Drei Mythen zum Kundenerlebnis und was an ihnen dran ist

Es kursiert so manche falsche Vorstellung vom Kundenerlebnis, davon, wie man es verbessern und messen kann und wer verantwortlich ist. Die drei häufigsten nehmen wir hier unter die Lupe.

Drei Mythen zum Kundenerlebnis und was an ihnen dran ist

Unternehmen gewinnen die Aufmerksamkeit und Treue der Kunden immer häufiger durch das Markenerlebnis. Das klingt zunächst unkompliziert, doch viele Unternehmen tun sich schwer damit. Nur warum? Ein authentisches und einheitliches Kundenerlebnis funktioniert unabhängig vom Kanal. Daher muss der Kunde im Mittelpunkt aller geschäftlichen Aktivitäten stehen. Um diese Aufgabe zu meistern müssen sich Unternehmen manchmal völlig neu aufstellen.

In vielen Branchen herrschen Fehlvorstellungen davon, wie man das Kundenerlebnis verbessern und messen kann und wer im Unternehmen verantwortlich dafür ist. Im Folgenden nehmen wir uns die häufigsten Mythen vor und erklären, worauf es ankommt.

Mythos #1: Das Kundenerlebnis ist was für den Marketingchef oder CIO.

Zwar tragen meist leitende Manager die Verantwortung für das gesamte Kundenerlebnis. Für die Umgestaltung des gesamten Unternehmens besitzen sie aber weder die erforderlichen Befugnisse noch den nötigen Weitblick. Ein einheitliches und auf allen Kanälen ansprechendes Kundenerlebnis können sie nur schwer gewährleisten. Den Marketingchef mit der Entwicklung und Ausführung des Kundenerlebnisses oder den CIO mit der kundenseitigen Technologie zu beauftragen, reicht nicht. Die Unternehmensführung muss begreifen, dass das Kundenerlebnis im digitalen Zeitalter jeden Organisationsbereich und alle Prozesse und Systeme umfasst. Wenn der Geschäftsführer die Zügel nicht in die Hand nimmt und jeden ausschlaggebenden Prozess, jedes Team und jede Entscheidung auf das Kundenerlebnis hin ausrichtet, gibt es schlicht und einfach kein zusammenhängendes Kundenerlebnis.

Um die Vision des Geschäftsführers umzusetzen, sind Führungskräfte mit umfassenden und funktionsübergreifenden Kenntnissen am besten geeignet. Diese können alte Strukturen aufbrechen und Veränderungen durch ihren Einfluss vorantreiben. In manchen Unternehmen gibt es zu diesem Zweck den Chief Marketing Technology Officer (CMTO), der die Aufgabe hat, Marketing und Technologie miteinander zu verknüpfen, über den Tellerrand hinauszublicken, anhand der Vision konkrete Konzepte und Pläne zu entwickeln und die digitale Transformation in den Bereichen Marketing, Kommunikation und IT rigoros voranzubringen. Der CMTO ist quasi der Aktivist, der durch kleinteilige Innovationen die Umgestaltung des Unternehmens forcieren und dabei dessen Komplexität und Dimensionen berücksichtigen soll.

Mythos #2: Technologien im Zusammenhang mit dem Kundenerlebnis sind kompliziert und funktionieren meistens nicht.

Viele sind der Ansicht, dass Technologie zu kompliziert ist, zu viel Aufmerksamkeit erfordert oder gar die Kreativität und die Geschäftsstrategie ausbremst.

In Wirklichkeit haben viele Unternehmen aber nur häppchenweise in Technologien investiert, was zu unnötiger Komplexität und Lücken im Kundenerlebnis geführt hat. Wundern Sie sich, warum Ihnen Ihr Lieblings-Modehändler unsinnige Marketingbotschaften schickt? Höchstwahrscheinlich hat das Unternehmen kein vollständiges Bild von Ihnen, Ihren Kommunikationspräferenzen und arbeitet mit mehreren Technologien, die nur einigermaßenfunktionieren.

Das Marketing der digitalen Ära ist komplex. Technologien haben ihren Platz nicht mehr im Backoffice, sondern sind mittlerweile das wichtigste Kommunikations-Tool zwischen Marke und Kunden. Weil sie im Verlauf ihrer Entwicklung auch an die Komplexität des Marketings angepasst wurden, müssen Marketer gewissenhaft arbeiten, um sie zu verstehen und zu zähmen. Wehmütige Nostalgie nach den Mad Men-Zeiten des Marketings ist da fehl am Platz, denn mithilfe von Tech können wir der komplizierten digitalen Welt Herr werden. Allerdings müssen Marketingverantwortliche dann auch darauf pochen, dass ihre Technologien mehr als nur einigermaßen gut funktionieren.

Amazon ist in Sachen Kundenerlebnis ein Überflieger, weil sich Jeff Bezos über die Entwicklung und den Aufbau der Technologie, die das Kundenerlebnis unterstützt, wirklich Gedanken gemacht hat. Schon 2002 beharrte er darauf, dass alle Komponenten der Amazon-Technologie so gebaut wurden, dass sie mühelos über Web-Protokolle miteinander kommunizieren konnten – und wer da nicht mitspielen wollte, durfte seinen Hut nehmen. Sein Plan ging auf, denn das Amazon-Kundenerlebnis gehört nicht von ungefähr zu den besten – die Technologie des Unternehmens ist in der Branche einzigartig.

Mythos #3: Das Kundenerlebnis ist nicht messbar und lässt sich nicht in ROI beziffern.

Unternehmen fällt es extrem schwer, Investitionen in das Kundenerlebnis mit Geschäftsergebnissen abzugleichen. Viele versuchen es deshalb erst gar nicht. Vor Kurzem führten wir eine Umfrage unter 223 Experten für Marketingtechnologie durch, bei der etwa ein Drittel (31 Prozent) der Befragten erklärte, dass ihr Unternehmen keinerleiMetriken zur Messung des Kundenerlebnisses anwendet. Dabei werden die Aktionäre von Unternehmen, bei denen das Kundenerlebnis im Mittelpunkt steht, mit ausgezeichneten Renditen verwöhnt. Forrester Research hat zum Beispiel festgestellt, dass die für das Kundenerlebnis verantwortlichen Führungskräfte ein viel höheres Umsatzwachstum (17 Prozent) erzielen als weniger involvierte Manager (3 Prozent).

„Was du nicht messen kannst, kannst du nicht steuern“, heißt eine Unternehmer-Weisheit. Natürlich ist das Messen und Nachverfolgen des Kundenerlebnisses eine komplexe Angelegenheit – für die Optimierung ist es aber entscheidend. Neben vielen branchen- und geschäftsspezifischen Messwerten gibt es auch einige universelle Metriken, wie die Gesamtbewertung des Kundenerlebnisses, den Net Promoter Score (NPS), die Dauer der Problemlösung, die Stimmung in den sozialen Netzwerken und Customer Lifetime Value. Nach sorgfältiger Analyse und der Aufstellung und Anwendung passgenauer Bewertungsparameter können Unternehmen ihre Kräfte bündeln, um das Kundenerlebnis zu beeinflussen und für bessere Geschäftsergebnisse zu sorgen.

Das Nervige an diesen Mythen ist, dass sie schnell zu selbsterfüllenden Prophezeiungen werden. Deshalb ist es umso wichtiger, sie rechtzeitig zu erkennen und entschlossen gegen sie vorzugehen.