Digitale Kundenbeziehung: Wie reif sind die deutschen Unternehmen wirklich?
DAO heißt im Chinesischen wörtlich „Weg“ oder „Pfad“ mit der Bedeutung „Methode“ oder „Prinzip“. Der Digitalverband Bitkom benutzt es aber auch als Akronym für „Digital Analytics & Optimization“. Dieser Begriff steht für die ständige Analyse der qualitativen und quantitativen Daten eines Unternehmens und seiner Wettbewerber, um auf dieser Basis die Kunden-Interaktion stetig zu optimieren. Kurz gesagt: Es geht um datengetriebenes Marketing.
Digital Analytics & Optimization Maturity Index als Benchmark
Auf einer Pressekonferenz stellte der Verband jetzt die Ergebnisse einer repräsentativen Studie vor, für die im Rahmen des Projektes „DAOMI 2017“ rund 1.000 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern aus allen Branchen zu diesem Thema befragt wurden. Aus den Antworten errechneten die Marktforscher von Bitkom Research erstmals einen „Digital Analytics & Optimization Maturity Index“ (DAOMI). Dieser Wert drückt aus, inwieweit Unternehmen verschiedener Branchen und verschiedener Größen heute schon die Möglichkeiten der Datenanalyse und ‑optimierung für sich nutzen.
Viele digitale Touchpoints, aber wenig Mehrwert
96 Prozent der Unternehmen mit 20 oder mehr Beschäftigten gaben in der Befragung an, digitale Berührungspunkte mit ihren Kunden zu haben. Dabei handelt es sich vor allem um eine Unternehmens-Webseite (87 Prozent), aber auch Newsletter und Mailings (58 Prozent), Online-Shops (51 Prozent) oder ein digitaler Kundenservice (50 Prozent) werden häufig angeboten.
4 von 10 Firmen setzen auf Suchmaschinenoptimierung (40 Prozent), 3 von 10 auf Online-Communities, Foren und Portale (34 Prozent) oder Social Media (29 Prozent), rund jedes fünfte auf Online-Werbung (22 Prozent), 9 Prozent auf Apps. Aber nur zwei Drittel der Unternehmen (65 Prozent) erheben und analysieren Daten über das, was ihre Kunden online interessiert und was sie dort machen. Nur jedes Zweite (53 Prozent) gibt an, aus diesem DAO-Prozess auch einen direkten Mehrwert für das Unternehmen zu erzielen.
Erhebliche Branchenunterschiede bei der digitalen Kundeninteraktion
Im Fokus des DAOMI-Reifegradmodells steht – im Unterschied zu anderen Methoden – die digitale Interaktion mit dem Nutzer. Der Digital Analytics & Optimization Maturity Index gibt also Auskunft darüber, wie gut Unternehmen heute bereits darin aufgestellt sind, ihre Kunden- und Nutzerinteraktionen qualitativ und quantitativ so auszuwerten, dass sie ihr gesamtes Marketing effektiv optimieren können. Für die Gesamtwirtschaft in Deutschland liegt der Indexwert, auf einer Skala von 0 bis 100, momentan bei 26.
Doch gibt es hier laut der Studie zwischen den Branchen deutliche Unterschiede: Während die Automobilindustrie und der Handel im Gesamtdurchschnitt mit Indexwerten von 31 bzw. 30 vorne rangieren, sind Verlagswesen & Medienproduktion mit einem Indexwert von 19 weit abgeschlagen. Andere Branchen wie Chemie & Pharma, Banken & Versicherungen, Maschinen- & Anlagenbau oder Tourismus liegen mit einem Wert von jeweils 27 dazwischen.
Bei den Großunternehmen überholt Chemie & Pharma die Automobilhersteller
Wobei Großunternehmen branchenübergreifend schon mehr als doppelt so weit wie kleinere Betriebe sind. Sie beschäftigen aber auch deutlich mehr Mitarbeiter für dieses Themenfeld und planen größere Investitionen. Da die „Nachzügler“ Tourismus und Finanzwirtschaft für 2017 die größten DAO-Investitionen geplant haben, werden sie im nächsten Jahr vermutlich weiter vorne liegen.
Schon heute ist es so, dass sich das Bild bei der Betrachtung der größeren Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern deutlich verschiebt: Denn hier bilden die Branchen Chemie & Pharma (Index von 54) sowie Verlagswesen & Medienproduktion und Maschinen- & Anlagenbaubau (jeweils 53) das Spitzentrio.
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Ein Reifegradmodell zur Standortbestimmung
Bevor der neue Index ermittelt werden konnte, musste zunächst erst einmal zur Standortbestimmung in Bezug auf Digital Analytics & Optimization ein Reifegradmodell entwickelt werden. Diese Aufgabe übernahm der Bitkom-Arbeitskreis Digital Analytics & Optimization, in dem neben Anwenderfirmen auch Wissenschaftler und etliche Anbieter entsprechender Lösungen mitarbeiten – darunter auch Adobe. Dieses Reifegradmodell basiert auf einer Matrix – bestehend aus einer mehrdimensionalen und vielstufigen Kriterienliste – und kann in Form eines Hauses mit sechs Dimensionen dargestellt werden:
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Insgesamt fließen 38 ausgewählte Indikatoren in die Berechnung des Index ein – von Datenqualität und den genutzten digitalen Touchpoints auf der Customer Journey über die Weiterbildung der Mitarbeiter bis hin zur bereichsübergreifenden Kommunikation von Erkenntnissen im Unternehmen.
Die Berechnung des DAO-Reifegrades erfolgt sowohl pro Dimension als auch insgesamt, um so Entwicklungspotentiale aufzuzeigen und einen übergreifenden Benchmark zu ermöglichen. Dazu dient auch die Entwicklung eines webbasierten Umfrage-Tools für das Self-Assessment. Mit diesem können Unternehmen sich künftig direkt an den aktuellen Befragungsergebnissen für ihre Branche messen.
Das entscheidende Fazit der Studie: Durch die Anwendung von statistischen Methoden, Big Data-Algorithmen und künstlicher Intelligenz werden die Daten zu einer mächtigen Quelle der Erkenntnis und stellen eine wichtige Entscheidungsgrundlage eines modernen, datengetriebenen Unternehmens dar. Damit nimmt dann auch die Bedeutung digitaler Kundenbeziehungen branchenübergreifend weiter zu.
Wer mehr Details zu der Studie erfahren will, muss noch etwas Geduld mitbringen. Im nächsten Frühjahr – am 23. März und am 27. April 2018 von 10 Uhr bis 11 Uhr – führt Bitkom Research zusammen mit der Bitkom Akademie zwei Live-Online-Seminare dazu durch. Unterdessen kann aber auch die Ergebnispräsentation der Pressekonferenz hier kostenlos heruntergeladen werden.