Thomas Müller: „Design beschäftigt sich mit der Zukunft“

Darüber, dass Blockchain ein Zukunftstrend sein wird, gibt es keine zwei Meinungen. Dünner wird es oft, wenn es um konkrete Anwendungsmöglichkeiten geht. Thomas Meyer von der Innovations- und Designagentur Fjord zeigt wie die Blockchain für mehr Transparenz im Mediengeschäft sorgen und wie Design mit Innovation verbunden werden kann.

Thomas Müller: „Design beschäftigt sich mit der Zukunft“

Thomas Müller ist General Manager EALA bei der Innovations- und Designagentur Fjord und zuständig für das Geschäft in Europa, Afrika und Lateinamerika. Das beinhaltet drei Aspekte: Das Bestands- und Neukunden-Geschäft, die Definition und Vorstellung neuer Leitthemen, zum Beispiel Living Brand, und die Unternehmensstrategie.

Der gebürtige Deutsche hat einen Großteil seines Erwachsenenlebens in den USA verbracht, wo er studierte und dann auf der Kunden- und Beratungsseite arbeitete. Thomas glaubt leidenschaftlich an die Essenz der Einfachheit, um bemerkenswerte Erfahrungen durch jeden Service, jede Interaktion oder Kommunikation zu ermöglichen. Wir fragen Müller zuerst nach Blockchain. Die Technologie wird oft als Trend der Zukunft geschätzt. Viele tun sich aber schwer sie zu verstehen. Können Sie Blockchain noch einmal in ein paar kurzen Sätzen erklären?

Müller: Blockchain, die Technologie, die hinter dem Bitcoin steckt, ist eine verteilte, sichere, öffentliche Datenbank, in der – ähnlich wie in einem Logbuch – alle Daten permanent chronologisch erfasst werden. Jeder kann jederzeit sehen, wo Informationen herkommen und wie sie verarbeitet werden.

CMO.com: Noch schwerer tun sich vor allem viele, wenn es darum geht, wofür man sie einsetzen kann. Vielleicht zunächst ganz grundsätzlich: Was ist der Vorteil der Technologie im Marketing? Welches Potenzial sehen Sie in der Blockchain?

Müller: Prinzipiell wäre der Einsatz einer vertrauensfördernden Technologie im Marketing hochinteressant. Denn erfolgreiches Marketing überzeugt Menschen durch Kommunikation oder mit positiven Erfahrungswerten davon, ihre Meinung zu ändern, ihr Verhalten anzupassen und sich beispielsweise für Produkt A und nicht für Produkt B zu entscheiden.

Der Einsatz der Blockchain macht derzeit noch hauptsächlich Sinn in Situationen, in denen man längere Wertschöpfungsketten findet. Zum Beispiel in der Logistik: Was ist der Inhalt eines Containers, bevor er verschlossen wurde? Wo wurde er wann an wen übergeben und wie sah seine Reise bis zum Ziel aus?

CMO.com: Auf der DMEXCO in Köln waren sie in einer Expertenrunde zur Blockchain. Dabei ging es vor allem um Transparenz im Mediengeschäft. Was kann die Blockchain hier leisten?

Müller: Der Bereich des Marketings, den Blockchain meiner Meinung nach in der nahen Zukunft bereichern wird, ist das Mediageschäft. Hier bestehen Ähnlichkeiten zur Logistik. Einen Großteil der Wertschöpfungskette im Mediageschäft könnte man mit einer Blockchain untermauern. Es gibt dort eine Vielzahl von Prozessen, die man automatisieren und transparenter machen kann. Damit ließen sich mehr Effizienz und Transparenz erzielen, die sich wiederum positiv auf das Vertrauen zwischen Marken und Agenturen auswirken können.

CMO.com: Gibt es weitere Use Cases im Marketing oder Mediageschäft für die Blockchain?

Müller: Glaubwürdigkeit ist eines der zentralen Themen unserer Zeit. Da sich Menschen ein umfassendes Bild machen möchten – sei es über eine Marke, ein Produkt oder eine politische Partei – könnte Blockchain so etwas wie ein TÜV-Siegel werden, das den Wahrheitsgehalt einer Information zweifelfrei bestätigt.

CMO.com: Auf der Website der Agentur Fjord heißt es, Dinge aus dem Alltag neu zu überdenken gehöre zu ihrer Passion. Was erfinden Sie gerade neu?

Müller: Gerade beschäftigen wir uns intensiv mit den „Fjord-Trends“, die wir jedes Jahr veröffentlichen. Mit der Unterstützung von rund 1.000 Fjord-Kollegen in 28 Studios rund um die Welt analysieren wir derzeit gesellschaftliche und technische Ideen und Entwicklungen der vergangenen Monate. Wir sammeln, gruppieren und thematisieren, bis sich ein klares Bild der wichtigsten Trends und Entwicklungen herauskristallisiert – und wie sie sich in den kommenden 12 bis 18 Monaten auf Unternehmen, Organisationen und Verbraucher auswirken werden.

CMO.com: Wie wird sich Design in Zukunft weiterentwickeln und verändern?

Müller: Die Zukunft für Design war schon immer höchst positiv – heute mehr als je zuvor. Design beschäftigt sich mit der Zukunft. Die Motivation dahinter ist, den Ist-Zustand zu verbessern oder bestenfalls einen fundamental neuen Soll-Zustand zu gestalten. Design wird jedoch meist mit Form-Gestaltung (Produkt, Mode, Schrift, Graphik Design etc.) in Verbindung gebracht oder mit Kommunikation, Marketing und Werbung. Aber Design hat inzwischen ein viel breiteres Wirkungsfeld. Nicht ohne Grund ist Design und insbesondere Design Thinking auch in der Beratungsbranche in aller Munde. Designer beschäftigen sich heutzutage sehr viel mit Veränderungsprozessen, um Unternehmen und Marken bei ihrer Transformationsreise zu unterstützen und zu begleiten. Viele Designer sind von Natur aus sehr neugierig und wissensdurstig. Heute werden junge Designer auch gezielt in Ethnographie, Psychologie, Ergonomie geschult, um die neuen Herausforderungen der Transformation zu meistern. Sie bringen daher die essentielle Einstellung „Design für und mit Menschen“ mit sich mit.