Retail 2018: Die Kundenängste werden nicht kleiner
Immer mehr E‑Commerce-Anbieter setzen auf Personalisierung, Voice Commerce oder Künstliche Intelligenz. Denn – so das Ergebnis vieler Studien – eine persönliche Kundenbindung wirkt sich positiv auf Gewinne und Umsätze aus. Die Händler sprechen ihre Kunden deshalb zunehmend mit individualisierten Angeboten an, indem sie diese beispielsweise an die Bestellhistorie anpassen.
Doch so einfach scheint die Sache nicht zu sein. Denn laut einer repräsentativen Befragung, die von der Shopping- und Vergleichsplattform idealo Anfang 2018 durchgeführt wurde, lehnt es mehr als die Hälfte der befragten Verbraucher ab, dass der Handel ihre Daten speichert und analysiert.
Daten gegen attraktive Vorteile tauschen
56 Prozent der Deutschen geben an, dass sie Angst davor haben, zu einem „gläsernen Kunden“ zu werden. Sie befürchten, dass Firmen zu viel über sie und ihre Vorlieben wissen. Erhalten die Verbraucher aber durch die freiwillige Angabe persönlicher Daten im Gegenzug attraktive Vorteile oder Rabatte, ändert sich das Bild. Denn dann geben sie diese Daten wiederum gerne an den Shop heraus (52 Prozent).
https://blog.adobe.com/media_e3a7e050e23fd392a074bab9ad615fe6ddb145ea.gif
Einfach nur auf Basis der bisherigen Käufe weitere Produkte empfohlen zu bekommen, nervt laut der Studie mittlerweile 53 % der Befragten. Solche individualisierten Angebote sind offensichtlich weniger relevant als bisher angenommen. Auch die Automatisierung des Kontakts mit Hilfe von Kundenservice-Assistenten, den Chatbots, stößt bei 39 % der Befragten auf Ablehnung. Die digitalen Helfer werden höchstens toleriert, wenn es um Unterstützung bei Bestellprozessen geht, so die überwiegende Meinung der Online-Shopper.
https://blog.adobe.com/media_b18ef6b4313290f07cba43a84abf75d1cad06a5d.gif
Und was ist mit Smart-Home-Geräten mit integriertem Sprachassistenten wie Google Home oder Amazon Echo, dem Hype des letztjährigen Weihnachtsgeschäfts? Nur wenige Deutsche besitzen laut der Studie bereits einen digitalen Assistenten oder planen den Kauf – zum einen, weil sie keinen Bedarf sehen (68 %), und zum anderen, weil sie Angst haben, dass „ununterbrochen Jemand mithört“ (48 %).
Andere Konsumenten genießen die Vorzüge dieser neuen Technik jedoch: Diejenigen, die bereits einen digitalen Sprachassistenten besitzen – gerade einmal 21 % – meinen, dass sich ihr Alltagsleben durch die Anschaffung eines Gerätes spürbar verbessert hat. Drei Viertel der Eigentümer von Voice-Assistants sehen das so.
Meinung der Verbraucher ist zwiegespalten
„Anhand der Daten lässt sich erkennen, dass die Meinung der Konsumenten zwiegespalten ist: Sie lassen sich gern auf etwas Neues ein, allerdings sind die Neuheiten mit Vorsicht zu genießen“, konstatiert die Studie. Frei nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht” seien die Deutschen eher skeptisch, was neue technische Errungenschaften im E‑Commerce angeht. Augenscheinlich sei der Einzelhandel in der digitalen Denke weiter vorangeschritten als seine Kunden.
Das bestätigt auch eine Übersicht über innovative Retail-Technologien, die cmo.com kürzlich zusammengestellt hat. Dazu zählt der Einsatz von Augmented Reality und Virtual Reality ebenso wie das Nutzen von Sprachtechnologien, Künstlicher Intelligenz, Dronen oder neue Checkout-Systeme ohne Warteschlangen an den Kassen. Weltweit erproben Einzelhändler bereits solche Lösungen.
Doch wie lässt sich der Widerspruch zwischen diesen Entwicklungen und den nach wie vor existierenden Ängsten der Verbraucher auflösen? „Der Online-Handel muss die Konsumenten besser abholen, besser informieren und ihnen Dinge wie Big Data oder Datennutzung näher erläutern“, empfiehlt die Studie. Den Verbrauchern müsse die Angst genommen werden, ihre Daten preiszugeben und sie müssten besser verstehen wie neue E‑Commerce-Techniken – etwa individualisierte Angebote oder Kauf über einen Kauf-Button usw. – funktionieren und wie ihre persönlichen Daten dabei genutzt (und nicht ausgenutzt) werden.