KI bedeutet nicht das Ende von Kreativität – im Gegenteil

Wir neigen zu einem roman­tisierten Blick auf Kreativ­ität. Und jedes Mal, wenn eine neue Tech­nolo­gie die kreative Arbeit erle­ichtern kann (denken Sie an den Buch­druck, den Com­put­er, die Bild­bear­beitungssoft­ware), gibt es zwei ver­schiedene Grup­pen: Eine enthu­si­astis­che Min­der­heit auf der einen Seite und ihnen gegenüber zahlre­iche verun­sicherte Kreative, die befürcht­en, dass diese Neuerung ihre Arbeit nicht verbessert, son­dern entwertet.

Dies ist bemerkenswert für eine Spezies (uns Men­schen), die sich anson­sten so sehr dem Fortschritt und der Leis­tungssteigerung ver­schrieben hat. Wenige von uns wür­den zum Beispiel einen Flach­bild­schirm gegen ein altes Röhren­mod­ell tauschen oder ein Kohle­fas­er-Ren­nrad gegen ein älteres, schw­er­eres aus Stahl.

Oft kommt es sehr darauf an, was Medi­en und Branchen­beobachter über neue Tech­nolo­gien zu sagen haben. Dabei sind die Vorteile eines ele­gan­ten Flach­bild­fernse­hers gegenüber seinen plumpen Vorgängern klar erkennbar. Genau­so gilt das für ein leichteres und aero­dy­namis­cheres Fahrrad. Die Vorteile tech­nis­ch­er Fortschritte für kreative Arbeit sind dage­gen schw­er­er zu ver­mit­teln. Und wir neigen dazu, das zu fürcht­en, was wir nicht verstehen.

KI ist anders als Film und Medien es zeigen

Dies bringt uns zur Kün­stlichen Intel­li­genz (KI), der größten tech­nis­chen Inno­va­tion, die derzeit die Arbeitsweise von Ver­mark­tern und Wer­be­treiben­den verän­dert. Die Wahrnehmung von KI wird bei den meis­ten Men­schen durch Presse­berichte und Sci-Fi-Filme bee­in­flusst. Die aber stellen übertrieben dar, was KI tat­säch­lich kann. Dem­nach wer­den Robot­er das men­schliche Urteilsver­mö­gen vol­lkom­men aus der kreativ­en Entschei­dungs­find­ung her­aus­nehmen und wir wer­den in ein­er homo­ge­nen Dystopie gefan­gen sein, in der jed­er laufend die gle­iche „brand­neue“ Idee hat.

Die Real­ität ist heute deut­lich boden­ständi­ger. Die KI in ihrer jet­zi­gen Form hat zwar bere­its einen großen Ein­fluss, wird aber nur einge­set­zt, um uns bei der Lösung sehr spez­i­fis­ch­er Prob­leme in klar abge­gren­zten Bere­ichen zu helfen. Denken Sie an die Gren­zen der KI in selb­st­fahren­den Autos: Die besten Mod­elle meis­tern die bre­it­en Fahrspuren im son­ni­gen Kali­fornien, aber wehe sie find­en sich während eines milden Schneesturms in den Schweiz­er Alpen auf ein­er kur­ven­re­ichen Straße wieder. Zugle­ich kön­nte fast jed­er men­schliche Fahrer diese Her­aus­forderung sozusagen mit geschlosse­nen Augen meis­tern (nicht, dass ich das empfehlen würde).

Auf den Punkt gebracht: KI erlaubt es uns zwar, bes­timmte Muster über Mil­liar­den von Szenar­ien hin­weg zu iden­ti­fizieren, daraus zu ler­nen und diese Infor­ma­tio­nen zu nutzen, um bes­timmte Auf­gaben bess­er und schneller zu erledi­gen. Aber es kann nicht die Urteils­fähigkeit oder Anpas­sungs­fähigkeit eines Men­schen erset­zen, sobald es mit einem vol­lkom­men neuen Szenario kon­fron­tiert wird.

KI-Tools nehmen mühselige Arbeit ab und geben mehr Freiraum

In ähnlich­er Weise hil­ft KI Mar­ketern und Wer­be­treiben­den, lange und zeit­in­ten­sive Auf­gaben zu beschle­u­ni­gen (wie z.B. das Sicht­en von Bild­bib­lio­theken oder Video­ma­te­r­i­al), so dass sie mehr Zeit für die kreative Arbeit auf höher­er Ebene ver­wen­den kön­nen. Sie arbeit­en immer noch mit den gle­ichen Mate­ri­alien, aber sie kön­nen effizien­ter damit exper­i­men­tieren, wodurch sie mehr Frei­heit haben und inter­es­san­tere Ideen entwick­eln kön­nen.

Bei all­dem sollte man sich daran erin­nern, dass der kreative Prozess in zwei Phasen unterteilt ist. Phase 1 ist die Ideen­find­ung, wenn ein kreatives Konzept Gestalt annimmt. Phase 2 umfasst die aufwändi­ge Anpas­sung dieses ersten Konzepts an

unter­schiedliche Ziel­grup­pen und Plat­tfor­men. Die meis­ten Kreativ­en wür­den zus­tim­men, dass Phase eins der spaßige Teil und Phase zwei der notwendi­ge Teil ist, mit dem sie aber zugle­ich die meiste Zeit ver­brin­gen müssen. Wer­den nun Rou­ti­neele­mente dieses Umset­zung­sprozess­es automa­tisiert, gewin­nen Kreative mehr Zeit für die Arbeit an neuar­ti­gen Konzepten.

Dieses Jahr haben wir auf dem Adobe Sum­mit zum Beispiel ein Pro­jekt mit dem Namen „Launch It“ vorgestellt, das mit Hil­fe von KI automa­tisch Web-Inhalte ver­schlag­wortet – ein­er der wichtig­sten Hand­griffe ein­er effek­tiv­en Online-Strate­gie, der aber eben­falls eine halbe Ewigkeit dauert. Mit Launch It kön­nen Unternehmen diese Auf­gabe in weni­gen Minuten erledi­gen, die früher Stun­den oder gar Tage in Anspruch genom­men hat.

Schlusswort

Werkzeuge wie Pho­to­shop wur­den nicht entwick­elt, um die Kreativ­ität zu zer­stören. Stattdessen sollen sie ein­fache Prob­leme lösen, damit Kreativ­ität auf­blühen kann. Natür­lich wäre es naiv zu behaupten, dass solche Erfind­un­gen den kreativ­en Prozess nicht bee­in­flusst hät­ten, aber wenn man ihre Wirkung im Nach­hinein betra­chtet, zeigt sich, dass sie kon­se­quent Bar­ri­eren beseit­igt haben, die der Kreativ­ität im Wege standen.

KI ist nicht anders, und sobald wir die Sci-Fi-Def­i­n­i­tion hin­ter uns gelassen haben, wer­den wir anfan­gen zu ver­ste­hen, wie sie Marken hil­ft, sich mit echt­en Men­schen auf ein­er emo­tionalen Ebene zu beschäfti­gen.