Campanda nutzt die kreative Energie von Wohnmobil-Fans

Das Berliner Startup ist der größte deutsche Online-Marktplatz für ein heiß begehrtes Produkt: Reisen mit dem Wohnmobil. Um weiter zu wachsen, setzt das Unternehmen es auf die Geschichten von echten Nutzern.

Campanda nutzt die kreative Energie von Wohnmobil-Fans

Wohnmobile haben ihr ehemals angestaubtes Image längst hinter sich gelassen. Das wird schnell klar, wenn man mit Mathias Rhode spricht. Nach Stationen bei StudiVZ, Modomoto und einer sechsmonatigen Weltreise leitet Rhode nun das Marketing beim international tätigen Online-Marktplatz für Wohnmobilreisen Campanda.

Im Interview mit CMO.com erklärt der Berliner Marketer, warum die Schlösser auf vier Rädern eine hochengagierte Fangemeinde haben und warum der persönliche Kontakt im Online-Geschäft oberste Priorität hat. Zunächst haben wir ihn aber gefragt, wie es im Ferienmonat August bei Campanda steht.

Mathias Rhode: Derzeit sind wir praktisch ausgebucht. Ein paar Fahrzeuge sind noch verfügbar, aber in beliebten Gegenden gibt es nichts mehr. Die Leute sind manchmal bereit, sehr weit zu fahren, um ein Wohnmobil abzuholen. Das ist ein extrem angesagtes Produkt. Wenn Sie ein Wohnmobil kaufen wollen, kann es passieren, dass Sie Wartezeiten von zwei Jahren haben.

CMO.com: Können Sie Ihre Flotte noch ausbauen?

Mathias Rhode: Das ist das Ziel. Wir haben mittlerweile fast jeden kommerziellen Anbieter auf der Website. Aber die privaten Anbieter, die wir jetzt seit zwei Jahren dabeihaben, wollen wir noch stärker erreichen. Wir müssen ein größeres Bewusstsein dafür schaffen. Gerade in Deutschland ist das Auto oder Wohnmobil immer noch der größte Schatz, den man nicht so gerne teilt. Wenn man aber genau hinschaut, ist das eine verrückte Kapitalbindung, 100.000 Euro für ein Wohnmobil auszugeben, das dann 49 Wochen im Jahr Standkosten verursacht und gleichzeitig eine Einnahmequelle sein könnte. Je nach Zustand und Ausrüstung kann man zwischen 80 und 250 Euro pro Nacht verlangen.

CMO.com: Wer ist Ihre Zielgruppe, sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite?

Mathias Rhode: Wir sprechen zum Großteil Familien mit Kindern und Paare ohne Kinder an. Es geht also um den Familien- und Pärchenurlaub. Bei den privaten Vermietern sprechen wir wiederum jene an, die bereit sind, ihr Wohnmobil mit anderen zu teilen, die es weniger als ihr Leben sondern mehr als leidenschaftliches Hobby begreifen. Manche Leute erben ihr Wohnmobil auch und haben eine gewisse Distanz dazu, das ist eine einfachere Gruppe für uns. Die unter 40-Jährigen sind für die Idee, ihr Wohnmobil zu vermieten, ebenfalls zugänglicher, als die über 40-Jährigen. Über Facebook schaffen wir mit langfristigen Erzählungen einen guten Zugang zur jüngeren Zielgruppe. Aber grundsätzlich ist noch mehr Überzeugungsarbeit zu leisten.

CMO.com: Welche Kanäle nutzen Sie insgesamt, um Ihre Zielgruppen zu erreichen?

Mathias Rhode: Wir sind breit aufgestellt. Unser Angebot bleibt in erster Linie ein Bedarfsprodukt. Leute, die sich eine Wohnmobilreise wünschen, finden uns im Internet – über Search, Suchmaschinenwerbung und -optimierung. Wir sind aber auch in den Push-Kanälen präsent. Wir haben Anfang des Jahres eine TV-Kampagne gelauncht, in der Schweiz haben wir im Radio geworben und wir sind sehr stark über Newsletter aktiv. Letzteren schicken wir zwar nur einmal im Monat raus, dafür aber mit wirklich gutem Content. So binden wir die Kunden und Interessenten an uns. Wir haben auch gemerkt, dass mehr Werbung für Reisen mit uns auch mehr private Wohnmobilbesitzer zu uns kommen lässt.

CMO.com: Warum haben Sie TV gewählt und was planen Sie noch?

Mathias Rhode: Im Reisebereich ist das Publikum sehr breit gefächert. Fernsehen bringt immer noch eine Reichweite mit sich, die andere Medien nicht haben. So können wir zum Beispiel auch das ältere Publikum erreichen. Zudem gibt es in Europa inzwischen über 30 Konkurrenzseiten. Da wollten wir die ersten sein, die einen TV-Spot haben.

Wir haben auch ein Magazin gelauncht. Das gibt uns die Möglichkeit zu zeigen, dass wir etwas von unserem Geschäft verstehen. Als Printversion wird es das bald auch für die Mieter geben. Unser Newsletter wiederum ist personalisiert auf Reisevorlieben. Weil Reise ein hochemotionales Thema ist, versuchen wir den Kunden eben im richtigen Moment zu erreichen.

