Hinter den Kulissen: Mit John Wilhelm in der 3. Dimension

Im Zuge unserer Visual Trends im August beschäftigen wir uns intensiv mit der faszinierenden Welt des 3D-Designs. Heute stellen wir euch einen besonderen Künstler vor: John Wilhelm ist noch im analogen Zeitalter aufgewachsen und hat erst mit dem Aufkommen der Digitalisierung angefangen, sich für Fotografie und Design zu interessieren.

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Als die Digitalisierung sich ihren Weg bahnte, erkannte John Wilhelm schnell die vielfältigen Möglichkeiten, die damit einhergingen. Neugierig betrat er die Welt der digitalen Bildbearbeitung und entdeckte dort unter anderem seine große Leidenschaft: das 3D-Design. Im Gespräch gibt uns John spannende Einblicke in sein Leben als 3D-Künstler, seine Karriere und seinen persönlichen Workflow.

John Wilhelm: Ich fand 3D schon immer total spannend. Bereits 1985 hatte ich spielerischen Kontakt mit der damaligen Version von 3D Studio Max auf meinem 486er Rechner – seither habe ich den 3D-Markt nie mehr aus den Augen verloren. So richtig spannend wurde es für mich aber erst mit den neueren GPU-Renderengines, die in Echtzeit anzeigen können, woran man gerade arbeitet. Das Modellieren und anschließend stundenlange Warten auf den fertigen Render war für mich in der Vergangenheit immer das Hindernis, um mich komplett an 3D zu verlieren.

Adobe Stock: Was reizt dich an 3D und an deiner Arbeit am meisten? Was passiert mit deinen Artworks im Anschluss?

John Wilhelm: Beim rein fotografischen Erarbeiten eines Bildes muss ich mir im Vorfeld sehr genau überlegen, aus welcher Perspektive in welchem Licht, sprich mit welchen Blitzsettings und mit welcher Brennweite ich die entsprechenden Motive shooten möchte. Bei 3D-Kreationen muss ich „lediglich“ die einzelnen Elemente modellieren und texturieren und kann dann mit Licht- und Kamerasettings experimentieren. Zudem ist fast alles ohne aufwendige Studiosettings, Requisiten, Reisen etc. möglich. Meine fertigen Bilder präsentiere ich jeweils auf Facebook, 500px, flickr, 1x.com, Behance und meiner persönlichen Homepage. Und natürlich verkaufe ich die Bilder auch auf Stockplattformen wie Adobe Stock .

Adobe Stock: Hier haben wir eines der ersten Bilder, die du kreiert hast. Wie bist du damals vorgegangen?

John Wilhelm: Ja, die Ballerina mit der Hantel war eins meiner frühen Artworks. Die Turnhalle habe ich an meinem Arbeitsplatz fotografiert, das Mädchen ist meine mittlerweile 9 Jahre alte Tochter Lou. In 3D gebastelt habe ich hier nur die Hantel (mit ZBrush von Pixologic). Heute würde ich die Turnhalle vermutlich komplett in 3D konstruieren und mir bei der Hantel viel mehr Mühe geben, zum Beispiel anhand von realistischeren Texturen und einem HDRI-Lichtsetting.


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JOHN WILHELM

Adobe Stock: Wer sind deine Vorbilder, wer inspiriert dich?

John Wilhelm: Also, konkret waren Werke von Erik Johansson eine wichtige Inspiration für mich. Zu den Vorbildern meiner Lehrjahre, denen ich sehr viel zu verdanken habe, gehören auf jeden Fall auch noch Personen wie Uli Staiger, Ralf Mack oder Calvin Hollywood. Grundsätzlich lasse ich mich aber von allem inspirieren. Seien es nun Menschen, Filme, Computerspiele oder Alltagssituationen.

Adobe Stock: Welches sind deine liebsten Workflows und Tools von Adobe?

John Wilhelm: Ein Großteil meiner Arbeit spielt sich innerhalb von Adobe Lightroom CC und Adobe Photoshop CC ab. Jegliche Rohmaterialien (also auch gerenderte Szenen etc.) werden in Lightroom CC importiert und katalogisiert. Für den Zusammenbau dieser einzelnen Elemente und das ganze Postprocessing verwende ich dann Photoshop CC.

