Neurowissenschaftlerin Dr. Caroline Di Bernardi Luft verrät Tipps zur Freisetzung der eigenen Kreativität

Kreativität: Einige werden damit geboren, andere nicht… oder? Für die führende Neurowissenschaftlerin Dr. Caroline Luft entspricht diese weitverbreitete Annahme jedoch ganz und gar nicht den Tatsachen. Ihr zufolge steckt in jedem von uns kreatives Potenzial und wirkt mehr oder weniger auf die gleiche Weise.

Das Geheimnis, die eigene künstlerische Ader zu entdecken, besteht eher im Wissen, wie Kreativität innerhalb des menschlichen Gehirns funktioniert und wie wir sie zum eigenen Vorteil nutzen können. Hier sind Dr. Lufts Tipps, wie du dir deine eigene, kreative Seite erschließen kannst.

Lerne deine kreative Seite kennen

Kreativität ist die Fähigkeit, Neues zu erschaffen. Jeder von uns besitzt diese Fähigkeit, ruft sie jedoch unterschiedlich ab. Manche haben großartige Ideen, manche verstehen sich besser darauf, andere zu inspirieren. Einige erschaffen Werke, die auf unseren Intellekt abzielen, während andere unsere Emotionen anregen. Die eigenen kreative Ausprägung zu kennen, ermöglicht uns, besser mit ihr zu arbeiten – dies war Thema des von Dr. Luft gemeinsam mit Adobe geleiteten Experiments „Co-lab“.

Im Rahmen von Co-lab brachten wir einige der talentiertesten europäischen Künstler und Kreativen aus unterschiedlichsten Bereichen zusammen, beispielsweise die Londoner Illustratorin Hattie Stewart, den bildenden Künstler David Amberzumjan aus München und den schwedischen Art Director Andreas Wannerstedt. Mit ihnen wollten wir unterschiedliche Kreativstile und deren Zusammenwirken eingehender untersuchen. Während kreativer Aufgaben überwachte Dr. Luft hierfür die aktiven Gehirnregionen der Kreativen mit einem EEG Messgerät, um Einblicke in die jeweiligen „Kreativ-Areale“ und persönlichen Trigger der Künstler zu erhalten.

Anschließend wurden die Künstler nach ihren jeweiligen kreativen Stärken in Gruppen eingeteilt, um gemeinsame Werke – im Sinne von „Creative Democracy“ – zu erschaffen. Creative Democracy ist einer der von Adobe Stock für 2019 angekündigten Visual Trends und bedeutet, dass jeder in der Lage ist, sich kreativ auszudrücken, wenn er oder sie die richtigen Instrumente dafür zur Verfügung hat. Viele gaben später an, dass die in der Sitzung mit Dr. Luft gewonnenen Erkenntnisse sowie die spezifische Gruppendynamik dazu beitrugen, einige ihrer besten Arbeiten zu erschaffen!

Überschlafe es (wirklich!)

Wir alle kennen das Sprichwort: Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Dr. Luft setzt dem jedoch entgegen, dass Prokrastination tatsächlich das Erfolgsrezept sein kann, um die besten Ideen freizusetzen! Um dies zu verstehen, müssen wir genauer darauf eingehen, wie Kreativität innerhalb des Gehirns funktioniert. Im Wesentlichen gibt es zwei neuronale Netze, die für kreatives Denken von Relevanz sind: das „Default Mode Network“ (Netzwerk im passiven Ruhestand) und das „Executive Control Network“ (Netzwerk für alle ausführenden Aspekte). Das Gehirn ist im Ruhezustand, wenn du nichts tust (d. h. wenn deine Gedanken wandern oder ruhen). Das Executive Control Network übernimmt dagegen, wenn du dich auf etwas konzentrierst, insbesondere der präfrontale Cortex – der Teil des Gehirns, der für die Logik und Entscheidungsfindung zuständig ist.

Das Generieren neuer Ideen ist mit einer gesteigerten Aktivität im Default Mode Network verbunden, während die bewusste Wahrnehmung oder die Entscheidung für eine Idee Aufgabe des Executive Control Networks ist. Daher entstehen gute Ideen häufig, wenn man gerade nichts Besonderes tut (zum Beispiel unter der Dusche). Deshalb empfiehlt Dr. Luft, sich genug Zeit für die eigene Ruhe zu nehmen, damit kreative Ideen entstehen können. Sie bezeichnet diesen Prozess als „geplante Prokrastination“ und ermutigt sogar dazu, diese Zeit bei jeder Kreativaufgabe zu berücksichtigen:

„Legen Sie eine Pause ein, wenn Ihnen nicht direkt etwas einfällt. Duschen Sie oder machen Sie irgendetwas Entspannendes – schlafen Sie notfalls darüber!“, so Dr. Luft.

