Mit Influencern erschließt das Reisemarketing neue Wege zum Kunden

Influencer verändern derzeit die Reisebranche. Immer mehr Marken nutzen Strahlkraft und Reichweite der Social Media-Stars, um ihre Botschaften und Kommunikation in einem emotionalen und authentischen Kontext zu präsentieren.

Mit Influencern erschließt das Reisemarketing neue Wege zum Kunden

Internet und neue Technologien haben den Reisemarkt grundlegend verändert. Marken wie TripAdvisor, die alte Strukturen aufbrechen, haben ein neues Zeitalter der Transparenz eingeläutet. Inhalte, die von den Kunden selbst kommen, spielen dabei seit Jahren schon eine wichtige Rolle.

Manches Unternehmen geht inzwischen über User Content hinaus und arbeitet mit Influencern zusammen. Dem Marketing bescheren die Social Media-Stars einen neuen Kontext, mehr Authentizität und Persönlichkeit. Die Reisebranche – ehemals darauf fixiert, ihren Kunden einen Traum zu verkaufen – nutzt das Potenzial persönlicher Erfahrungen, um eine relevantere und emotionalere Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen.

Anna Whitehouse ist die Gründerin von Mother Pukka, einer Eltern-Lifestyle-Marke mit knapp 100.000 Followern auf Instagram. Sie ist der Meinung, dass dieser Wandel angetreiben wird vom Wunsch nach authentischen Erlebnissen. „Als Journalistin habe ich vor zehn Jahren über die funktionale Seite eines Ortes geschrieben: die Zimmer, das Essen, den Ausblick, die Freundlichkeit des Personals und so weiter. Wenn ich heute über Hotels und Reiseerlebnisse schreibe oder vlogge, hat das eine viel persönlichere Note“, sagt Whitehouse.

Weil sie auf ihrem Social Media-Kanal nicht einfach nur ein Hochglanzbild präsentiert, sondern ein ungeschöntes Reisetagebuch führt, kann die Influencerin eine unmittelbare Verbindung zu ihrem Publikum herstellen. Es gehe daher nicht mehr darum, „was ich an diesem Reiseziel machen kann“. Laut Whitehouse stellt sich heute eine ganz andere Frage: „Wie fühle ich mich dort?“. „Die Reiseunternehmen, mit denen wir arbeiten, sind an unseren persönlichen Erlebnissen interessiert und wollen keine Lobeshymne auf bekannte Attraktionen hören“, betont sie. „Vor einer Weile habe ich im Martinhal Resort ein lustiges Boomerang-Video im Swimmingpool aufgenommen, auf dem mein Ehemann meine lachende Tochter durch die Luft wirbelt. Das hat dem Unternehmen mehr Buchungen eingebracht als irgendein langer Artikel über ihre Infrastruktur und Angebote“, so Whitehouse.

Emotionale Verbindung

Der emotionale Kontext, den Influencer mit persönlichen Reiseerlebnissen schaffen, wird für immer mehr Unternehmen ein wichtiger Bestandteil ihrer Marketingstrategie. Laut Molly Malone, Social Media Campaign Manager bei Butlins, sind viele Unternehmen der Reisebranche davon überzeugt, dass sie am besten zeigen können, was sie zu bieten haben, wenn sie die Erlebnisse ihrer tatsächlichen Gäste teilen. Im Gegensatz zu aufpolierten Urlaubsbildern ruft echter User Content die positiven Gefühle eines „unvergesslichen Familienerlebnisses“ hervor. „Indem wir solche Bilder über unsere Social Media-Kanäle teilen, versuchen wir authentische Inhalte zu schaffen“, sagt Malone. „Das Gleiche gilt für die Blogger und Influencer, mit denen wir zusammenarbeiten. Sie alle berichten über ihre eigenen Erfahrungen mit der Butlins Experience. Dabei können sie mit ihrem eigenen Publikum interagieren und gleichzeitig auch mit unserem, weil wir ihren Content auf unseren Kanälen teilen.“

