Warum wir alle eine echte Leidenschaft brauchen

Die digitale Transformation verändert nicht nur unsere Wirtschaft und Gesellschaft, sondern hat auch massive Auswirkungen auf unsere Arbeitswelt. Unter dem Schlagwort „New Work“ werden dazu zahlreiche Forderungen und Modelle aufgestellt, doch sie dienen häufig eher der Produktivität und Effektivität. Ein wesentlicher Aspekt kommt aber immer noch viel zu kurz: Wir brauchen mehr Leidenschaft.

Warum wir alle eine echte Leidenschaft brauchen

Mehr Selbstbestimmung zur Stärkung der Individualität, flexible Arbeitsstrukturen mit Home-Office-Anteilen, zeitgemäße Führungsstrukturen, Agilität für schnellere Entscheidungen und neue Bürokonzepte mit kreativen Work-Spaces für verschiedene Arbeitssituationen – das alles und noch mehr wird unter dem Begriff „New Work“ subsummiert. Dabei treffen diese Aspekte gar nicht den Kern der ursprünglichen Idee: Frithjof Bergmann suchte während der Rezession der US-Autoindustrie in den frühen 1980er Jahren nach einer alternativen Lösung für die geplanten Massenentlassungen. Seine Idee war die gleichmäßige Verteilung der verbliebenen Arbeit auf alle Arbeiter, um eine Spaltung der Städte in Arbeiter und Nicht-Arbeiter zu vermeiden. Damit stellte sich aber zugleich die Frage, wie die Arbeiter die viele freie Zeit nutzen sollten, die sie durch die gleichmäßige Verteilung künftig haben würden. Bergmanns Antwort war eine zentrale Frage: „Was willst du wirklich, wirklich tun?“ Was ist also unsere Leidenschaft? Wofür brennen wir?

Warum wir eine Leidenschaft brauchen, es aber nicht unsere Arbeit sein muss

Kaum jemand wird das Zitat „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten“ nicht kennen. Es wird wahlweise Konfuzius, Mark Twain oder einer ganz anderen Person zugeordnet und kursiert seit vielen Jahren im Internet. Aber es gibt dazu auch gegenläufige Meinungen wie „Follow your passion is a terrible advice“ vom Self-Made-Milliardär Mark Cuban. Was stimmt denn nun?

Ja, wir brauchen eine Leidenschaft. Etwas, was uns glücklich und zufrieden macht, wenn wir damit Zeit verbringen können. Eine Tätigkeit, die uns intrinsisch motiviert. Einen Nährboden für Kreativität. Das kann auch der Job sein, aber wahrscheinlicher ist die Leidenschaft etwas, was wir neben dem Beruf machen. Das ist auch gar nicht schlimm, denn der Sinn unseres Lebens sollte nicht in der Arbeit liegen. Stattdessen sollten wir arbeiten, um Ressourcen für unsere Leidenschaft zu bekommen. Gelingt uns das, entsteht ein wertvolles Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leidenschaft. Die Arbeit ermöglicht unsere Leidenschaft, die uns wiederum motiviert zu arbeiten.

Klar ist allerdings auch: Nicht jeder wird seine Leidenschaft zum Beruf machen können. Aber es gibt nicht nur die eine Leidenschaft. Mit etwas Glück empfinden oder entwickeln wir eine weitere Leidenschaft für einen Teil unserer täglichen Arbeit – und genau das sollten wir anstreben. Daher sollte es bei New Work zentral um die Frage gehen: Wie kann der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern dabei helfen, Leidenschaften zu unterstützen und/oder zu entwickeln?

New Work heißt auch New Leadership

Wir werden nicht mit einer bestimmten Leidenschaft geboren. Sie entwickeln sich im Laufe des Lebens und sie verändern sich, wechseln, rücken in den Fokus oder treten auch mal zurück. Wenn uns eine Leidenschaft aber erst gepackt hat, stürzen wir uns mit aller Kraft auf diese Herzensangelegenheit. Wir sind motiviert, laufen zur Höchstform auf und müssen uns höchstens selbst bremsen. Im beruflichen Kontext werden sie allerdings viel häufiger von der Unternehmenskultur ausgebremst, beispielsweise durch einen Chef, der seine Mitarbeiter lieber selbst steuert und sie so einsetzt, wie er es für richtig erachtet.

Natürlich benötigen Unternehmen gewisse Strukturen und eine verlässliche Aufgabenverteilung in den Teams, aber warum sollten dabei die Mitarbeiter ungefragt bleiben? Noch viel zu selten wird in den Unternehmen die Frage gestellt: „Was willst du wirklich, wirklich machen?“ Ohne Antworten auf diese Frage bleibt es ein unwahrscheinlicher Zufall, dass ein Mitarbeiter eine berufliche Leidenschaft entwickeln kann. Da hilft dann auch kein fancy Team-Room mit Billardtisch und Spielekonsole – es sei denn, die Mitarbeiter sollen eine Leidenschaft für Billard und eSport entwickeln.

Passion meets Purpose

Was kann ein Unternehmen sonst tun, damit die Mitarbeiter eine Leidenschaft entwickeln? Ein wichtiger Aspekt ist sicher das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Wer nicht nur stumpfsinnig und auswechselbar ToDos abarbeitet, sondern den Mehrwert in seiner Arbeit erkennt, wird seine Tätigkeit selbst als sinnstiftend und wichtig anerkennen. Und genau das sind zwei der vielen Attribute, die eine Passion ausmachen.

Wie wichtig den Beschäftigten der Purpose wirklich ist, zeigt eine Studie von Harvard Business Review:

Diese Zahlen und Zusammenhänge machen deutlich, dass Leidenschaft und Sinnhaftigkeit zu Batman und Robin werden, wenn es um die Zukunft der Arbeit geht. Sie sind die perfekten Partner für die Gestaltung einer modernen und kreativen Arbeitsumgebung. Sie machen die Beschäftigten zufriedener und motivierter. Und nicht zuletzt werden sie damit auf eine auch für sie selbst positive Art und Weise produktiver und effektiver.