Innovation und Relevanz sind Krispy Kremes‘ Hauptzutaten
Die amerikanische Doughnut-Bäckerei Krispy Kreme wurde vor 84 Jahren gegründet und zählt Heidi Klum, Madonna und Beyoncé zu seinen Fans. Kürzlich wurde das Unternehmen von der deutschen Milliardärsfamilie Riemann gekauft. Wie hat es das Unternehmen geschafft, so beliebt zu werden?
Krispy Kreme ist die Geschichte eines Mannes: Vernon Rudolph. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1933 kaufte er ein Doughnut-Rezept auf Hefebasis und den Markennamen Krispy Kreme von einem französischen Koch in New Orleans.
84 Jahre später gibt es die Marke noch immer. Laut amerikanischem Aktienindex S&P 500 betrug die durchschnittliche Lebensdauer der größten US-Unternehmen im Jahr 1965 rund 33 Jahre. Einer Prognose zufolge verkürzt sich diese bis 2026 auf 14 Jahre. Für einen Doughnut-Hersteller ist das also eine beachtliche Leistung. Sogar so beachtlich, dass der schwerreiche deutsche Unternehmerklan der Riemanns das internationale Unternehmen vor wenigen Monaten übernahm, um sein US-Portfolio weiter auszubauen. Aber dazu später mehr.
Seinen Erfolg hat Krispy Kreme vor allem dem unnachgiebigen Geschäftssinn Rudolphs zu verdanken und seiner Fähigkeit, die Marke stets relevant zu halten. Dafür musste das Unternehmen in der Lage sein, sein geschäftliches Rezept mit einer kräftigen Prise Innovation zu verbessern.
Volles Risiko
Richtig in Gang kam die Geschichte von Krispy Kreme allerdings erst 1937. Vernon Rudolph war fest entschlossen, sich selbstständig zu machen. Gemeinsam mit zwei Freunden, dem Markennamen Krispy Kreme und 200 Dollar in der Tasche sollte das Vorhaben in die Tat umgesetzt werden. Mit den letzten verbleibenden 25 Dollar dieses Startkapitals mieteten die Unternehmer in Winston-Salem im US-Bundesstaat North Carolina ein Gebäude an der Hauptstraße an und kauften Zutaten und Ausrüstung auf Kredit.
In den gemieteten Räumlichkeiten entstand eine Großbäckerei, in der zwischen Mitternacht und 4 Uhr morgens gebacken wurde, sodass der Duft nach frischen Doughnuts noch in der Luft hing, wenn die Menschen am Morgen zur Arbeit gingen.
Es duftete so verführerisch, dass Passanten fragten, ob sie das, was da gebacken wurde, kaufen könnten. Rudolph, ein leidenschaftlicher Tüftler, hatte im Handumdrehen eine Idee: Er ließ eine Öffnung ins Mauerwerk schlagen, durch die er direkt an die Menschen auf der Straße verkaufen konnte – das war der Beginn des Einzelhandels von Krispy Kreme.
Die Familie Rudolph legte sich mächtig ins Zeug, um das Geschäft voranzubringen und eröffnete kurz darauf im Süden der USA eine Handvoll Verkaufsstellen.
Intelligentes Marketing
Dabei hatte Krispy Kreme nie einen großen Werbeetat. Stattdessen verließ man sich auf Mundpropaganda und Gratisproben. Das kostenlose Verteilen von Produkten im richtigen Moment ist einer der prägenden Marketingtricks des Unternehmens.
Seit 1955 unterstützte die Familie zudem Spendenaktionen und Menschen, die auf der Suche nach Sponsoren waren. Dazu verkaufte die Marke Doughnuts zum Einkaufspreis und gestattet den Käufern, sie mit Gewinn weiterzuverkaufen – Hauptsache das Ganze diente einem guten Zweck.
Die Idee ist genial, denn bei vielen der bedürftigen Organisationen handelt es sich noch heute um Schulen oder Jugendverbände wie die Pfadfinder. Die Kinder verkaufen die Doughnuts an andere Kinder, sammeln damit Spenden für einen guten Zweck und werben gleichzeitig eine neue Generation von Doughnut-Hungrigen an. Krispy Kreme liefert auf Anfrage auch Hüte und Luftballons für die Veranstaltungen.