Die Branche hat erkannt, dass ihre bereits vorhandene Kundschaft ein wichtiges Marketing-Tool ist. Als das Influencer-Geschäft vor einigen Jahren für die Reisebranche interessant wurde, verschenkten die Unternehmen Reisen oder Hotelaufenthalte im Austausch für visuellen Content und Blogeinträge. Das hat sich laut Anthony Svirskis, Geschäftsführer von Tribe, geändert. „Influencer sind einfacher zu erreichen als jemals zuvor. Heute müssen Reiseunternehmen meist keine Reisen mehr verschenken. Sie können sich direkt mit Influencern vernetzen, die bereits an einem bestimmten Ort gewesen sind oder in dem jeweiligen Hotel übernachtet haben“, erklärt er. „Wer könnte besser über einen Aufenthalt in einem Hotel berichten als ein Influencer, der dort selbst gebucht hat?“

Laut Ben Tan, Executive Planning Director bei BBD Perfect Storm, wissen heutige Kunden, wie ein authentisches Erlebnis aussieht. Daher bestehe auch kein Bedarf mehr an zuckrigem Marketing oder professionell geschriebenen Artikeln. „Der Hunger nach Authentischem geht nur in eine Richtung. Während die Promis unter den Influencern allmählich von der kommerziellen Welt absorbiert werden, geht der Trend hin zum Micro-Blogger“, so Tan weiter. „Dort finden wir noch echte Freude, Empörung und ehrliche Empfindsamkeit mit der Glaubwürdigkeit einer durchschnittlichen Person. Praktischerweise ist das auch preiswerter und das Publikum ist stärker eingebunden.“

Aufgrund des kurzlebigen Charakters von Social Media kann das Community-Management für einen eigenen relevanten Micro-Blog viel Aufwand für ein Unternehmen bedeuten. Als Beispiel dafür, dass sich diese Investition aber lohnt, verweist Tan auf den Erfolg der Micro-Blogging-Community von Airbnb. Hier werden praktisch ohne Unterbrechung transparente und glaubwürdige Inhalte geteilt. „Wenn die klassische Kommunikation authentischen Echtzeit-Gesprächen weicht, ist das ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Tan.

Jenseits des Markenmoments

Zukünftig wird es immer mehr Kanäle geben, über die Influencer ihrem Publikum die Reiseziele nahebringen werden. Laut Trevor Hardy, Geschäftsführer von The Future Laboratory, stellen Augmented Reality, Virtual Reality und Live-Streaming den nächsten logischen Schritt dar. Die Werbekampagnen der Reisemarken lösten sich demnach vom zweidimensionalen Bild und lieferten stattdessen dynamische Erlebnisse.

Marketer sollten die Investition in Influencer keinesfalls als flüchtiges Phänomen betrachten. Ellie Gauci, Executive Strategy Director bei PSONA, ist der Ansicht, dass Kunden immer öfter auf Instagram nach Reisezielen und Aktivitäten vor Ort suchen werden. Durch diesen Wandel behalten auch archivierte Posts ihre Wichtigkeit. „Bilder auf Social Media sind die Währung der Reisebranche“, so Gauci. „Investitionen in diese Plattformen müssen also oberste Priorität haben.“

Influencer Content

Auch in der Werbung lernt man allmählich, aus dem authentischen Kontext, den Influencer Content herstellt, Kapital zu schlagen. Laut Ian Samuel, Chief Commercial Officer der Influencer-Plattform Buzzoole, wird Influencer Content immer häufiger in den klassischen Medien eingesetzt. Dieser Trend hätte erhebliche Auswirkungen auf die traditionellen Werbeagenturen.

„Die Zeit der großen Agenturen, die den Markt beherrschen und das Sagen haben, ist vorbei“, so Samuel. „Da Unternehmen und Kunden im Influencer-Bereich direkt miteinander kommunizieren können und reichlich User Content vorhanden ist, stellt sich immer öfter die Frage, ob Agenturen überhaupt noch nötig sind.“

Wenn Influencer den Reiseanbietern, Hotels und Co. einen authentischen Glanz verleihen können, der auf den verschiedensten Plattformen einen emotionalen Zugang zum Kunden ermöglicht, wird ihre strategische Bedeutung für Marketer auf lange Sicht wachsen.