Smarte Technologien für Barrierefreiheit im digitalen Leben

Für Menschen mit Behinderung ist es wichtig, nicht nur offline sondern auch online Barrierefreiheit zu erfahren. Dafür werden vermehrt smarte Technologien im Webdesign und der App-Entwicklung eingesetzt, um barrierefreie Zugänge zu schaffen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei künstliche Intelligenz.

Smarte Technologien für Barrierefreiheit im digitalen Leben

Unter Barrierefreiheit verstehen die meisten Menschen – wenn sie den Begriff überhaupt kennen – Rampen statt Treppen, breite Türen und absenkbare Busse. „Doch bauliche Veränderungen und speziell ausgerüstete Fahrzeuge reichen nicht aus, um den Alltag barrierefrei zu gestalten. Barrierefreiheit heißt, dass Gebäude und öffentliche Plätze, Arbeitsstätten und Wohnungen, Verkehrsmittel und Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungen und Freizeitangebote so gestaltet werden, dass sie für alle ohne fremde Hilfe zugänglich sind,“ heißt es bei Aktion Mensch. Und genau wie im realen Leben gibt es auch im digitalen Leben Barrieren und den entsprechenden Wunsch nach einer digitalen Barrierefreiheit. Dazu gehört zum Beispiel das Hinterlegen von Bildbeschreibungen für blinde Menschen und die Möglichkeit, Videos in barrierefreien Formaten abzuspielen.

Barrieren auch im digitalen Leben

Wie das konkret aussieht, zeigt die Website einfach-teilhaben.de vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Im Berufsalltag spielen heute Internet und Software eine große Rolle: „Deshalb braucht es digitale Barrierefreiheit. Denn Menschen mit Behinderungen dürfen im Berufsleben nicht ausgegrenzt werden. Dafür setzt sich das Projekt ´Digital informiert – im Job integriert (Di-Ji )` ein“, heißt es dort. Auf der Seite lassen sich Texte auf Knopfdruck vorlesen, die Darstellung für Nutzer mit Sehschwächen von „Normal“ auf „Kontrast“ umschalten oder der Text auf „Große Darstellung“ schalten. Leider gibt es nur wenige Websites, die diesem Vorbild folgen. Häufige Barrieren im Web sind zum Beispiel sogenannte grafische Captchas bei Sicherheitsabfragen, bei denen Internetnutzer ein Wort, eine Ziffer oder eine Zeichenfolge erkennen und eintippen müssen. So etwas schließt sehbehinderte Menschen aus.

Dabei bringt barrierefreies Webdesign viele Vorteile mit sich. Wer sich zum Beispiel im Relaunch an die Anforderungen hält, profitiert mehrfach: Barrierefreie Websites sind nicht nur für Sehbehinderte, sondern auch für Suchmaschinen besser auffindbar und für mobile Endgeräte besser darstellbar – vom Smartphone bis Tablet.

Bestimmte Websites und Apps, zum Beispiel von Behörden, müssen sogar per Gesetz barrierefrei sein – das bestimmt das Behindertengleichstellungsgesetz, das 2018 aktualisiert wurde. Nicht zur Zufriedenheit des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands: „Unserer Einschätzung nach erfüllt das Gesetz in einigen Punkten nicht einmal die Mindestanforderungen der EU-Richtlinie. Beispielsweise fehlt die Verpflichtung, einer betroffenen Person auf Anforderung einen nicht-barrierefreien Online-Inhalt in einem zugänglichen Format zur Verfügung zu stellen“, so der Verband. So beschränkt sich die Verpflichtung also weiter auf elektronisch unterstützte Verwaltungsabläufe bei Bundesbehörden. Diese müssen bis 2021 barrierefrei gestaltet sein.

Smarte Technik für mehr Barrierefreiheit

Umso positiver, wenn Firmen hier Initiative zeigen. Bei Microsoft glaubt man zum Beispiel daran, dass smarte Technologien einen erheblichen Beitrag zu mehr Barrierefreiheit und Teilhabe leisten können. „Deshalb denken wir in der Produktentwicklung bereits inklusiv – auch beim Design, bei den Mitarbeitern und den späteren Anwendungsszenarien. Wir nennen das #digitalfueralle – denn wir wollen, dass alle Menschen vom Fortschritt und den Chancen profitieren, die die digitale Gesellschaft bietet”, so Isabel Richter, Corporate Communications Manager bei Microsoft.

Konkrete Beispiele für digitale Hilfsmittel, die bei verschiedenen Beeinträchtigungen im Alltag wie Sehbehinderungen, Gehörlosigkeit oder motorischen Krankheiten helfen, gibt es bereits. Die App „Seeing AI“ etwa hilft im Falle einer Beeinträchtigung des Sehvermögens, die Umgebung wahrzunehmen, indem sie diese mittels Fotos erfasst und in Audioform beschreibt. Auch intelligente Geräte wie die „Emma Watch“ zählen hierzu, welche das bei Parkinson-Patienten typische Zittern durch intelligentes Gegensteuern ausgleicht. Oder der Xbox Adaptive Controller der speziell für Menschen mit Einschränkungen konzipiert wurde. Kostenlos gibt es Hilfsanwendungen wie Live-Untertitelung in Präsentation mit der App Presentation Translator oder die Barrierefreiheitsprüfung in Office 365.

Künstliche Intelligenz soll einen Beitrag leisten: Auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz BUILD in den USA hat Microsoft CEO Satya Nadella das Programm “AI for Accessibility” angekündigt, eine Förderung von 25 Millionen US-Dollar für KI-gestützte Technologien, die speziell Menschen mit Behinderungen helfen sollen. In Deutschland soll die Bildungsinitiative „Code your Life“ das Programmieren für behinderte Kindern ermöglichen.

Der Anfang: Kommunikation ohne Barrieren

Barrierefreiheit fängt schon bei der Kommunikation im Internet an. Für „Code your Life“ ist Microsoft noch einen Schritt nach vorne gegangen. Die klassische Pressemeldung wurde in Zusammenarbeit mit einem Übersetzungsbüro in „leichter Sprache“ zur Verfügung gestellt, um wirklich alle zu erreichen. Und ganz im Sinne des inklusiven Projektes wurden die Materialien neben einem Video mit Sprechertext und Untertitel auch in einem barrierefreien Video in Gebärdensprache aufbereitet. „Es war uns wichtig, ein ehrliches Zeichen zu setzen – für mehr Bereitschaft, dass nicht nur Technologie, sondern auch Sprache in unserer Gesellschaft für alle da sein sollte“, so Richter.