Low-Budget Mysterie-Thriller “Ingenium”: Workflowtipps von Regisseur Steffen Hacker – Teil 1

Über mehrere Jahre hinweg arbeitete Regisseur Steffen Hacker an einem Independent Mystery-Thriller und musste dabei anspruchsvolle Postproduction-Aufgaben lösen. Im ersten Teil berichtet Steffen darüber, wie man auch mit mehreren unterschiedlichen Formaten einen einheitlichen, cineastischen Look erzielen kann.

Ich bin Steffen Hacker, Regisseur des Indie-Mystery-Thrillers “Ingenium”. In diesem ersten Blogbeitrag möchte ich euch etwas über die Postproduktion meines Films mit Premiere Pro CC erzählen. Einige ältere Hasen aus der Branche kennen mich eventuell noch aus den Nullerjahren von der Filmmaking-Community “hackermovies”, wo wir jahrelang praktische Tipps zum “Guerilla-Drehen”, aber vor allem auch für die Nachbearbeitung geteilt haben. Damals war ich häufig auf Messen und Roadshows für Adobe unterwegs, um Adobes Videoprodukte zu zeigen und von meiner Arbeit in der VFX-Branche zu erzählen. Auch bei meinem Spielfilm konnte ich mich voll und ganz auf Adobe Premiere Pro CC sowie After Effects CC verlassen. Aber der Reihe nach:

Ich arbeite jetzt bereits seit dreizehn Jahren als Werberegisseur im Regie-Duo “Alex & Steffen” und als VFX Supervisor bei der Stuttgarter Firma “unexpected”. Wir inszenieren und posten alles, was bunt, laut, fantastisch und voller Action daherkommt. Das macht zwar ungeheuren Spaß, doch ich hatte schon lange den Traum von einem eigenen Film, bei dem die kreativen Entscheidungen ganz alleine mir selbst überlassen sind. Daher bin ich im Winter 2013 mit der Schauspielerin Esther Maaß nach Thailand aufgebrochen, um dort die ersten Szenen für einen Thriller zu drehen. Die Story habe ich in den Folgejahren mehrmals komplett umgeschrieben, wodurch sich der Umfang (sicherlich auch durch meine überambitionierten Ziele) deutlich aufblies.


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Regisseur Steffen Hacker während des Drehs von “Ingenium”, bei dem er oftmals gleich selbst Hand an die Kamera legte.

Eine Frage des Formats:

Fangen wir mal mit den absoluten “Basics” an: Premiere Pro CC war zwar schon seit jeher dafür bekannt, alle Formate ohne Transkodierung auf einer Timeline mischen zu können und nativ zu unterstützen, doch davon habe ich in meinem Berufsleben immer nur wenig mitbekommen. Denn meistens hat man bei der Arbeit mit Werbefilmen Arri Alexa-ProRes-Dateien auf der Timeline und vielleicht mal einen GoPro-Clip. Das Drehen über mehrere Jahre hinweg, oft auch an Wochenenden (oder mal spontan an geeigneten Locations), ließ es aber nicht zu, dass ich mir ständig spontan eine Alexa miete oder gar kaufe.

Deshalb habe ich immer mit der Kamera gedreht, die mir zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stand. In Thailand beispielsweise fing das mit einer SONY FS700 und der (bitrate-gehackten) Panasonic GH2 an, und ging in Deutschland u.a. mit einer SONY FS-100, Blackmagic 2.5K, Blackmagic 4K, Canon 5DMK 2 & 3, Panasonic LX100, SONY F5 und Canon C300 weiter.

Am Ende hatten wir dann sogar noch eine Alexa Mini mit im Arsenal. So kam eine große Anzahl an unterschiedlichen Formaten und “Looks” zustande, mit denen meine beiden Kameramänner Benjamin Nolde und Till Beckert arbeiten und jonglieren mussten.


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Die Kameramänner Benjamin Nolde (vorne) und Till Beckert mussten sich während der gesamten Dreharbeiten immer wieder auf andere Kameras einstellen.

