„Nichts wirkt sich auf das Business mehr aus, als Customer Experience“
Warum sollen Unternehmen Experience überhaupt zum Kernthema machen, wie ist der Status in Deutschland, Europa – und wie klappt der Einstieg ins Experience Business – auch für traditionelle Unternehmen?
Zu diesen Themen sprachen wir beim Adobe Symposium in München mit den Adobe Experten Garret Ilg, Stefan Ropers und Hartmut König:
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- Garrett Ilg, President EMEA Adobe
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- Stefan Ropers, Managing Director Central Europe Adobe
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- Hartmut König, CTO Central Europe Adobe
Warum lohnt sich Customer Experience für Unternehmen?
Hartmut König: Wir messen heute jede Experience mit einer Marke an der besten Experience, die wir überhaupt kennen. Früher war es überhaupt kein Problem zehn Minuten auf ein Taxi zu warten, heute sagen wir nach MyTaxi oder Uber: „Wieso braucht der vier Minuten? Geht das nicht auch in zwei?“. Diese Dinge die gestern noch Innovation waren, sind heute unverzichtbar. Dafür gibt es tausende Beispiele, wie zum Beispiel online einen Flug einzuchecken. Wenn das mal nicht klappt, geht die Markenwahrnehmung runter und viele wissen gar nicht mehr wie normal einchecken überhaupt geht.
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Garret Ilg: Experience bedeutet, direkt mit dem Kunden zu kommunizieren, und wird dadurch zu einem riesigen Faktor für das Marktpotenzial. Wer Digitalisierung nur betreibt, um zum Beispiel effizienter zu arbeiten, verbessert damit ebenfalls sein Business – aber nichts wirkt sich mehr aus, als Customer Experience, da es direkt die Verkaufszahlen erhöht. Experience-getriebene Unternehmen werden profitabler und erfolgreicher sein – weil näher am Kunden – und mehr Loyalität genießen.
Wie steht es ums Experience Business in Europa?
Garret Ilg: Alle verstehen, dass sie nah an den Kunden ran müssen. Das digitale Zeitalter hat uns eine Menge Werkzeuge und Möglichkeiten beschert, aber auch viele Bedrohungen. Zum Beispiel von viel kleineren Konkurrenten, die zwar nicht die Ressourcen haben, aber Möglichkeiten sehr nahe an den Kunden heranzukommen, oder einfach weil sie den Kunden besser verstehen. „Bigger is better“ funktioniert nicht immer. Dazu kommt der Druck durch die Globalisierung. Man konkurriert nicht mehr lokal, sondern global.
Deswegen ist der Vorstoß Richtung Digitalisierung derzeit intensiver und dringender als zuvor. Gleichzeitig haben wir in Europa viele traditionelle Marken mit einer langen Geschichte, die eigentlich ihre Kunden genau kennen und sich mit Loyalität und Kundenbeziehungen sehr genau auskennen.
Wie können sich Unternehmen in Sachen Software aufstellen?
Hartmut König: Agil, agil, agil. Schnell, schnell, schnell. Nicht mehr Software kaufen im Sinne von „wie passe ich die auf meine Prozesse an“, sondern so wie sie gedacht ist. „Minimal viable product“ ist hier die Devise, aber oft gegen die DNA in Deutschland. Inkrementell, also mit kontinuierlicher Verbesserung, sind die Ingenieure in Deutschland die besten. Bei disruptiver Veränderung muss man sich trauen, mit einem unvollkommenen Produkt auf den Markt zu gehen. Die erste Version von Whatsapp konnte nicht mehr als SMS schicken – nur ein bisschen besser. Damit haben die begonnen und sind mit Erfahrungen daraus gewachsen.
Garret Ilg: Experience bringt auch Kreativität mit ins Spiel – zusammen mit der Vernetzung haben Sie dann Kunst und Wissenschaft. Man kann die besten Apps, die besten Kanäle und die beste Display Werbung der Welt haben – wenn kein großartiger Content dort hineinkommt, wird man damit nicht die Aufmerksamkeit der Kunden gewinnen. Wir brauchen also kreative Tools – die Adobe als einziger bieten kann – um damit großartige Assets zu gestalten, die wir dann in eine einheitliche Infrastruktur bewegen, die Analyse möglich macht, denn Daten sind essentiell wichtig. Daten sind die Basis für Entscheidungen und Kurskorrekturen. So wird Personalisierung möglich. Wir können dann den richtigen Content, an die richtige Person, zur richtigen Zeit ausliefern.
Was bedeutet Experience Business für die IT?
Hartmut König: Technologie ist ein Enabler für Experience Business. Gleichzeitig heißt es für die IT, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Es geht nicht mehr um Wasserfall-Prozesse, sondern in eine Agilität hineinzukommen und dem Ganzen eine Leichtigkeit zu geben, die viel stärker ein verwobenes Arbeiten ist. Ich habe mit einem Kunden gesprochen, der zwischen Business und IT ein digitales Joint Venture gegründet hat, als eine neue Abteilung. Fachleute für IT und Experience stemmen darin gemeinsam die Projekte mit superschnellen Entscheidungsprozessen. IT muss sich heute nicht selbst mehr so wichtig nehmen, aber kann gleichzeitig wichtiger, als Treiber von Innovation werden – das ist ein Riesending. IT könnte der Mittler sein im Unternehmen.
Was müsste der Mittelstand in Deutschland tun, um einzusteigen?
Stefan Ropers: Der Startpunkt ist die Kundenzentriertheit, die der Mittelstand ja oft schon hat. Diese muss sich um den direkten Kanal mit den elektronischen Interaktionsmethoden erweitern. Das kann eine Erweiterung des Produktes sein. Das bedeutet Online-Kanäle, Apps, aber auch die Touchpoints, die physisch sind, auszubauen. Es gibt im Moment interessante Diskussionen, wo es darum geht, das Physische mit dem Digitalen zu verbinden. Eine Modellpalette mit 40 Autos kann zum Beispiel in keinem Autohaus mehr abgebildet werden. Also ist eine Überlegung zum Beispiel Testfahrcenter aufzubauen und die Interaktion auf eine Testfahrt auszurichten. Allein das Digitale reicht nicht, gerade in einem Land mit vielen physischen Produkten.
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Wie kann die Adobe Experience Cloud dem Mittelstand helfen, den ersten Schritt ins Experience Business zu schaffen?
Stefan Ropers: Wir haben im letzten Jahr stark daran gearbeitet, den ersten Schritt zu vereinfachen. Wir haben mit Partnern gearbeitet, die den Mittelstand gut kennen. Es geht darum, Budgets und die Komplexität einer Experience Lösung hinzubekommen. Daher versuchen wir dem Eigentümer klar zu sagen, was er als Payback zurückbekommt, indem wir simple Use Cases wie eine Produktkampagne oder der Anbahnung eines Events wie der Hannover Messe anbieten. Was kann ich tun, um Daten zu sammeln und meine Kunden da gezielter anzusprechen? Dabei kann sich der Mittelständler von einem Partner in der Implementierung unterstützen lassen – zu einem Preispunkt, der für einen Mittelständler erschwinglich ist. Digitale Reife kann also auch in Schritten passieren, statt diesem großen Wurf, der für viele einfach nicht verdaulich ist.