Digitaler Bürgerservice: Überfällig und längst möglich

Unternehmen der Pri­vatwirtschaft haben bei inno­v­a­tiv­en dig­i­tal­en Erleb­nis­sen die Nase ganz klar vorn, während die beim Bun­desver­wal­tungsamt gelis­teten 908 Behör­den mit dieser Entwick­lung kaum Schritt hal­ten kön­nen. Im Gegenteil.

Laut dem ger­ade veröf­fentlicht­en eGov­ern­ment MONITOR 2017 wird die Nutzung dig­i­taler Behör­den­di­en­stleis­tun­gen in diesem Jahr sog­ar um vier Prozent­punk­te auf 41 Prozent sinken. In Deutsch­land zeigt sich somit im Langzeit­trend seit 2012 eine Stag­na­tion der E‑Gov­ern­ment-Nutzung. In Öster­re­ich (74 Prozent) und der Schweiz (61 Prozent) liegt dieser Anteil deut­lich höher.

Ger­ade ein­mal 54 Prozent der Bürg­er sind in Deutsch­land mit den vorhan­de­nen dig­i­tal­en Ange­boten zufrieden (2016: 62 Prozent). Die Gründe bleiben: Online-Ange­bote sind nicht bekan­nt (48 Prozent), die Anschaf­fung zusät­zlich­er Hard­ware ist notwendig (48 Prozent), eine voll­ständi­ge Abwick­lung im Inter­net ist nicht möglich (47 Prozent). Außer­dem steigen in diesem Jahr die Daten­sicher­heits­be­denken ins­ge­samt wieder an, wobei die jün­geren Befragten grund­sät­zlich offen­er sind, Dat­en zur Ver­fü­gung zu stellen.

In allen drei unter­sucht­en Län­dern wün­schen sich die Bürg­er eine schnelle Reak­tion auf Anfra­gen inner­halb von ein bis drei Tagen. Eine zen­trale Anlauf­stelle im Inter­net für Anliegen sowie die Möglichkeit ein­er Sta­tus­abfrage, ähnlich der Sende­v­er­fol­gung von Paketen, liegt bei den Pri­or­itäten eben­falls vorne.

„Ziehen Sie eine Num­mer“ ist so 90er

Eine Num­mer ziehen, in der Warteschlange ste­hen und im Weit­er­leitungssumpf der Hot­lines Wurzeln schla­gen, ist nicht nur uncool und ver­al­tet, son­dern ver­grault angesichts vielfach­er pos­i­tiv­er Beispiele aus der Wirtschaft immer mehr Bürg­er. Es geht darum, die Geschwindigkeit und Bequem­lichkeit dig­i­taler Dien­ste sin­nvoll zu nutzen, etwa durch eine Online-Ter­min­ver­gabe und die Ver­mei­dung von Wartezeit­en auf dem Amt.

Wie wichtig der Zeit­fak­tor auch bei der Nav­i­ga­tion auf ein­er Web­site ist, hat ger­ade die For­rester Cus­tomer Life­cy­cle Sur­vey her­aus­ge­fun­den. Danach brechen 53 Prozent der Befragten ihre geplanten Online‑Käufe ab, wenn sie nicht schnell genug die richti­gen Antworten auf ihre Fra­gen find­en. Ob Schuhe online bestellt oder Antworten auf kom­mu­nale Gebühren­sätze für das Abwass­er gesucht wer­den: Für die Nutzer ist das gle­ich und sie erwarten eine entsprechende Unter­stützung.

Daher müssen die Behör­den beson­ders hart an ihren derzeit­i­gen Ange­boten feilen, um das bequeme und hohe Niveau dig­i­taler Ser­vices aus der freien Wirtschaft zu erre­ichen. Die Bürg­er haben häu­fig einzi­gar­tige Prob­leme, die indi­vidu­elle Absprachen mit Behör­den­mi­tar­beit­ern oder per­sön­liche Vor-Ort-Gespräche erfordern. Dies in dig­i­tal­en Kanälen abzu­bilden, bleibt eine ständi­ge Her­aus­forderung. Doch wenn diese gelöst wird, steigt nicht nur die Zufrieden­heit der Bürg­er. Die Ver­wal­tun­gen kön­nen auch immense Kosten einsparen.

