Tourismus: So überzeugen bessere Reiseerlebnisse die Urlauber

Unkom­fort­a­bel. Stres­sig. Frus­tri­erend. Zu oft beschreiben diese Worte lei­der heute das Kun­den­er­leb­nis beim Reisen. Obwohl der Urlaub eigentlich Freizeit und Entspan­nung sein sollte. Denn wenn man ein­mal die Mühen des Reisens hin­ter sich gelassen hat – den Secu­ri­ty Check-In am Flughafen, den Flug, das Jet­lag, die Suche nach ein­er Fahrt­möglichkeit zur Unterkun­ft und das Eincheck­en dort – fühlt man sich wahrschein­lich alles andere als erholt.

Viele große Touris­tik- und Hote­lan­bi­eter investieren deshalb in neue Tech­nolo­gien – wie etwa Aug­ment­ed Real­i­ty (AR), Vir­tu­al Real­i­ty (VR), Sprach­s­teuerung oder Kün­stliche Intel­li­genz (KI) – und wollen so Wet­tbe­werb­svorteile auf dem umkämpften Reise­markt erlan­gen. Was als ein Exper­i­ment begonnen hat, bewegt sich immer mehr in Rich­tung ein­er ver­stärk­ten Inte­gra­tion in das Tourismus-Marketing.

Erst die Spitze des Eisbergs

Und damit verän­dert sich die Cus­tomer Expe­ri­ence in der Reise­branche und im Gast­gewerbe spür­bar. Doch viele Experten sind der Ansicht, dass dies erst die Spitze des Eis­bergs ist. „Die Touris­musin­dus­trie kratzt erst an der Ober­fläche beim Ein­satz von mobilen Tech­nolo­gien, mit deren Hil­fe das Reiseer­leb­nis der Gäste vor, während und nach ihrer Tour verbessert wer­den kann“, sagt etwa ein Dig­i­tal Mar­ket­ing Direc­tor eines Frem­den­verkehrs­büros, der mit mTrip Mobile Solu­tions zielort­be­zo­gene Apps mit AR-Funk­tio­nen erstellt.

Bere­its eine ober­fläch­liche Diskus­sion über diesen Trend macht ein paar Dinge ganz deut­lich: Um die vollen Vorteile dieser Tech­nolo­gien erfassen zu kön­nen, müssen die Touris­mus-Marken solche Tools als Zukun­ftsin­vesti­tion behan­deln und nicht als reine Mod­eer­schei­n­ung. Außer­dem müssen diese Unternehmen bere­it dazu sein, in ein­er „Trial-and-Error“-Phase her­auszufind­en, was bei den Reisenden ankommt und was nicht. Und schließlich muss eine Auswahl der richti­gen Tech­nolo­gien getrof­fen und eine angemessene Daten­in­fra­struk­tur geschaf­fen werden.

Reiseziele „virtuell ausprobieren”

Vir­tu­al Real­i­ty wurde lange Zeit vor allem in der Spielein­dus­trie genutzt, um inten­si­vere Erleb­nisse zu schaf­fen. Aber diese Tech­nolo­gie eignet sich natür­lich auch her­vor­ra­gend, um poten­zielle Gäste zu ein­er Unterkun­ft zu „bea­men“. Denn so kön­nen sie schon die tolle Umge­bung dort „vor Ort erleben“, bevor sie sich anmelden.

Soll­ten Sie zum Beispiel für Ihren näch­sten Urlaub nach einem Luxus-Ressort in Maui suchen, kön­nen Sie sich diese Hote­lan­lage zuerst in ein­er VR-Umge­bung anschauen, indem Sie ein Head­set auf­set­zen und einen virtuellen Rundgang durch die Lob­by und die gesamte Ein­rich­tung machen. Sie kön­nen auch gle­ich ein Zim­mer auswählen oder einen Blick aufs abendliche Buf­fet im Restau­rant wer­fen. Diese Art von Urlaub­svor­bere­itung ist ein echter Spaß und unter­stützt gle­ichzeit­ig die Entscheidungsfindung.

Vor Kurzem hat Vis­itScot­land eine Scot­land­VR-App vorgestellt, bei der die Reisenden das Google Card­board-Head­set nutzen kön­nen, um für ihre Reise­pla­nung beliebte Orte und Unterkün­fte in Schot­t­land im Voraus zu besuchen. „VR ist weit davon ent­fer­nt, ein rein­er Trend oder bloß ein Gim­mick zu sein. Es rev­o­lu­tion­iert die Art und Weise, wie Men­schen ihr möglich­es Reiseziel auswählen, da sie es vor dem Kauf aus­pro­bieren kön­nen und zudem sehr einzi­gar­tig und inter­ak­tiv mehr über das jew­eilige Land ler­nen“, berichtet Mal­colm Rough­head, CEO von VisitScotland.