Automatisierung macht den Unterschied
Getrieben vom Konkurrenzdruck und dem Wettlauf um das hochwertigste Produkt gründete Rudolph im Jahr 1947 drei Innovationsabteilungen, in denen er Ingenieure und Mechaniker beschäftigte. Es dauerte keine zwei Jahre bis eine eigene Maschine für die Doughnut-Produktion entwickelt war.
Die sogenannte Ring-King Junior war extrem effizient, sparte Platz und Zeit und verbrauchte weniger Zutaten. Mit ihr verwirklichte Rudolph seine Vision, durchweg erstklassige Produkte zu erzeugen und gleichzeitig die Kosten zu senken. Die Automatisierung, die damals wie ein Lauffeuer durch die USA fegte, ist mit der heutigen Software-Automatisierung vergleichbar, die gerade unsere Arbeitswelt verändert.
Bei Krispy Kreme können Kunden die Doughnut-Maschinen meist durch ein Fenster sehen und den Herstellungsprozess verfolgen. Durch diese Art der Transparenz wird Vertrauen aufgebaut.
Heiße Neuigkeiten
Viele Filialen des Franchises haben ein rotes Neonschild mit der Aufschrift „Hot Now“ an der Außenwand, das aufleuchtet, sobald die Krapfen aus dem Ofen kamen. 1992 wurden die Schilder eingeführt, um Passanten und Autofahrern mitzuteilen, dass gerade in diesem Augenblick heiße, duftende Doughnuts in den Laden kamen.
Nachdem 2007 das erste iPhone auf den Markt kam, stürzten sich viele Unternehmen auf die App-Entwicklung – und konnten oft nicht mehr als eine mobile Kopie ihrer Website vorweisen. Krispy Kreme beglückt seine Kunden seit 2012 mit einer digitalen Version des „Hot Now“-Schildes, der Hot Light App. Die App ist mit den Neonschildern der Filialen in der Umgebung synchronisiert und informiert Kunden automatisch darüber, wenn das „Hot Now“-Schild aufleuchtet. Außerdem hilft sie mit der Navigation, damit die Kunden zum Laden finden, solange die Doughnuts noch heiß sind. Was die Personalisierung angeht, haben Benutzer die Möglichkeit, ihre Lieblingsfiliale und Präferenzen für die Benachrichtigung festzulegen.
Die App von Krispy Kreme erfüllt alle fünf Voraussetzungen, die eine Marke meiner Ansicht nach erfüllen muss, um erfolgreich zu sein:
- Sie ist schnell. Wenn man Auto fährt, steckt das Handy meist in einer Halterung am Armaturenbrett.
- Sie ist relevant. Heiße Doughnuts zaubern der ganzen Familie ein Lächeln ins Gesicht.
- Sie ist hilfreich. Nur einmal tippen und schon weiß man, wie man zum Laden kommt.
- Sie ist authentisch. Die Doughnuts werden gerade in diesem Moment frisch gebacken.
- Sie ist personalisiert. Der Kunde legt fest, wie und für welches Geschäft er benachrichtigt werden möchte.
Der letzte Bissen
Harte Arbeit, die Atmosphäre eines Familienbetriebs und das Streben nach Qualität haben Krispy Kreme zu einem Branchenführer gemacht, der von den Kunden geliebt wird. Das Unternehmen ist seit 2000 an der Börse notiert und betreibt mehr als 1.000 Niederlassungen in 29 Ländern. Auf den Erfolg wurde auch der Milliardenschwere Riemann-Clan aufmerksam. Mitte des Jahres kaufte die deutsche Unternehmerfamilie den amerikanischen Doughnut-Hersteller für 1,18 Milliarden Euro. Die Backwaren passen wiederum wunderbar zur Riemannschen Kaffee-Supermarke Jacobs Douwe Egberts.
Seiner Mission – hochwertige Produkte herzustellen und einen herausragenden Kundendienst zu leisten – ist Krispy Kreme immer treu geblieben. Das Unternehmen hat sich den wechselnden Bedürfnissen und Geschmäckern seiner Kunden angepasst und ist deshalb heute genauso relevant wie in den 1930ern. Mit dieser Mischung wurde die Marke zum festen Bestandteil der US-amerikanischen Kultur. Die Doughnut-Marke hatte Cameo-Auftritte in „Sex and the City“ und bei den „Sopranos“ und kann auf so berühmte Fans wie Madonna und Beyoncé zählen.
Wer heute ein Unternehmen gründen und Krispy Kreme in puncto Langlebigkeit nacheifern möchte, sollte sich mit dem innovativen Geschäftskonzept von Vernon Rudolph vertraut machen.