E‑Government reduziert Kosten

Online-Behör­den­por­tale ermöglichen den schnellen und all­ge­gen­wär­ti­gen Zugang zu Infor­ma­tio­nen – und das zu einem Bruchteil der Kosten ander­er Kanäle. For­rester schätzt, dass Online-Self-Ser­vice-Por­tale in den USA nur 10 Cent pro Inter­ak­tion kosten. Im Gegen­satz dazu muss für eine Inter­ak­tion via E‑Mail 2,50 Dol­lar aufge­bracht wer­den, Online-Chats schla­gen mit 5 Dol­lar zu Buche und die Bear­beitung von Call-Cen­ter-Anrufen kostet die Ver­wal­tung sog­ar 12 Dol­lar pro Kon­takt. In der Unter­suchung wur­den per­sön­liche Gespräche nicht berück­sichtigt, diese erfordern aber noch mehr Zeit und Ressourcen.

Neben den direk­ten Kosteneinsparun­gen bei der Bere­it­stel­lung von Infor­ma­tio­nen und Dien­stleis­tun­gen über das Inter­net lässt sich zudem auch indi­rekt Geld sparen. Und zwar dank ein­er reduzierten Frus­tra­tion der Mitar­beit­er. Die graue All­t­agsmo­not­o­nie, immer wieder diesel­ben Fra­gen zu beant­worten, gilt als ein­er der Haupt­gründe, warum etwa Call-Cen­ter-Mitar­beit­er sich nach neuen Stellen umsehen.

Das dürfte im deutschen Behör­de­nall­t­ag vor Ort nicht anders sein. Wenn Ver­wal­tun­gen klare, leicht ver­ständliche und gut zugängliche Antworten zu häu­fi­gen Fra­gen online anbi­eten, ent­lastet das also auch die Beamten und reduziert langfristig die Per­son­alkosten. Übrigens lassen sich mit Hil­fe von E‑Government auf vielfältige Weise noch deut­lich mehr Kosten eins­paren, wie dieses Posi­tion­spa­pi­er von Vitako zeigt.

Kul­tur­wan­del und leicht ein­set­zbare Technologien

Achim Wambach, Präsi­dent des Zen­trums für Europäis­che Wirtschafts­forschung und Vor­sitzen­der der Monopolkom­mis­sion, hat ger­ade in der „Zeit“ unter der Überschrift „Wie der Staat die Dig­i­tal­isierung ver­pen­nt“ ein Klagelied anges­timmt. Sein Vorschlag für eine rasche Verän­derung der Sit­u­a­tion: „Damit Deutsch­land beim E‑Government nicht noch weit­er zurück­fällt, ist ein Kul­tur­wan­del in den Behör­den nötig. Vor allem die föderale Zusam­me­nar­beit zwis­chen Bund, Län­dern und Kom­munen muss erhe­blich verbessert wer­den, damit die Umset­zung dig­i­taler Lösun­gen nicht an Ver­wal­tungs­gren­zen scheit­ert.

Das ist die eine Seite. Aber um die dig­i­tale Dien­stleis­tungslücke im öffentlichem Sek­tor zu schließen und das Bürg­er­erleb­nis zu verbessern, bedarf es auch schnell ein­set­zbar­er erprobter Tech­nolo­gien. Diese find­en sich nun mal in der Wirtschaft, wo Unternehmen nicht erst seit gestern zeigen, wie es geht. Voneinan­der zu ler­nen und Erfahrun­gen zu teilen, ist daher ein sehr guter Weg, um gemein­sam voranzukom­men.

Wenn Sie sich als Ver­ant­wortlich­er in ein­er Behörde auch Gedanken darüber machen, wie Sie den dig­i­tal­en Wan­del erfol­gre­ich anpack­en sollen oder an konkreten Beispie­len inter­essiert sind, set­zen Sie sich ein­fach mit mir in Verbindung. Ich berate Sie gerne.