Die Erweiterung der Reiserealität

Die Poke­mon Go-App – mit der weltweit viele Mil­lio­nen von Spiel­ern in ihrer Nach­barschaft und darüber hin­aus nach neuen Poke­mon für ihre Samm­lung gesucht haben und das Tag und Nacht – hat der AR-Tech­nolo­gie einen regel­recht­en Push gegeben und demon­stri­ert, wie die Verbindung von virtueller und real­er Welt auf dem Smart­phone funk­tion­iert. Das kann sich auch das Touris­mus-Mar­ket­ing zu Nutze machen und bei einem real existieren­den Reiseziel die Beson­der­heit­en hervorheben.

Etwa in einem Muse­um, bei ein­er Sehenswürdigkeit oder bei ein­er Stadt­führung. Dort kann ein AR-Guide den klas­sis­chen Stadt­plan oder auch einen Frem­den­führer erset­zen. Aug­ment­ed Real­i­ty lässt sich viel ein­fach­er nutzen als eine VR-Anwen­dung, da die Nutzer ein­fach nur ihr Smart­phone benöti­gen und kein klo­biges Head­set – das sehen viele Experten auch so.

Vis­it Orlan­do erstellte bere­its im Jahr 2016 eine mobile App, die AR und KI verbindet. Besuch­er der Freizeitre­gion in Flori­da bekom­men darin in natür­lich­er Sprache Antworten auf Fra­gen wie „Wo finde ich eine schöne Aus­sicht auf Orlan­do?“ oder „In welchem Restau­rant gibt es heute Abend Live-Musik?” Für Reiseziele wie Orlan­do, die jährlich mehrere Mil­lio­nen Besuch­er begrüßen, verbessern solche Lösun­gen den Gäste­ser­vice und ver­schaf­fen ihrer Des­ti­na­tion Wet­tbe­werb­svorteile im weltweit­en Kampf um die Urlauber.

Künstliche Intelligenz ist ein echter Wert

Vis­it Orlan­do ist nicht die einzige Touris­mus­marke, die bere­its auf die Macht der Kün­stlichen Intel­li­genz set­zt. Denn in der Reise­branche wer­den jeden Tag so viele Dat­en erzeugt, dass deren manuelle Auswer­tung schi­er unmöglich ist. Diese Auf­gabe kann die KI übernehmen und so die Grund­lage dafür schaf­fen, dass das Mar­ket­ing von Hotels oder Touris­mus­be­hör­den tat­säch­lich rel­e­vante Erken­nt­nisse aus dem Urlauberver­hal­ten ziehen und so das Reiseer­leb­nis per­ma­nent verbessern kann.

So arbeit­et seit einiger Zeit im Hilton-Hotel in McLean im US-Bun­destaat Vir­ginia ein humanoi­der Robot­er als Concierge. Mith­il­fe sein­er KI-Tech­nolo­gie kann „Con­nie“ mit den Gästen kom­mu­nizieren und ihnen Fra­gen beant­worten, sie auf Attrak­tio­nen hin­weisen oder die Ausstat­tung der Zim­mer erk­lären. Dabei erweit­ert der nach Hilton-Grün­der Con­rad Hilton benan­nte Robot­er seinen Erfahrungss­chatz stetig.

Die Kette Radis­son Blu Edwar­dian Hotels besitzt einen ähnlichen von Kün­stlich­er Intel­li­genz angetriebe­nen Emp­fangschef namens „Edward“. Er ist über Textnachricht­en erre­ich­bar und kann Anfra­gen von Gästen annehmen und deren Fra­gen beant­worten. Auch andere Hotels entwick­eln ihre eige­nen Ver­sio­nen solch­er smarten Concierges, indem sie inter­ak­tive Dis­plays in den Gästez­im­mern nutzen. Diese intel­li­gen­ten Helfer kön­nten in der nahen Zukun­ft auch die Bedürfnisse der Gäste vorherse­hen und proak­tiv reagieren, bevor überhaupt eine Anfrage an sie gestellt wurde.

Man kön­nte dazu ohne großen Aufwand diesel­ben Touch­screens übernehmen, die bere­its in vie­len Hotelz­im­mern genutzt wer­den. Wenn ein Gast dann das Zim­mer betritt und z.B. äußert ‚Es ist etwas stick­ig hier drin‘ ist das alles, was das Sys­tem wis­sen muss. Dank sein­er Algo­rith­men wäre es in der Lage, zum Beispiel die Tem­per­atur hoch- oder herunter zu regeln. Sollte es sich um einen Stam­m­gast han­deln, kön­nte es aus dessen gespe­icherten Pro­fil frühere Ver­hal­tens­muster erken­nen und bere­its die Tem­per­atur im Zim­mer automa­tisch anpassen, bevor der Gast überhaupt den Aufzug ver­lässt.

