Storytelling gehört zur DNA von Medienhäusern
Die Medienbranche und speziell die Verlagswelt stellen sich neu auf, um im digitalen Zeitalter mithalten zu können. Für Markus Hüßmann, MD von Bauer Xcel Media und PROOF, haben Verlage im Spiel mit Agenturen, Lesern, Kunden und Wettbewerbern noch immer einige Asse im Ärmel.
Haben Sie auch schon beobachtet, wie junge Leute ihre Smartphones anstatt ans Ohr flach vor den Mund halten, so als wäre es ein Knäckebrot, in das sie hineinbeißen wollen? Das sind Sprachnachrichten auf Whatsapp, heute wird eben zunehmend asynchron telefoniert. Anstatt direkt miteinander zu sprechen oder zu texten, zeichnen sie Sprachnachrichten auf und hören sie zeitversetzt an.
Medienangebote und Medienkonsum wandeln sich, teils radikal. Doch sollten wir deswegen nicht immer sofort von einer Krise reden – selbst dann nicht, wenn zugleich das mediale Rauschen immer lauter wird und die meistens Contents kostenlos sind. Die Weiterentwicklung von Print zu Crossmedia zum Beispiel ist eine natürliche. Solche Prozesse finden spätestens seit der Erfindung des Buchdrucks statt.
Content macht sich dieser Tage zunehmend von seiner Erzeuger-Plattform unabhängig. Messenger-Dienste wie der oben genannte sind ein gutes Beispiel dafür. Heute zählt der individuelle Leser/User/Zuschauer/Käufer und es geht weniger um die Frage, welcher Kanal besser ist, sondern welcher Kanal welches Bedürfnis am besten bedient. Wie muss ich meine Zielgruppe ansprechen? Wer sind unsere Konsumenten und welche Bedürfnisse haben sie? Medienunternehmen sind immer dann erfolgreich, wenn sie die Inhalte und Produkte liefern, die auf den Geschmack und die Interessen der einzelnen Konsumenten ausgerichtet sind. Qualität der Inhalte vorausgesetzt, liegt der Schlüssel hierfür in der Erhebung und Analyse des Leser- beziehungsweise des User-Verhaltens.
Neue Content-Anbieter und die Suche nach Erlösmodellen
Aber was ist heute eigentlich ein Medienunternehmen? Schwer zu sagen, denn nicht nur bauen Medienhäuser längst digitale Kompetenzen auf, kooperieren mit Technologieunternehmen oder erschließen alternative Geschäftsmodelle – auch IT-Firmen genauso wie Player abseits der klassischen Medienwirtschaft werden immer mehr zu alternativen Content-Anbietern. Die Grenzen zwischen der Medienindustrie und anderen Branchen werden fließender.
Ob Print oder digital – die große Frage für die Medienhäuser lautet, wie man Inhalte im Zuge der Digitalisierung heute und morgen noch monetarisieren kann. Neben der eh schon großen traditionellen Konkurrenz – wie behauptet man sich weiterhin gegen Koffeingetränkehersteller und Co., die ihre eigenen Magazine auf dem Markt werfen? Sollen online alle Inhalte frei zugänglich sein oder nur ein Teil? Und wenn letzteres: welcher Teil und zu welchem Preis? Für Erlösmodelle gibt es keine Zauberformel. Sie entwickeln sich permanent weiter. Viele Verlage entscheiden sich für Freemium-Modelle: Besonders exklusive Inhalte werden nur zahlenden Usern angeboten. Andere Medien setzen auf freiwillige Spenden, harte Bezahlschranken, transaktionale Geschäftsmodelle oder eine gewisse Anzahl an kostenfreien Artikeln, bevor bezahlt werden muss.
Vorher sind die Verlage Jahrzehntelang gut mit dem Verkauf und der Vermarktung von Print gefahren. Den Abverkauf mal ausgeklammert, gingen noch 2016 von insgesamt 30,9 Milliarden Euro Bruttowerbeausgaben in Deutschland rund 5 Milliarden in den Print-Sektor.
Sicher – den größten Umsatz erzielen wir bei Bauer noch immer mit dem klassischen Printgeschäft und wir haben auch Gründe, daran festzuhalten. Und auch andere tun dies. Die Süddeutsche etwa bringt die besten Artikel aus dem Magazin zu Weihnachten als Best-Of nochmal heraus. Artikel zweitverwerten? Und ein zweites Mal verkaufen? Warum auch nicht! Das macht die Musikindustrie doch auch. Gleichzeitig bauen die Häuser auch andere Säulen wie Radio und natürlich Digital weiter aus. Doch wer heute erfolgreich sein will, sollte einzelne Disziplinen nicht isoliert voneinander betrachten und begreifen, dass – insbesondere im Online-Geschäft – Bereiche wie PR, Social Media, Marketing und so weiter längst miteinander verwachsen sind. Das gilt für uns als Medienhaus genauso wie für unsere Kunden.
Im Kern geht es um Inhalte – und die Medienhäuser können das
Ob Content-, Influencer- oder Experiential Marketing – bei allen möglichen Marketing-Trends geht es letztlich um hochwertige, emotionale und passgenaue Inhalte. Sie sind der Dreh- und Angelpunkt moderner und effektiver Kommunikation. 2016 sind im DACH-Raum 6,9 Milliarden Euro von den Unternehmen in Content Marketing investiert worden, das entspricht einem Anteil von fast einem Viertel am oben genannten gesamten Marketingbudget.
Hier trennt sich auch bei den Agenturen die Spreu vom Weizen, denn externe spezialisierte Werbe- oder PR-Agenturen müssen ihr Leistungsportfolio entsprechend erweitern oder in Drittdienstleister investieren, um für ihre Kunden Content zu produzieren. Im direkten Vergleich haben die Medienhäuser einen zentralen Vorteil, denn Storytelling ist fester Bestandteil ihrer DNA. Eigentlich können nur sie alle Angebote integriert abdecken, sie haben die Erfahrungen und verfügen über skalierbare Ressourcen für die gesamte Leistungsbreite von Content und bieten Produktion, Vermarktung, Vertrieb, Leistungsmessung und vieles mehr. Daher ist es ein logischer Schritt, das Thema Content Marketing innerhalb des Verlagshauses zu zentralisieren. Dafür haben wir PROOF als Inhouse-Agentur gegründet, wir vernetzten so die unterschiedlichen Disziplinen miteinander und sind Ansprechpartner und Wissensvermittler für die Kunden. Wir vermarkten das Thema Content nicht nur, um unsere ursprünglichen Kernleistungen zu rechtfertigen, sondern aus der Überzeugung heraus, dass wir über den integrierten und agilen Ansatz nachhaltige Communities für Marken aufbauen können. Daher denken wir nicht mehr primär in Kanälen, sondern fragen uns vielmehr zuerst, was die beste Story für uns oder unsere Kunden ist.
Und wie oben angedeutet, haben auch Unternehmen abseits der Medienindustrie Storytelling als zentralen Bestandteil von Kommunikation längst erkannt. Medienhäuser können an dieser Stelle aber gleichzeitig Berater für diese Entwicklung sein – eben weil wir diesen Weg ja selber gegangen sind. Davon profitieren letztlich unsere Kunden genauso wie wir.