Das Experience Business wird erwachsen

1998 war ein her­aus­ra­gen­des Jahr. Die Spice Girls führten die Spitze der Charts an, Frankre­ich gewann als Gast­ge­ber eine großar­tige Fußball-WM und Bill Clin­ton löste mit sein­er wohl bekan­ntesten Leug­nung in der Geschichte eine Staat­saf­färe aus.

Aber auch Mar­ket­inggeschichte wurde im Juli vor 20 Jahren geschrieben, als Joseph Pine II und James H. Gilmore in der Har­vard Busi­ness Review einen Artikel veröf­fentlicht­en, in dem sie erst­mals den Begriff der „Expe­ri­ence Econ­o­my“ ver­wen­de­ten. In diesem Artikel umris­sen die Autoren, was sie nach der Agrar‑, Industrie‑, und Ser­vicewirtschaft – die bere­its stattge­fun­den hat­ten — als näch­ste Ära in der Ökonomie ansa­hen. In der neuen „Erleb­niswirtschaft“ wür­den die Unternehmen vor allem Erin­nerun­gen verkaufen – ihre Pro­duk­te wären „Erleb­nisse“. Zwei Jahrzehnte nach diesem Artikel scheint die Vorher­sage der bei­den Wis­senschaftler aufzugehen.

Die Definition von Experience Business

Was ist ein Expe­ri­ence Busi­ness? Ein­fach aus­ge­drückt, ist es ein Unternehmen, das ver­standen hat, dass sich die Art und Weise, wie die Kun­den eine Marke wahrnehmen, sehr verän­dert hat. Damals, zu Zeit­en in denen „Mad Men” spielt, war es ein­fach: ein Mar­ket­ingver­ant­wortlich­er suchte sich eine Agen­tur, ließ einen coolen Werbespot entwer­fen und brachte diesen dann ins Fernse­hen. Und schon war der Job erledigt.

Heute aber garantiert dieser Ansatz keinen Erfolg mehr. Die dig­i­tal­en Tech­nolo­gien haben die Medi­en­land­schaft in Tausende von Teilchen aufge­s­plit­tet. Gle­ichzeit­ig hat die Con­tentsät­ti­gung die Aufmerk­samkeitss­panne der Medi­enkon­sumenten mas­siv reduziert. Die alten Mar­ket­ing­wege alleine sind also nicht mehr aus­re­ichend, um bis zum Ver­brauch­er durch­drin­gen zu kön­nen.

Und genau hier spie­len die Erleb­nisse hinein. Erfol­gre­iche Unternehmen ver­ste­hen mit­tler­weile, dass sich eine Marke nicht mehr darum dreht, wie ein Pro­dukt oder Unternehmen möglichst toll präsen­tiert wird – son­dern sie ist das Pro­dukt oder das Unternehmen selb­st. Es gibt kein­er­lei Unter­schied mehr zwis­chen dem Mar­ket­ingver­sprechen und der Brand Expe­ri­ence, weil das Ver­sprechen direkt durch das Kun­den­er­leb­nis erfüllt wird.

Dies stellt eine enorme Ver­schiebung dar und rückt das Mar­ket­ing-Team direkt in den Mit­telpunkt des Unternehmens: Wenn die Marke näm­lich die Expe­ri­ence ist, muss das Mar­ket­ing auch dabei helfen, die Cus­tomer Jour­ney zu gestal­ten und neue Busi­ness­mod­elle zu schaffen.

Das Kundenerlebnis ist Teil der digitalen Disruption

Das ist jet­zt keine reine The­o­rie. Unternehmen, die zu einem Expe­ri­ence Busi­ness wer­den, haben gezeigt, dass sie nach­weis­bar bess­er funk­tion­ieren als tra­di­tionelle Fir­men. In unser­er let­zten Dig­i­tal Trends-Umfrage fan­den wir beispiel­sweise her­aus, dass Organ­i­sa­tio­nen, die sich an der Cus­tomer Expe­ri­ence ori­en­tieren, fast dop­pelt so oft ihre Top-Unternehmen­sziele übertr­e­f­fen – und das sehr deut­lich mit 20 Prozent gegenüber 11 Prozent beim Rest. Generell verze­ich­nen solche Expe­ri­ence Busi­ness­es stetig wach­sende Umsätze, eine höhere Kun­den­loy­al­ität, eine stärkere Marke­nakzep­tanz und gesteigerte Fol­gegeschäfte.

Eigentlich sollte das nicht überraschen. Wenn wir darüber nach­denken, ist Expe­ri­ence genau das, was die dig­i­tale Dis­rup­tion aus­macht. Net­flix hat den Videover­lei­her Block­buster nicht durch seine Tech­nolo­gie zer­stört. Es hat Block­buster zer­stört, weil es Film­lieb­habern heute eine viel bessere und beque­mere Möglichkeit bietet, Videos zu schauen. Das­selbe gilt für Uber und die Taxi-Branche und auch AirBnB und die Ver­mi­etung von Ferienun­terkün­ften – jed­er einzelne dieser Pio­niere der dig­i­tal­en Rev­o­lu­tion hat seinen Platz an der Spitze dadurch bekom­men, dass er ein außergewöhn­lich­es Kun­den­er­leb­nis bietet.