Zur Erle­ichterung der Reisenden lässt sich die KI auch am Flughafen beim Secu­ri­ty Check ein­set­zen, Dies würde diese meist unan­genehmen Abläufe nicht nur angenehmer machen, son­dern sie wären auch effizien­ter und wür­den die Sicher­heit verbessern. Tat­säch­lich hat eine aktuelle Studie her­aus­ge­fun­den, dass weltweit 29 Prozent der Air­ports pla­nen, KI-basierte Sys­teme zu imple­men­tieren. Damit sollen bis zum Jahr 2020 Gesicht­serken­nung, Reti­na-Scans und die Iden­ti­fika­tion durch Fin­ger­ab­drücke deut­lich verbessert wer­den. Experten meinen, dass solche Sys­teme die Notwendigkeit der bish­eri­gen Secu­ri­ty- oder Ein­reise-Checks abschaf­fen kön­nten – damit wären zwei der größten Ärgernisse bei Flu­greisen beseitigt.

Das Reiseerlebnis der Zukunft heute zur Realität machen

So beein­druck­end diese Beispiele aus der realen Welt auch sind, so hat die Ein­führung von VR, AR, KI oder Sprach­sys­te­men im Touris­mus auch ihre Hür­den. Beispiel­sweise sind VR‑Lösungen heute immer noch rel­a­tiv teuer. Und so ein­drucksvoll die KI auch ist, sie kann das authen­tis­che Wech­sel­spiel zwis­chen zwei Men­schen noch nicht so ein­fach kopieren, was aber sehr wichtig für ein unvergesslich­es Reiseer­leb­nis ist. Und jede hochtech­nol­o­gisch erzeugte Cus­tomer Expe­ri­ence ist auch immer mit der Ver­füg­barkeit des Gerätes ver­bun­den, auf dem sie basiert. Sollte sich Ihre AR beispiel­sweise darauf stützen, dass Ihr Kunde ein 900 Euro teures iPhone X besitzt, kön­nten Sie Pech bei ein­er bre­it­en Anwen­dung haben.

Die näch­ste große Her­aus­forderung ist deshalb wahrschein­lich her­auszufind­en, wie man ein reich­haltiges Reiseer­leb­nis auf dem richti­gen Gerät für die richtige Per­son präsen­tiert. Bei so vie­len ver­schiede­nen Geräten und Möglichkeit­en soll­ten wir uns jedoch nicht auf den kle­in­sten gemein­samen Nen­ner beschränken. Denn damit wer­den wir die Tech­nik nicht wirk­lich aus­bauen und weit­er­en­twick­eln kön­nen.

Und es gibt auch noch die Frage der Kun­de­nakzep­tanz. Lassen sich Ihre Gäste auf dieses Erleb­nis heute schon ein oder nicht? Haben vielle­icht nur Ihre tech­niker­fahren­sten Kun­den daran Inter­esse? Aber die bre­ite Masse, die weniger tech­nikaf­fin oder tech­nikkom­pe­tent ist, noch nicht? Sollte das der Fall sein, emp­fiehlt sich ein eher stufen­weise stat­tfind­en­der und exper­i­mentellerer Ansatz. Sie kön­nen so vor­führen, wie inno­v­a­tiv Sie sind, ohne zwangsweise gle­ich alles mit diesen brand­neuen und topak­tuellen Kun­den­er­leb­nis­sen auszustatten.

Sie kön­nen das auch Schritt für Schritt machen und die unter­schiedlichen Cus­tomer Expe­ri­ences so aufeinan­der auf­bauen, dass sie über einen bes­timmten Zeitraum hin­weg ein vol­lkom­men dig­i­tales Kun­den­er­leb­nis erre­ichen. Und wir soll­ten unbe­d­ingt aus den ver­gan­genen Fehlern ler­nen. Damals wur­den die unter­schiedlichen Kanäle – z.B. mobile Endgeräte, Call Cen­ter und per­sön­lich­es Gespräch – getren­nt voneinan­der betra­chtet. Die Folge war ein wenig kon­sis­tentes Nutzer­erleb­nis. Die Lehre daraus: Wir müssen von Anfang an alles zusam­men­brin­gen und sich­er­stellen, dass wir auch die Möglichkeit haben, weit­ere Kanäle naht­los hinzuzufü­gen. Das macht es auch ein­fach­er, tat­säch­lich immer einen 360-Grad-Blick auf jeden einzel­nen Kun­den zu gewinnen.

Sind sie bere­it, eine echte Expe­ri­ence zu erschaf­fen? Lesen Sie mehr in unser­er Blog-Serie, wie man eine Des­ti­na­tion Expe­ri­ence kreiert oder ler­nen Sie hier etwas über die Lösun­gen, die Adobe für den Touris­mus hat. Und da ja bald die Som­mer­fe­rien begin­nen, bleibt uns nur, Ihnen einen guten erhol­samen Urlaub zu wün­schen. Ohne Stress und mit vie­len guten Erlebnissen.

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