Adobe Stock: Nun wollen wir uns ein paar deiner Artworks genauer anschauen: Magst du uns etwas über das Bild mit der Schnecke auf dem Bahngleis erzählen?

John Wilhelm: “The rail snail” beinhaltet fast jede 3D-Technik, die ich mir in den vergangenen Jahren angeeignet habe. Das Schneckenhaus wurde per Photogrammetrie 3D-gescannt (Drehteller im Studio, ca. 120 Einzelbilder, Reality Capture), der Schneckenkörper und die restlichen Szenenelemente (Gleise, Boden etc.) wurden modelliert, die einzelnen Elemente in Cinema4D zusammengefügt und mit Octane Render gerendert. Zum Schluss wird alles in Photoshop CC geladen, um dem Bild den letzten Schliff und den gewünschten finalen Look zu verpassen.


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JOHN WILHELM

Adobe Stock: Welcher Aspekt stand bei dem Bild mit dem Eifelturm im Vordergrund? Wie bist du bei der Erstellung vorgegangen?

John Wilhelm: Die Idee hierzu ist mir während eines Italienurlaubs gekommen (die Inspiration war übrigens ein Kinderbuch). Meine Girls mussten dann in allen möglichen Posen im Sand rumwühlen, damit das 3D-Modell später irgendwie reinpassen würde. Ursprünglich sollte es ja das Kolosseum werden. Beim Ausprobieren bin ich dann aber beim Eiffelturm hängen geblieben. Den habe ich übrigens modelliert und dann einfach mit einer Sandtextur überzogen.


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JOHN WILHELM

Adobe Stock: Was kannst du uns über das Bild mit dem Regenschirm erzählen?

John Wilhelm: Diese Idee kam mir spontan während eines Spaziergangs im Regen. Den Regenschirm habe ich in 3D modelliert. Der Himmel ist eine Textur aus einem meiner Fotos, die dann auf die Innenseite gemappt wurde. Meine Tochter wurde im Studio fotografiert. Anstelle eines Regenschirmes hatte sie einen kleinen Studioblitz in der Hand, der stellvertretend für das Sonnenlicht eingesetzt wurde. Die einzelne freistehende Wolke habe ich übrigens ganz am Schluss noch per Photoshop CC eingebaut (die war am Anfang gar nicht geplant).


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JOHN WILHELM

Adobe Stock: Welche Projekte hast du für die Zukunft geplant? Was würdest du gerne mal machen?

John Wilhelm: Ich möchte einfach gesund bleiben und weiterhin alles ausprobieren, was sich im Fotografie- und im 3D-Sektor in Zukunft entwickelt.
Unterdessen habe ich mich übrigens auch in das 3D-Printing verliebt. Ein modelliertes 3D-Objekt via 3D-Drucker quasi in die Realität zu transformieren ist ein absolut geniales Gefühl.

Adobe Stock: Wie schätzt du die Relevanz von 3D ein? Gegenwärtig und für die Zukunft? Auch hinsichtlich der Stockfotografie?

John Wilhelm: 3D ist nicht mehr wegzudenken. Für die meisten visuellen Bereiche ist die Frage nicht mehr ob, sondern wann sich 3D etablieren wird. Vor allem auch im Stockbereich wird sehr viel rund um 3D geschehen. Einerseits der Handel mit 3D-Modellen und -Texturen, andererseits können ohne viel Aufwand verschiedene 2D-Versionen aus einer 3D-Szene gerendert werden (andere Perspektiven, Lichtsituationen, usw.). Das heißt nicht, dass jeder Fotograf sich zum 3D-Künstler transformieren muss. In größeren Projekten werden “3D-ler” und Fotografen immer mehr Hand in Hand arbeiten. Das machen sie ja heute schon.

Adobe Stock: Wir danken vielmals für das Gespräch.

Wie ihr seht, kann man mit 3D die außergewöhnlichsten Einfälle umsetzen. Welche humorvollen Szenarien John Wilhelm noch realisiert hat, könnt ihr euch in seinem Portfolio auf Adobe Stock ansehen. Wer sich nun gleich selbst ans Werk machen möchte, kann sich aktuell bei Erstanmeldung 10 Gratisbilder sichern und mit dem Tool Project Felix die ersten Schritte in die Welt des 3D-Designs machen.