Bürger erwarten bessere Online-Services von Behörden
Im EU-Vergleich hinkt der deutsche Staat in Sachen Digitalisierung immer noch hinterher. „Was die Verwaltung anbelangt, sind wir mehr als offline“, kritisiert Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, und fordert einen raschen Ausbau von Digital Government. „Die Steuererklärung und die Bearbeitung dauern viel zu lange“, klagt er. So sei häufig immer noch ein persönliches Erscheinen in der Amtsstube notwendig, zum Beispiel bei Ummeldungen. Da wären einige baltische Staaten und Österreich bereits sehr viel weiter und effizienter.
Vergleichsmaßstab sind Unternehmenswebsites
Und auch bei uns erwarten die Bürger entsprechende Online-Services. In einer gemeinsamen Studie von Adobe und der Beratungssparte für den öffentlichen Sektor der Werbeholding WPP wird deutlich, dass der Maßstab dabei die Websites aus der Privatwirtschaft sind. Auch die Internet-Auftritte von Behörden sollten eine einfache Navigation, entsprechend umfangreiche Services sowie eine insgesamt effiziente Nutzung ermöglichen.
Die globale Studie, für die mehr als 7.000 Bürgerinnen und Bürger in sieben Ländern befragt wurden, fokussiert sich auf fünf Faktoren: Mobile, Design, Relevanz, Beziehung zum angebotenen Service und die Art und Weise, wie sich die Angebote nutzen lassen (Citizen Journey). Die Befragten bewerteten dabei Design, Beziehung und Relevanz als die wichtigsten Kriterien für ein positives Erlebnis mit dem Online-Auftritt einer Behörde.
Wünsche der Bürgerinnen und Bürger
Zu den wichtigsten Services, die die Befragten im Hinblick auf ein digitales Angebot von Behörden nutzen bzw. gerne nutzen würden, gehören vor allem
- die Möglichkeit, teilweise ausgefüllte Formulare zu speichern und später weiter zu bearbeiten
- das automatische Markieren von Fehlern, die beim Ausfüllen gemacht wurden
- das Anbieten relevanter Informationen und Dienstleistungen
Darüber hinaus wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger folgende digitale Kundenerlebnisse bei den Websites von Ämtern und Regierungsstellen:
- den Einsatz reaktionsfähiger Formulare, die für den Anwender relevant sind und sich dem jeweiligen Gerät anpassen
- Design-Services, die den Bürger und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen
- ein optimiertes Design, dass auch die Funktionen des jeweiligen Geräts nutzt
- Implementierung von Analyse-Funktionen, die kontinuierlich die Leistung der Services messen und die Grundlage für entsprechende Verbesserungen sind
- personalisierte Erlebnisse, für die vorhandene Daten genutzt werden
Bundesregierung will Versäumnisse aufholen
„Dies ist ein großer Unterschied zu den Services, die den Bürgern momentan angeboten werden – Formulare, die sich langsam aufbauen und sich nicht speichern und zu einem späteren Zeitpunkt bearbeiten lassen oder schwer zu lokalisierende Informationen über Steuererklärungen oder Anträge für Reisepässe“, konstatiert die Studie.
Ihr Fazit: Nur wenn die Online-Services deutlich einfacher als bislang zu nutzen sind, stärken sie das Vertrauen der Bürger in die Behörden und werden nicht als Ärgernis angesehen. Der komplette Report lässt sich hier herunterladen.
Die neue Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär, räumt Versäumnisse in der Vergangenheit ein: „Viel zu lange hat in Deutschland in Sachen Digitalisierung der Ehrgeiz gefehlt“. Man habe sich mit kleinen Schritten begnügt, statt den großen Wurf zu wagen. Doch nun solle die öffentliche Verwaltung an der Spitze der Digitalisierung marschieren und „jeder Einzelne im Alltag einen Vorteil davon für sich verspüren.“ Wesentlich für das digitale Rathaus sei das geplante Online‑Bürgerportal, das einen einfachen Zugang zu allen Verwaltungsdienstleistungen ermöglichen soll.