Von Kunden gesteuert, steigt Virgin Atlantic mit „Heartfelt Service“ in die Höhe

Kundenzentriertheit gehört von Anfang an zu dem was Virgin Airlines besonders macht. CMO Claire Conin verrät, wie die Airline dieses Prinzip umsetzt – und warum das allein nicht reicht.

Von Kunden gesteuert, steigt Virgin Atlantic mit „Heartfelt Service“ in die Höhe

Claire Cronin begann ihre Marketing-Karriere bei der Barclays Bank, wechselte aber in die Reiseindustrie zu NetJets, Europas größter privater Geschäftsfluggesellschaft. Danach kam sie 2014 als Kunden- und Marketingdirektorin zu Virgin Holidays, wo sie Customer Experience und Marketing unter einem Dach vereint.

Anfang letzten Jahres wechselte Cronin zu Virgin Atlantic, um dort als CMO tätig zu werden. In unserem Interview bitten wir Cronin sich an den Moment zu erinnern, als Virgin Airlines beschlossen hat, Customer Experience zum Business zu machen. (Cronin ist Speaker auf dem Adobe Summit EMEA in London, der am 3. und 4. Mai stattfindet).

Cronin: Unser Fokus auf die Kundenerfahrung reicht bis zur Gründung des Unternehmens im Jahr 1984 zurück. Richard Branson glaubte, dass der Flug das Unglaublichste war, was der Mensch je getan hatte, aber damals waren transatlantische Flüge aus Großbritannien oft langweilig und business-like. Er schaute sich die Experience, die diese Fluggesellschaften anboten an, und meinte, dass es etwas Besseres geben müsse, was Virgin umsetzen könnte. Also gründete Virgin eine Fluggesellschaft.

Das Geschäft basierte auf dem Glauben, dass, wo immer Sie im Flugzeug saßen, egal in welcher Kabine Sie sich befinden, Sie ein unglaubliches Kundenerlebnis haben würden.

CMO.com: Was tat Virgin Atlantic als erstes, um das Kundenerlebnis in das Geschäft zu integrieren?

Cronin: Wir haben zunächst untersucht, was unsere Kunden wünschen, wenn Sie an Bord gehen und welchen Wert was für sie hat. Sie erzählten uns, was sie schätzten: gutes Essen und Trinken im Flugzeug und tolle Filme, um sie zu unterhalten.

Ursprünglich gab es nur zwei Kabinen in einem Flugzeug - die First-Class Experience, die wir Oberklasse nennen, und die Economy. Wir glaubten, dass es eine Möglichkeit gab, eine dritte Kabine zu entwickeln, die als Premium Economy bezeichnet wird. Es gibt den Kunden die Möglichkeit, einen etwas größeren Sitz und etwas mehr Beinfreiheit und Komfort haben. Aber es bot ihnen auch mehr Feinschmecker-Erlebnisse - mit einem strukturierten Drei-Gänge-Menü, das auf Porzellantellern serviert wurde. Deshalb haben wir uns immer dafür eingesetzt, zu verstehen, was unsere Kunden schätzen, und diese Erwartungen zu erfüllen. Das hat sich auch im Wi-Fi für unsere gesamte transatlantische Flotte gezeigt, da unsere Kunden immer häufiger an Bord in Verbindung bleiben wollen - sei es geschäftlich oder privat.

CMO.com: Wie sind Sie intern strukturiert, um dies alles möglich zu machen?

Cronin: Wir haben ein engagiertes Customer Experience-Team, das an Mark Anderson berichtet, der alles kontrolliert, womit unsere Kunden während und außerhalb des Fluges in Berührung kommen. Die gesamte Flugbesatzung und das Flughafenpersonal sind ihm unterstellt, während sein Team auch die gesamte Datenerhebung überwacht.

Unsere Abteilung für Kundenerfahrungen arbeitet mit allen Teilen des Unternehmens zusammen, um sicherzustellen, dass das gesamte Unternehmen auf den vier Säulen der Kundenerfahrungen oder den „vier E´s“ aufgebaut ist.

Das erste E steht für Engagement. So stellen wir sicher, dass wir die richtige Verbindung zu unseren Kunden herstellen und das, was wir liefern, personalisieren. Wir haben daran gearbeitet, den Inhalt unserer Kunden-E-Mails zu personalisieren, indem wir ihre früheren Aktivitäten mit uns als Auslöser genutzt haben. Also könnten wir sagen: “Willkommen zurück, Daniel. Möchten Sie wieder Platz 2A buchen?”

Die zweite Säule ist die Begeisterung. Hier suchen wir nach Möglichkeiten, unsere Kunden sowohl am Flughafen als auch auf dem Flug selbst zu überraschen und zu begeistern. Vor Jahren haben wir kleine Dinge gemacht, die ziemlich verspielt waren. Zum Beispiel die Salz- und Pfefferstreuer, die die Form eines Flugzeugs haben. Wenn man sie umdreht, liest man auf dem Boden “Pinched from Virgin Atlantic”. Wir sind immer auf der Suche nach solchen Dingen, um die Kunden zu überraschen und zu begeistern.

