Timo Kohlberg: „KI darf keine Blackbox sein“

CMO.com DE sprach auf den Online Marketing Rockstars 2018 mit Timo Kohlberg, Product Marketing Manager EMEA bei Adobe, über Omnichannel-Strategien, worauf es beim Einsatz von KI ankommt und wie AR/VR das Marketing verändern werden.

Timo Kohlberg: „KI darf keine Blackbox sein“

Timo Kohlberg konzentriert sich bei Adobe europaweit auf Crosschannel und Omnichannel Marketing. Der Product Marketing Manager fungiert als Schnittstelle zwischen Entwicklung und Markt und hat dabei vor allem das Tagesgeschäft der Kunden im Blick. So bekommt Kohlberg sehr viele Trends direkt mit. Wir trafen Timo Kohlberg auf den Online Marketing Rockstars 2018 in Hamburg und fragten zunächst, ob Omnichannel ein überschätztes Buzzword, oder tatsächlich die Richtung ist, in die man aktuell gehen sollte.

Kohlberg: Es geht im Moment auf jeden Fall in Richtung Omnichannel. Die Unternehmen, die sich in einem hohen Wettbewerb befinden, haben das Thema entweder schon angegangen oder sind dabei. Multichannel macht ja jeder und versucht seine Botschaft auf verschiedenen Kanälen rüberzubringen, aber das ist in den meisten Fällen nicht abgestimmt. Crosschannel versucht diese Kanäle zu verbinden. Der Kunde kann seine Journey beginnen und idealerweise an einem anderen Punkt weitermachen. Zum Beispiel kann ich auf der Website eines Automobilherstellers mein Modell im Konfigurator zusammenstellen und muss beim Händler dann nur einen Code zeigen, um dort weiterzumachen. Das ist die Konsistenz, die Crosschannel Marketing herzustellen versucht. Omnichannel geht noch ein Stück weiter: Hier bietet jede Interaktion, jeder Kanal, jeder Kontaktpunkt die gleichen Möglichkeiten. Egal ob ich in den Store oder auf die Website gehe. Ich kann mich informieren, bestellen oder abholen. Das ist nicht mehr nur Marketing, sondern geht viel weiter in Richtung Services, Dienstleistungen und Preise, die dann konsistent sein müssen.

CMO.com: Worüber auch alle reden ist KI. Welches Potenzial steckt dahinter?

Kohlberg: Die meisten Unternehmen schauen sich das Thema an und es wird teilweise auch schon direkt in KI investiert. Vor zwei oder drei Jahren hat jeder über Big Data gesprochen. So haben viele Experten Bereiche analysiert und geschaut, welche Daten man nutzen kann oder neu sammeln sollte. Wenn KI heute schon zum Einsatz kommt, dann oft für die Analyse bestehender Daten.

Der nächste Schritt würde bedeuten, Schlüsse daraus zu ziehen und Voraussagen zu treffen – Stichwort Predictive. Hier stehen die meisten noch am Anfang. Wenn man KI nutzt, ist das Potenzial tatsächlich riesengroß.

Unternehmen können ohne große manuelle Aufwände die Kommunikation personalisieren. Der Kunde hat ebenfalls Vorteile, da er zum Beispiel weniger Messages bekommt und diese zum richtigen Zeitpunkt. Zudem werden Unternehmen enorm effizient. Sie können aus unstrukturierten Daten den richtigen Content generieren und sagen: ‚Gib mir das richtige Bild, den richtigen Content und schlage vor was der nächste Schritt ist‘. Es sind also viele Stellschrauben, wo KI Unternehmen helfen kann, Marketing besser zu machen.

CMO.com: Wie kann KI Kampagnen über alle Kanäle steuern, zum Beispiel den richtigen Zeitpunkt für den Versand von Nachrichten bestimmen?

Kohlberg: KI steht bei vielen Themen im Marketing noch am Anfang. Zum Bestimmen des richtigen Versandzeitpunkts gibt es verschiedene Ansätze. So gibt es Bestrebungen, Responses auf Kampagnen zu nutzen und dann automatisiert Optimierungen zu erreichen und zum Beispiel zwischen zwei Versandzeiten die für ein Segment oder den einzelnen Kunden beste zu wählen. Die Reise geht aber dahin, dass in Echtzeit noch Informationen einfließen können. Wenn vor dem Versand noch jemand auf der Website war und auf ein anderes Produkt geklickt hat, dann sollen diese Daten in Echtzeit genutzt werden.

Meine Hoffnung ist dabei, dass Marketing wieder kreativer sein kann. Der Fokus in den meisten Marketingabteilungen wird immer technischer: Marketer müssen ein Verständnis für Lösungen, Daten und Aspekte der IT haben. Hier wird es durch KI sicherlich zu einer Entlastung kommen. Man sollte sich natürlich nicht nur zu hundert Prozent auf künstliche Intelligenz verlassen. Aber genau das wollen wir in vielen Bereichen erreichen: KI so transparent machen, dass nachvollzogen werden kann, warum eine Entscheidung getroffen wurde.

Im Kampagnenmanagement wird KI benutzt, um die Öffnungsraten bei Betreffzeilen vorauszusagen. Basierend auf den Versanddaten wird eine Optimierung vorgeschlagen und der Marketer kann die Kampagne ausspielen. Es ist dabei immer ersichtlich, was verändert wurde, warum und was die mögliche Performance-Änderung wäre. Diese Nachvollziehbarkeit ist wichtig, damit KI keine Blackbox wird.

CMO: Welche Trends und Technologien werden das Marketing noch verändern?

Kohlberg: Virtual und Augmented Reality bietet enorme Möglichkeiten für Marken im Bereich Experience. Der Konsument könnte ein Produkt oder einen Service, den er buchen oder kaufen möchte, ein paar Monate vorher im Wohnzimmer in der virtuellen Welt ausprobieren und erleben. Dienstleister können mit Augmented Reality Dinge anreichern, wie zum Beispiel Google Maps POIs über das Head-up Displays im Auto. Kontextsensitiv können hier nützliche Daten eingeblendet werden, etwa wenn ich einen Parkplatz oder ein Restaurant suche. Für Marken, die das früh und gut machen, steckt hier ein enormes Potenzial. Sie können ihren Kunden weiterhelfen – und nicht immer nur verkaufen. Wenn Produkte immer austauschbarer werden, vielleicht auch über den Preis immer vergleichbarer werden, zählt das Erlebnis. Mit AR und VR kann dieses angereichert oder verlängert werden.


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