Einzelhandel: Das Internet der Aktionen kommt
Einen „Blick in die Zukunft des Einzelhandels“ verspricht der Schweizer Convenience- und Food-Service-Anbieter Valora. Das Unternehmen hat jeden Tag über eine Million Kundenkontakte in rund 2.800 Verkaufsstellen und betreibt seit drei Jahren das Valora Lab mit Experten in Zürich und San Francisco. Sie beobachten die weltweiten Entwicklungen und Trends im Retail-Markt, um neue Technologien für bessere Einkaufserlebnisse oder die Nutzung von innovativen Services zu erforschen.
Zusammen mit dem Institute For the Future (IFTF), einer unabhängigen, gemeinnützigen Forschungsorganisation, hat der Einzelhändler untersucht, wie sich das Web im nächsten Jahrzehnt von einem „Internet der Informationen“ hin zu einem „Internet der Aktionen“ wandeln wird. Zwischenstation ist das „Internet of Things“ (IoT), über das bis zum Jahr 2020 rund 37 Milliarden neue Gegenstände miteinander verbunden sein sollen.
„In den nächsten zehn Jahren wird eine Vielzahl an technologischen Fortschritten die Art der Aktionen, die vernetzte Maschinen und Sensoren ausführen können, radikal erweitern. Dank günstiger Hardware und erweiterter Konnektivität werden selbst die kleinsten Gegenstände eine Verbindung zum Internet herstellen können, um Daten zu teilen und zu empfangen“, erwartet Cyril Dorsaz, Digital Innovation Manager im Valora Lab.
Dabei werden sich die Gegenstände auf verschiedenen Intelligenzniveaus befinden. Einige vernetzte „Dinge“ teilen bereits heute Basisdaten mit ihren Benutzern, zum Beispiel wie und ob Lampen eingeschaltet sind oder wie hell sie leuchten. In naher Zukunft sollen diese Gegenstände über eine hoch entwickelte Intelligenz verfügen und so in der Lage sein, Informationen mit größeren Ökosystemen zu teilen und autonome Aktionen auszuführen.
Neue Services verbessern Kundenerlebnis
Bereits heute gibt es einige Beispiele für diesen Trend: In San Francisco bietet etwa das Versicherungsunternehmen Metromile eine App an, die den Fahrer in Notfällen benachrichtigt. Etwa wenn sein Auto in einer Straße geparkt ist, die gereinigt werden soll. Ziel ist es, rechtzeitig teure Knöllchen zu vermeiden. Das InsureTech-Startup, dass mit einem Meilen-abhängigen Kfz-Versicherungstarif die Branche aufmischt, will mit solchen Services das Kundenerlebnis revolutionieren.
Das hat auch der Weiße‑Ware-Hersteller Whirlpool vor. Er bietet vernetzte Geräte an, die intelligente Funktionen des Nest-Thermostats nutzen können, so dass Waschmaschine und Trockner automatisch das Programm für optimale Textilpflege und Energieeffizienz wählen.
„Während wir noch viele Jahre davon entfernt sind, das volle Potenzial des Internets der Aktionen zu erschließen, haben einige Einzelhändler bereits erste Schritte gemacht, um diesen neuen Trend zum Vorteil ihrer Kunden zu nutzen“, so Cyril Dorsaz. Der Einzelhandelsgigant Amazon eröffnete etwa mit Amazon Go den ersten Lebensmittelladen mit „just walk out technology“. Darin arbeiten Kameras, Sensoren und selbstlernende Algorithmen zusammen, um die Bewegungen der Käufer zu verfolgen und einen nahtlosen Checkout zu ermöglichen.
Vernetzte Haushalte als Umsatzbringer
„Haushalte könnten zu einem der wichtigsten Standorte werden, in denen Einzelhändler das Internet of Actions nutzen“, glaubt Dorsaz. Marktstudien gingen davon aus, dass bis 2020 vermutlich mehr als 100 Millionen US-Haushalte mindestens ein Smart-Home-Gerät besitzen werden. Diese eröffnen den Einzelhändlern viele neue Möglichkeiten für die Interaktion mit den Kunden und schaffen neue Einkaufserlebnisse schaffen.
Dorsaz: „So werden Kühlschränke in nicht allzu ferner Zukunft automatisch das Lieblingsgetränk ihrer Besitzer bestellen. Und die Kaffeemaschine wird Kapseln nachbestellen, sobald sich diese dem Ende zuneigen“. Dies alles biete eine große Chance für den Einzelhandel, da vernetzte Haushalte in Zukunft einen erheblichen Anteil des Geschäfts ausmachen könnten.