Bei unseren Vans, also dem VW Bully zum Beispiel, sehen wir, dass die extrem gut ankommen. Kunden, die einen Van buchen, posten viele Bilder und Stories. Es gibt auf unserer Facebook-Seite viele Geschichten von unseren Kunden selbst. Die besten Ergebnisse erreichen wir im Marketing, wenn wir echte Geschichten erzählen von wirklichen Usern der Plattform. Das eignet sich sehr gut, um Vertrauen aufzubauen.

Und nach jeder Buchung und Reise werden die Kunden gebeten, Feedback zu uns, Fahrzeug, Vermieter und der Reise selbst zu geben. Die Kundenbewertungen sieht man dann unter dem jeweiligen Fahrzeug. Das kann für Vermieter ein ziemlicher Boost sein: Gute Bewertungen führen zu mehr Buchungen. Kundenbewertungen spielen bei uns eine wachsende Rolle, weil wir im Schnitt jedes Jahr drei Mal mehr Buchungen als im Jahr zuvor verzeichnen. Das heißt, dass viele neue Bewertungen nach dieser Reisesaison kommen werden.

CMO.com: Welche Rolle spielt das Kundenerlebnis?

Mathias Rhode: Das Thema Wohnmobil stellen sich die Kunden oft einfacher vor als es ist, besonders was die Reiseplanung, Regeln und Gesetze angeht, aber auch wie das Fahrzeug zu benutzen ist. Unser Anspruch ist zum einen, ein professionelles Online-Produkt zu liefern, das es einfach macht, ein Fahrzeug zu buchen. Aber es geht über die reine Vermittlungsleistung, was ja unser Kerngeschäft ist, hinaus. Wir sind auch Ansprechpartner und Berater vor und während der Reise.

Die Leute wollen sehen, dass ein Mensch hinter Campanda steht. Die persönliche Beratung ist da besonders wichtig, um Vertrauen zu schaffen, weil das teilweise riesige Warenkörbe sind – die höchste Summe, die wir je hatten, waren 18.000 Euro. Eine große Summe über eine Online-Plattform abzuwickeln, kostet viele Leute immer noch Überwindung. Wir haben festgestellt, dass der telefonische, persönliche Kontakt der wichtigste Faktor ist. Das direkte Gespräch mit Campanda ist der wichtigste Kontaktpunkt für uns. Wir sind kein Aggregator und keine Meta-Suchmaschine, sondern ein echter Online-Marktplatz. Das ist es, was uns ausmacht.

Nach der Buchung ist es dann der persönliche Kontakt zum Vermieter, der am wichtigsten ist. Mit einer guten Fahrzeugeinweisung steht und fällt die Vermietung. Darauf schulen wir auch die privaten Vermieter. Auf Seite der gewerblichen Vermieter wollen wir ein Produkt liefern, mit dem diese ihre Flotte managen können.

CMO.com: Wie hat die Digitalisierung das Reisen verändert?

Mathias Rhode: Den meisten gewerblichen Vermietern ist derzeit noch nicht ganz klar, was auf sie zukommt. Was zum Beispiel in der Hotelbranche passiert ist – nämlich dass 60 bis 70 Prozent der Buchungen online abgeschlossen werden –, das wird hier auch passieren.

Die Wohnmobilbranche erinnert mich ein wenig an das Hotelgewerbe in den 90er Jahren. Vieles wird noch über Wandkalender organisiert. Wir haben oft gehört: „Computer haben wir nicht so gern, da geht so viel verloren.“ Bei einem unserer größten Berliner Anbieter mit 50 Fahrzeugen wurde alles über Wandkalender verbucht. Unser Team war vor Ort und hat sich das angeschaut, um zu verstehen, wie wir ihnen das Leben so einfach wie möglich machen können.

Vielen ist noch nicht bewusst, dass sich die gesamte Reisebranche verändert. Der Kunde ist viel besser informiert, kann sofort Vergleichsangebote einholen. Die Reisenden haben eine konkrete Vorstellung, welches Fahrzeug sie wollen, welche Routen sie fahren wollen und in welcher Zeit. Der Informationsvorsprung des Kunden wird immer größer. Der Vermieter muss schauen, wie er da langfristig mithalten kann. Daher sehen wir uns auch als Partner in Sachen Digitalisierung für die gewerblichen Anbieter.

CMO.com: Welche Rolle spielt Mobile dabei?

Mathias Rhode: Wir sehen, dass Mobile der Initiator ist, und weniger der Punkt, an dem die Buchung abgeschlossen wird. Das liegt wohl daran, dass die Warenkörbe so groß sind. Es geht um eine für das Jahr einmalige Sache, die schönste Zeit des Jahres, wenn Sie so wollen. Da lässt man eben besonders viel Vorsicht walten und recherchiert sehr lang. Wir haben herausgefunden, dass sich das manchmal über 30 Tage hinzieht. Über Mobile beginnt die Customer Journey, über Desktop geschieht dann die Buchung und Bezahlung.

CMO.com: Wie geht es für Campanda weiter?

Mathias Rhode: Wir wollen vor allem auf unserem jeweiligen Domestic Market wachsen, die Buchungen schneller und einfacher machen und so mehr Reisen vermitteln. Was nahe für uns liegt, ist dem Kunden rund um das Wohnmobil und Camping weitere Dienste anzubieten, zum Beispiel einen Guide an die Hand zu geben oder bei der Stellplatzsuche behilflich zu sein.