Das hatte natürlich zur Folge, dass all diese Formate – von MOV bis MP4 und MXF, und viele verschiedene in diesen Wrappern enthaltenen Komprimierungen, mit Auflösungen von Full-HD bis 4K, wild auf den Timelines gemischt wurden. Das Ganze wurde dann meist sogar von externen USB-3.0-Festplatten abgespielt und sehr oft auch auf einem 2013er Macbook Pro (unter Windows!) geschnitten – ganz ohne teure Video-RAIDs oder andere Highend-Hardware. Dennoch hat es einwandfrei funktioniert! Ganz ohne riesige Transcodes und Konsolidierungen. Das hat wirklich Spaß gemacht! Der Ton von den extern aufgenommenen Mikrofonen wurde jeweils mit PluralEyes synchronisiert und direkt als Premiere-Timeline ausgegeben, so dass nur wenig manuelle Arbeit nötig war.

Mit der 5DMK 3 habe ich übrigens fast 40% des Filmes mit dem berühmten Magic Lantern raw hack gedreht, also absolut unkomprimiert. Dabei wollte ich aber auf keinen Fall Millionen von DNG-Files auf der Festplatte herumliegen haben, zumal das Material von externen Festplatten nicht in Echtzeit abspielbar gewesen wäre.

Meine Kollegen haben mir also ein Script für After Effects CC geschrieben (auf Basis des Standard-Import-Scripts für ganze Unterverzeichnisse), welches große Mengen an Dateisequenzen in ProRes oder Cineform-Quicktimes umwandelt und sogar den Ton anlegt.

Über Adobe Camera Raw wurde dann eine Cinelog-Kurve auf das Material gerechnet, so dass man am Ende qualitativ ganz nah an einer Arri Alexa mit 10bit log Material war, das nach seinesgleichen in dem Preissegment sucht. Auch heute noch wird dieses Script in MagicLantern-Kreisen und in deren Online-Foren genutzt und ist nach wie vor (zugegeben etwas langsam, denn Rendern über Nacht ist angesagt) die qualitativ beste Methode, um seine ML raw-Videos zu entwickeln. Anschließend kann man dann mit Quicktimes weiterarbeiten, sodass keinerlei Bildqualität eingebüßt wird.


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Mit einigen Tricks und Kniffen kreierte Steffen Hacker einen cineastischen Look mit überschaubarem Budget.

Die Timelines habe ich immer im “Pancake-Prinzip” bearbeitet, um gleich mit den Selected Takes weiterarbeiten zu können. Dabei haben die unterschiedlichen Formate keine Rolle gespielt und meine Farbkodierungen für den Schnitt waren meist inhaltlicher Natur, wie beispielsweise Closeups oder Schuss-Gegenschuss auf Charaktere bei Dialogen oder Totalen.

Wenn man all diese Farben konsequent setzt, bemerkt man schon beim Blick auf die Timeline – ohne dass man mit dem Playhead scrubbt – ob man eine ausgewogene und interessante Schnittfrequenz geschaffen hat und wo man eventuell nachbessern muss, weil zu viele ähnliche Farben aufeinanderfolgen.

Momentan sind wir mit dem Film auf Filmfestivals auf der ganzen Welt unterwegs, haben auch schon Preise für gewonnen. Wann es den Film in Deutschland zu sehen gibt erfahrt ihr – sobald die Festivals zusagen – bei uns auf der Homepage ingenium-film.com, auf facebook oderauf Instagram. Folgt uns, wir freuen uns!

Viele liebe Grüße,

Euer Steffen

Wenn euch der Einblick in die Postproduktion von “Ingenium” gefallen hat, dann könnt ihr euch schon auf Teil zwei freuen! Dort wird Steffen über die MorpCut-Funktion von Premiere Pro CC sprechen und euch erzählen, wie man auch ohne großes Budget Parallelmontagen realisiert und Digitale Set Extensions erschafft.

Ihr nutzt selbst noch kein Premiere Pro CC? Erfahrt hier von den Profis, warum sich der Umstieg lohnt!

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