Das dritte E steht für Exzellenz. Es geht darum, reibungslose, nahtlose Prozesse im gesamten Unternehmen zu schaffen, um es dem Kunden so einfach wie möglich zu machen, mit uns ins Geschäft zu kommen.

Die letzte Säule ist die Effizienz, die sich auf das konzentriert, was die Japaner “Kaizen” nennen. Es bedeutet kontinuierliche Verbesserung. Wir prüfen ständig, wie wir unsere Prozesse steuern, um jeglichen „Abfall“ zu entfernen, denn wir wollen dem Kunden keinen Cent mehr berechnen, als wir müssen. Wir können Einsparungen nutzen, um Wi-Fi oder neue Sitzplätze im Flugzeug bereitzustellen, oder sie einfach an unsere Kunden weitergeben. Wie auch immer: die Kunden profitieren.

CMO.com: Was haben Sie über Technologie hinaus intern getan, um Ihre Mitarbeiter für die Idee der Kundenzentriertheit zu gewinnen?

Cronin: Wir haben den Kunden immer in den Mittelpunkt unseres Handelns gestellt. Zunächst einmal suchen wir bei der Rekrutierung von Mitarbeitern Menschen, die den gleichen Wunsch haben wie wir, unsere Kunden zu betreuen. Wir rekrutieren Leute nach ihrer Einstellung und dann trainieren wir ihre Skills.

Dann, wenn Sie Teil des Unternehmens sind, halten wir uns an die sechs Werte der Virgin-Markengruppe, die einen Service von Herzen bietet, überraschend, glühend heiß und aufrichtig ist. Dazu kommt ein unersättlicher Drang nach Neuem, der für smarte Disruption sorgt. Und es ist der erste, der Service von Herzen, auf den wir einen riesengroßen Schwerpunkt legen. Nicht nur bei der Bordcrew, sondern in allen Teilen des Unternehmens. Wir können nicht die am meisten geliebte Airline werden, wenn nicht jeder immer im Sinne von dem, was für den Kunden am besten ist, handelt – und das von Herzen.

CMO.com: Wie erreicht ihre Botschaft jene Mitarbeiter, die direkt mit Kunden arbeiten?

Cronin: Alle unsere Mitarbeiter erhalten ein Feedback zu ihrer Leistung. Wir führen viele Umfragen durch, um sicherzustellen, dass wir auf die Bedürfnisse unserer Kunden eingehen, und geben diese dann an unser Kabinenpersonal weiter. Wir statten sie mit den Daten aus, um zu verstehen, wie sie gearbeitet haben und wo es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Wir geben nach jedem Flug ein ständiges Feedback, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter das Erlebnis für unsere Kunden weiter optimieren und verbessern.

CMO.com: Wie messen Sie den Erfolg im Unternehmen?

Cronin: Wir befragen jedes Jahr alle Mitarbeiter des Unternehmens. Wir stellen ihnen eine Reihe von Fragen darüber, wie stolz sie darauf sind, für die Fluggesellschaft zu arbeiten, wie sie sich fühlen, den Kunden in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen und ob wir ihnen helfen, so zu arbeiten, dass sie ein Höchstmaß an Kundenservice bieten können.

Wir haben auch eine Reihe von operativen KPIs, die die Kundenzufriedenheit beinhalten. Wir sind fest davon überzeugt, dass Selbstzufriedenheit die Ursache für die Mittelmäßigkeit ist, deshalb sind wir stets bestrebt, die Messlatte höher zu legen, auch wenn unsere Kunden sagen, dass sie begeistert sind. Wir wissen, dass unsere Konkurrenz aus allen Richtungen zunimmt - von Low-Cost-Carriern wie Norwegian bis hin zu Emirates, die ein riesiges Budget für ihre Kunden haben. Deshalb sagen wir immer wieder: “Das mag toll gewesen sein, aber es wird für morgen nicht gut genug sein”.

CMO.com: Was können wir in Zukunft erwarten?

Cronin: Wir arbeiten an einem sehr spannenden Projekt. Den Kunden im hinteren Teil des Flugzeugs, die den Großteil bei uns ausmachen, bieten wir eine neue Economy Experience. Das wird immer wichtiger, vor allem für Millenials, die billig reisen wollen, sei es geschäftlich oder privat, damit sie am anderen Ende Geld haben, das sie ausgeben können. Unser Ziel ist es, die beste Erfahrung auf 38.000 Fuß anzubieten.


https://summit-emea.adobe.com/emea/?sdid=6DWQ7MQL&mv=other