Digitaler Behörden-Portalverbund kommt nur langsam voran
Die neue Bundesregierung ist noch lange nicht gebildet und ob es darin einen Digitalminister geben wird, steht in den Sternen. Wie dringend notwendig aber Initiativen für das Digital Government sind, hat jetzt auch der Präsident des Steuerzahlerbundes festgestellt. „Die Bundesregierung tut viel zu wenig bei der Digitalisierung der Verwaltung, eGovernment in Deutschland gibt es de facto nicht”, beklagte Reiner Holznagel kürzlich auf einem Kongress in Rostock. Den hehren Worten aus Berlin seien bisher keine Taten gefolgt.
So sind nach Meinung Holznagels „trotz Milliarden-Ausgaben im IT-Bereich rund 80 Prozent der rund 3000 Verwaltungsprozesse nicht digitalisierbar“. Denn noch immer gibt es beispielsweise zahlreiche Rechtsvorschriften, die ein persönliches Erscheinen im Amt erforderlich machen. Immerhin haben Bund und Länder in diesem Monat die Grundlage für einen Portalverbund im Internet gelegt. Damit soll es künftig möglich sein, dass Bürger in nur einem Internetportal Anträge stellen können – egal welche Behörde letztlich zuständig ist.
Grundprinzipien der Architektur sind beschlossen
Die dafür notwendigen Grundprinzipien für die technische Architektur wurden bei der Herbstsitzung des IT-Planungsrates in Potsdam beschlossen. Ziel ist ein bürger- und unternehmenszentrierter Verwaltungszugang, der den elektronischen Gang zur Behörde unkompliziert und zugleich sicher gestaltet. Die Zeit drängt: Denn das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG) verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, binnen fünf Jahren alle Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale digital verfügbar zu machen und diese Portale zu einem einheitlichen Verbund zu verknüpfen.
Darüber hinaus hat der IT-Planungsrat in seiner Sitzung mehrere elektronische Standards verabschiedet, darunter den Standard XFall. Dieser soll sicherstellen, dass die erfassten Daten aus verschiedenen Antragsportalen medienbruchfrei in die entsprechenden Fachverfahren der zuständigen Behörden übertragen werden. Bisherige Verwaltungsportale sollen dazu – unter Berücksichtigung der föderalen Strukturen in Deutschland – verknüpft werden.
Intelligente Verknüpfung und standardisierter Ansatz
Laut aktueller Untersuchungen zufolge nutzen erst 45 Prozent der Menschen in Deutschland Digital-Government-Angebote, in Österreich sind es dagegen 74 Prozent. Eine der Ursachen dafür ist, dass die verschiedenen Behörden in Deutschland unterschiedlich weit mit ihren eGovernment-Projekten sind. Eine zentrale Lösung kommt aber aus politischen Gründen nicht in Frage. Der Deutsche Städtetag hat erst kürzlich wieder vor der Gefahr zentralistischer Strukturen gewarnt, die es unmöglich machen, Bestehendes einzubinden. Er fordert stattdessen „die intelligente Verknüpfung statt zentraler Neustrukturierung“. Damit ließen sich zudem erhebliche Kosten einsparen.
Ich kann da nur auf das Beispiel von Kanada verweisen. Dieses Land zeigt, dass ein effizientes Verwaltungsportal mit einem optimalen „Bürgererlebnis“ auch in einem Land mit föderalen Strukturen realisierbar ist. Zusammen mit Adobe hat die Regierung dort ein Projekt zur Konsolidierung aller vorhandenen Internet-Auftritte der Behörden gestartet. Dazu wurden im ersten Schritt rund 11 Millionen einzelne Webseiten auf eine neue Web-Service-Plattform umgestellt, die auf Basis von Adobe Experience Manager (AEM) and Adobe Analytics arbeitet. Ein historisch gewachsener IT-Dschungel konnte so auf eine einzige benutzerzentrierte Plattform migriert werden.
Für die Mitarbeiter in den Behörden bringt dieser standardisierte Ansatz mit Hilfe der Adobe‑Lösungen nicht nur eine deutliche Arbeitserleichterung durch das einheitliche Management. Sondern auch das Sicherheitsniveau ist höher. Gleichzeitig reduzieren sich die Kosten. Mit Hilfe von „Werkzeugkästen“ und vorkonfigurierten Elementen können Verwaltungen auf allen Ebenen ihre Websites an den Bundesstandard anpassen und sich nahtlos in das gemeinsame Bürger-Portal integrieren.
Das Schöne an diesem Vorgehen: Man kann einfach anfangen und schrittweise vorankommen. Dazu braucht es nur den politischen Willen und die Erkenntnis, dass man die Bürgerinnen und Bürger nicht noch weitere zig Jahre vertrösten kann, bis sie endlich ihre Behördengänge elektronisch erledigen können.