.100. Es ist schwer, das Nutzerverhalten vorherzusagen, also benötigen wir Daten und Algorithmen. Und eine schlauere Herangehensweise an diese Herausforderung.
CMO.com: Warum ist es so wichtig, dass Sie Ihre Kunden dort erreichen, wo sie erreicht werden wollen?
Gärtner: Es ist ja eigentlich der Kunde, der entscheidet, mit wem und wann er kommunizieren möchte, und das ist etwas, was wir berücksichtigen müssen. Es gibt nicht mehr nur einen Weg. Es kommt darauf an, zuzuhören und die richtige Botschaft zur richtigen Zeit zu finden und komplexe Customer Journeys mit einem Mix an Kontaktpunkten, sowohl online als auch offline, zu betrachten. Besonders offline ist das eine wahre Herausforderung.
CMO.com: Sie sind außerdem dafür zuständig, den Mitarbeitern die Technologie nahezubringen.
Gärtner: Wir müssen Kompetenzen schaffen und dafür sind Schulungen nötig. Wir haben eine Schulung mit verpflichtender Teilnahme eingerichtet. Die Mitarbeiter mussten erscheinen und zuhören. Jetzt ist unser Team nicht mehr nur für die Berichterstattung und das Reporting an die Geschäftsführung zuständig. Eine unserer täglichen Aufgaben ist es, die Mitarbeiter im Bereich Marketingtechnologie zu schulen. Das hat einiges in unserem Unternehmen verändert, da die Mitarbeiter gar nicht wussten, was alles unter Analytik fällt.
Wenn Sie beispielsweise für eine bestimmte Destination, einen Kontaktpunkt, zuständig sind, sollten Sie sich jeden Morgen mit den Zahlen befassen. Trinken Sie einen Kaffee und versuchen Sie, den Stand der Dinge für Ihren Kontaktpunkt herauszufinden. Mitarbeiter machen das aber nicht, weil sie nicht wissen, wie und wo sie anfangen sollen. Also müssen wir sie anleiten.
Wir stellen sicher, dass sie über die nötigen Kompetenzen verfügen und sich jeden Morgen mit einem guten Gefühl in das Analysesystem einloggen − selbst wenn es nur fünf oder zehn Minuten sind − um herauszufinden, wie sie sich im Vergleich zu gestern oder vergangener Woche geschlagen haben.
CMO.com: Sie gehören seit einem Jahr zum Unternehmen und konnten viele Veränderungen beobachten. Wie geht es in Zukunft weiter?
Gärtner: Der nächste Schritt besteht darin, die Multichannel-Strategie einschließlich des Onboardings von Offline-Daten durchzusetzen. Wir möchten die Daten nutzen, um die Nutzererfahrung vom ersten Seitenzugriff an zu optimieren. Weiterführend werden diese Daten dann als Beispiele in eine Datenmanagement-Plattform eingespeist, sodass wir Lookalike-Modelling durchführen, unsere Reichweite vergrößern und Zielgruppensegmente genauer ansprechen können. Das ist so ziemlich das, was wir in den nächsten sechs bis zwölf Monaten erreichen wollen. Anschließend möchten wir immer mehr CRM-Datenintegrationen umsetzen und einen ganzheitlicheren Blick auf den Kunden bekommen, solche Dinge eben.
CMO.com: Haben Sie einen Rat für Unternehmen, die eine digitale Transformation durchlaufen möchten?
Gärtner: Ja, zögern Sie nicht. Fangen Sie an. Nutzen Sie die Technologien, die Sie haben, so gut wie möglich. Fangen Sie klein und einfach an, machen Sie es sich nicht zu kompliziert. Sprechen Sie über Ihre Ergebnisse, denn wenn Sie bei null anfangen, werden Sie definitiv Ergebnisse haben. Sie werden etwas zu berichten haben und Sie können nur gewinnen.
Ein Beispiel: Sie können mit einem A/B-Test auf einer Homepage anfangen. Nehmen Sie Unterelemente wie Teaser, die etwa in der Mitte oder Fußzeile angezeigt werden, und beginnen Sie einfach damit, diesen Teaser zu ändern.
Also entscheiden Sie sich für einen großen und einen kleinen Teaser, ganz einfache Sachen, damit Ihre Kollegen sehen, dass es funktioniert – wir haben das tatsächlich gemacht. Wir haben mit solchen einfachen Tests angefangen. Wir haben uns erst mit dem großen Teaser mit generischem Inhalt beschäftigt und uns dann einem anderen Ansatz mit kleineren Teasern gewidmet. Die eignen sich möglicherweise besser für Tablets und Mobilgeräte.
Bei kleineren Teasern haben wir eine 20 Prozent höhere Stickiness beobachten können und das Testszenario war wirklich nicht komplex, es war sehr einfach. Ein einfacher A/B-Test führt den Leuten vor Augen, welche Möglichkeiten Sie haben und gibt Ihnen einen Vorgeschmack. Und wenn sie erst auf den Geschmack gekommen sind, möchten sie mehr erreichen. Sie werden eine Veränderung in Ihrem Unternehmen erleben − hin zur Nutzung der Technologien und hin zu datengesteuertem Marketing.