Customer Experience ist der Schlüssel zum Erfolg

Die Kunden sind längst digital, ihre Erwartungen gestiegen. An der digitalen Transformation kommt daher kaum ein Unternehmen vorbei. Warum der Kunde in den Mittelpunkt gehört und kleine Schritte dabei besser sind als der Big Bang.

Die Digitalisierung unserer Wirtschaft ist das Gebot der Stunde. Kein Kongress, kein Wahlkampfauftritt von Politikern und keine ernstzunehmende Zeitung kommt mehr ohne das Thema aus. Das Problem dabei: Zwar reden alle über Digitalisierung, sie meinen damit aber völlig unterschiedliche Dinge.

Während die einen unter dem Stichwort der Digitalisierung ein schnelles Internet für alle fordern, haben andere das Internet of Things oder Industrie 4.0-Projekte im Sinn. Und wieder andere befürchten, dass die deutsche Wirtschaft im Kontext der Digitalisierung den Verbraucher übersieht. Der Verbraucher dagegen ist bereits digital, die Kunden eines jeden Unternehmens sind bereits digital. Sie nutzen mobile Endgeräte und Online-Angebote und erwarten jederzeit ein hervorragendes Angebot: optimal im Hinblick auf Relevanz, Qualität, Einfachheit und so weiter. Eine gute Customer Experience entsteht aus der Summe der Erlebnisse eines Kunden mit einer Marke. Viele gute Erlebnisse schaffen Vertrauen und können begeistern, wenige schlechte Erlebnisse zerstören das Vertrauen schnell und führen zu Enttäuschung.

CX = Unternehmenserfolg

Die Relevanz guter Customer Experience zeigt sich sogar bei den Börsenwerten von Unternehmen: Die wertvollsten Unternehmen der Welt sind allesamt für ihre hervorragende Customer Experience bekannt. Die folgende Grafik vergleicht die Marktkapitalisierung von Google, Apple, Facebook und Amazon mit dem DAX:

Quelle: Daten – boerse-online.de, 22.09.2017, Grafik: H. König

Die Grafik illustriert den Zusammenhang zwischen Customer Experience und Unternehmenserfolg, CX ist ein Treiber von Wertschöpfung. Diesen Zusammenhang bestätigt auch die Studie von Forrester, die im Zeitraum von 2010 bis 2015 für CX Leader einen Vorsprung beim „Compound Average Revenue Growth“ von 14% nachweist.

Wenn wir uns einig sind, dass Customer Experience ein relevantes Unternehmensziel ist, bleibt nur noch die Frage, wie wir eine gute Customer Experience erreichen können. Customer Experience ist eine multidisziplinäre Aufgabe, die außerdem in zwei Dimensionen betrachtet werden sollte.

Customer Experience als ganzheitliche, multidisziplinäre Aufgabe

Weil die Summe aller Erfahrungen mit einer Marke die Bewertung der Qualität der Kundenerlebnisse bestimmt, muss eine Customer Experience Strategie auch alle Phasen der Kundenbeziehung in den Blick nehmen. Natürlich gehört dazu auch das Marketing, jedoch gleichermaßen der Vertrieb, der Service und auch Rückabwicklung oder Entsorgung. Während Marketing und Vertrieb bei vielen Unternehmen noch Hand in Hand gehen, bekommt die Kundenbeziehung mit dem Kauf oft eine neue Qualität. So bekommen Konsumenten oft den Eindruck, Kundenservice oder gar die Rücknahme alter Geräte seien eher ungeliebte Kostenverursacher. Dass das auch anders geht, zeigt beispielsweise Apple. Muss ein Gerät repariert werden, schickt Apple dem Kunden eine passgenaue Versandverpackung zu, holt das Paket ab und kümmert sich um eine zügige Abwicklung. Für die Rückgabe von Altgeräten können Apple-Kunden online ganz einfach ein vorfrankiertes Versandetikett bestellen und für qualifizierte Geräte gibt es sogar noch eine Gutschrift.

Grundsätzlich sind alle Abteilungen gefordert, auch dann, wenn sie keinen direkten Kundenkontakt haben, etwa die Produktentwicklung, das Gebäudemanagement, die Logistik, die Servicetechniker und Monteure. Nur Unternehmen und Marken, die sich konsequent an den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden ausrichten, erschaffen eine Customer Experience, die über das Markenversprechen hinausgeht. Eine solche Nutzererfahrung erzeugt viele positive Erlebnisse und stärkt somit die Kundenbindung. Ein einziges Negativerlebnis kann dagegen den Gesamteindruck nachhaltig beeinträchtigen und die Kundenbindung zerstören.

Zwei Dimensionen: Mit Kundenbedürfnissen die Wertschöpfung optimieren

Beispiele hervorragender Customer Experience bestechen dadurch, dass sowohl die Kundeninteraktion als auch die Leistung der Marke immer wieder positiv überraschen. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist die Entwicklung von Amazon. Als digitaler Bücherladen anfangs noch belächelt, hat sich das Unternehmen aus Seattle entlang der Kundenbedürfnisse zum führenden Online-Marktplatz weiterentwickelt. Der entscheidende Unterschied zu anderen E-Commerce-Plattformen war der, dass Amazon nicht vom Produkt her dachte, sondern aus den Bedürfnissen der Kunden innovative Ideen und neue Geschäftsfelder abgeleitet hat. Zusätzlich hat Amazon die Kundeninteraktion permanent optimiert: Schnelle Bestellungen, einfacher Checkout, reibungsloser Versand – das alles sind positive Interaktionen, die Kunden zufriedenstellen. Und zufriedene Kunden kommen immer wieder.

Customer Experience Leader haben sowohl die Dimension der Kundeninteraktion digital optimiert, als auch die Dimension der eigenen Wertschöpfungskette. Wenn die Optimierung dieser beiden Dimensionen zu gelungenen Kundenerlebnissen beiträgt, sprechen wir von einem Experience Business.

Wo anfangen?

Die konsequente Ausrichtung eines Unternehmens an den Bedürfnissen und Erwartungen seiner Kunden ist eine holistische Herausforderung, die nur gelingen kann, wenn das Top-Management den Imperativ annimmt: Customer Experience ist Chefsache. Dazu muss ein Unternehmen sich nicht von heute auf morgen neu erfinden oder gar radikale, komplexe und risikoreiche Veränderungsprojekte mit teuren externen Beratern umsetzen. Für die meisten Unternehmen gilt, dass sie die optimale Experience für ihre Kunden nur selbst entwickeln können. Denn es ist wichtig, die DNA des Unternehmens, die Stärke der eigenen Produkte und der Wertschöpfungskette zu erhalten und die eigene, individuelle Antwort auf die Anforderungen der Kunden zu finden.

Der Prozess, mit dem diese Evolution gelingen kann, ist ein altbekannter: der kontinuierliche Verbesserungsprozess. Mit dem Buy-In des Top-Managements und der notwendigen Offenheit gegenüber den eigenen Mitarbeitern, können Unternehmen die Ausrichtung auf den Kunden schaffen. Auf dem Weg dahin wird ein kultureller Wandel stattfinden: Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt erhalten eine Stimme, Kollegen werden ermutigt zu experimentieren. Fehler schnell zu erkennen und daraus zu lernen wird als Stärke begriffen, Daten werden zur Grundlage von Entscheidungen.

Dies ist ein großer Schritt, jedoch kein Big Bang, sondern ein erster Schritt hin zu einem modernen, offenen und kollaborativen Unternehmen.