Was nun getan werden muss

Wie kann Ihr Unternehmen also ein Expe­ri­ence Busi­ness wer­den? Das ist eine der Schlüs­sel­fra­gen, die wir bei unserem EMEA Sum­mit im Mai beant­wortet haben. Hier haben wir in über 140 Ses­sions die Frage in Angriff genom­men, wie aus einem klas­sis­chen Unternehmen ein Expe­ri­ence Busi­ness wird. Denn dieses The­ma liegt uns bei Adobe sehr am Herzen, da wir momen­tan sehr eng mit vie­len weltweit führen­den Marken zusam­me­nar­beit­en, um ihnen beim Übergang in die Erleb­niswirtschaft zu helfen.

Die vielle­icht wichtig­ste Lehre, die wir dabei bish­er gewon­nen haben: Man muss fähig sein, die Men­schen durch design­starken Con­tent mitzureißen. Mit Inhal­ten, die per­son­al­isiert, ein­heitlich und in jeden Kanal inte­gri­ert sind. Eine wirk­lich überzeu­gende Expe­ri­ence ist die, die naht­los in allen Kanälen ineinan­der überge­ht und kun­den­zen­tri­ert ist, wobei jed­er Kunde als Indi­vidu­um betra­chtet wird.

Nehmen wir ein­mal das Opern­haus in Syd­ney als Beispiel: Es nutzt Adobe Expe­ri­ence Man­ag­er, um das dig­i­tale Erleb­nis ihrer Besuch­er kom­plett neu zu gestal­ten. Mit Hil­fe von Adobe Ana­lyt­ics ver­ste­hen die Mar­ket­ingver­ant­wortlichen der Kul­turein­rich­tung ihre Besuch­er bess­er und nutzen deren Dat­en, um Omnichan­nel-Inhalte zu gestal­ten, die auf die Geschmäck­er und Bedürfnisse jedes einzel­nen Kun­den zugeschnit­ten sind. Wie das geht? Durch den Auf­bau ein­er 1:1‑Beziehung zu jedem einzel­nen Kun­den – und diese Art des per­sön­lichen Erleb­niss­es begeis­tert uns als Ver­brauch­er und wir kom­men immer wieder zu diesem Anbi­eter zurück.

Dieses Niveau von Kun­den­zen­tri­ertheit und der Bere­it­stel­lung von inte­gri­ertem Con­tent kann nur dann erzielt wer­den, wenn unter­schiedliche Ele­mente opti­mal koor­diniert wer­den. Etwa Expe­ri­ence-Design, Cus­tomer Intel­li­gence und die kanalüber­greifende Bere­it­stel­lung, Jed­er Teil Ihres Unternehmens ist auch ein Teil des Cus­tomer Expe­ri­ence-Puz­zles – und der Erfol­gs­fak­tor beste­ht darin, all diese Teile zusam­men­zuset­zen und so eine kom­plette Ansicht des Kun­den zu gewin­nen. Auf dieser Basis kön­nen Sie dann einzi­gar­ti­gen Con­tent mit soli­den Dat­en und Ana­lyt­ics zusam­men­brin­gen, um eine großar­tige und überzeu­gende Cus­tomer Expe­ri­ence zu schaffen.

Kundenerlebnis sollte im Fokus stehen

Soll­ten Pine und Gilmore Recht behal­ten mit ihrer Vorher­sage ein­er neuen „Erleb­niswirtschaft“ – wovon ich aus­ge­he – ist es wichtig, den Stel­len­wert dieses Wan­dels nicht ger­ingzuschätzen. Expe­ri­ence Busi­ness ist nicht ein­fach nur ein neues Mar­ket­ing­mod­ell. Son­dern es han­delt sich um nichts weniger als um eine gesamtwirtschaftliche Struk­turverän­derung. Die aktuelle Dis­rup­tion auf vie­len Märk­ten ist hier erst der Anfang ein­er grund­sät­zlichen Verän­derung. Und wie Sie wis­sen, hat eine solche Sit­u­a­tion schon vie­len einst erfol­gre­ichen Unternehmen das Genick gebrochen. Denn sie haben es ver­säumt, sich diesem Wan­del rechtzeit­ig anzupassen.

Unser Rat ist also sehr ein­fach, aber auch recht dringlich: Soll­ten Sie das Kun­den­er­leb­nis bish­er noch nicht in den Fokus Ihrer Geschäft­stätigkeit stellen, müssen Sie jet­zt unbe­d­ingt damit begin­nen. Denn wenn Sie nichts tun, riskieren Sie es, den Anschluss zu ver­lieren. Es ist höch­ste Eisen­bahn – schließlich ist es schon 20 Jahre her, dass die the­o­retis­chen Grund­la­gen für die heuti­gen fun­da­men­tal­en Verän­derun­gen gelegt wurden.

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