„Es mag Ihnen so erscheinen, als ob Ihr Gehirn in solchen Phasen Ihre Ideen nicht weiterbringt. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass Ihr Default Mode Network trotzdem für Sie arbeitet. Ich bezeichne dies gern als „Gehirn-Bibliothekar“ – er durchsucht Ihre Erinnerungen und Gedanken nach nützlichen Informationen.“ Dr. Luft weist jedoch darauf hin, vor einer Pause konstant an einem Problem oder einer Idee zu arbeiten, da diese Bemühung den „Bibliothekar“ darüber informiert, was wichtig ist, und der Suche eine Richtung vorgibt.

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Ein Beitrag geteilt von Blogrebellen (@blogrebellen) am Mai 2, 2019 um 6:49 PDT

Glaube an deine Fähigkeiten

Nachdem nun erläutert wurde, wie Ideen im Gehirn entstehen, liegt es auf der Hand, dass Kreativität auf neurologischen Mechanismen beruht, die allen Menschen eigen sind. Es muss jedoch ebenso festgestellt werden, dass einige von uns eine höhere Kreativität als andere besitzen. Dr. Luft führt dies auf die vorhandene (oder nicht vorhandene) Überzeugung zurück, dass die eigene Kreativität verbessert werden kann.

Dr. Luft zitiert dabei Carol Dwecks bekanntes Buch „Growth mindset“ (Wachstumsmentalität) und erläutert, dass viele ein höheres Maß an Kreativität aufweisen, weil sie an ihre Fähigkeit glauben, sich inspirieren zu lassen: „Man muss nicht als Einstein oder Picasso geboren werden, um kreativ zu sein. Die Wissenschaft belegt, dass jeder kreativ denken kann – man muss nur die dafür benötigte Zeit investieren.“

Menschen mit Wachstumsmentalität werden eher die Geduld und harte Arbeit aufbringen, die erforderlich sind, um die angestrebten kreativen Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus sind sie eher bereit, Zeit in den Erwerb erforderlicher Fertigkeiten zu investieren, um einen signifikanten kreativen Beitrag erbringen zu können.

Kreativität entsteht im Team

Wir alle sind kreativ. Kaum jemand schafft es jedoch alleine. Den meisten fällt es leicht, kreative Ideen alleine zu entwickeln. Wenn es jedoch darum geht, diese auszuwerten, zu hinterfragen und anzupassen, wird die Arbeit in Gruppen höchstwahrscheinlich bessere Ergebnisse liefern.

Gruppen schneiden häufig trotzdem schlechter als Einzelpersonen ab, da eine bequeme Zustimmung allerseits namens „Gruppendenken“ auftritt und jeder der anfänglichen Lösung oder Idee zustimmt. Laut Dr. Luft bietet eine vielseitig besetzte Gruppe die beste Umgebung, um Gruppendenken zu vermeiden und kreativere Ideen zu fördern. In der Tat wird jede Gruppe, in der Mitglieder neue Perspektiven einbringen und in der sogar auch Uneinigkeit herrschen kann, die beste Lösung ausarbeiten. Was die Gruppenarbeit betrifft, liefert persönlicher Austausch von Angesicht zu Angesicht die besten Resultate. Grund hierfür ist ein Phänomen namens Zwischenhirn-Synchronisation, wobei der Augenkontakt dazu beiträgt, ein gemeinsames Verständnis zu erreichen. Gruppen mit Gehirnsynchronisation neigen dazu, kreativere Ergebnisse zu liefern, so Dr. Luft.

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Ein Beitrag geteilt von Adobe Deutschland (@adobe_de) am Apr 26, 2019 um 3:03 PDT

Wenn du nicht auf die Leistungsstärke eines kompletten Teams zurückgreifen kannst, gibt es andere Möglichkeiten, die du zur Steigerung deiner Kreativität einsetzen kannst. So ist Adobe überzeugt vom Potenzial von Technologie, um künstlerische Aktivitäten zu fördern. Neben dem erwähnten Experiment „Co-lab“ hat Adobe im Rahmen des OFFF Festivals eine neue Illustrator-Funktion vorgestellt. Die Funktion Recolor erlaubt Anwendern, Farben aus vorhandenen Bildern zu extrahieren und auf Illustrator-Grafiken anzuwenden, um auf diese Weise schier endlose Farbvariationen für mögliche Designs zu entdecken.

Die Wissenschaft hinter Kreativität zu verstehen und der Glaube, dass Menschen aus allen Lebensbereichen Zugang zu ihr haben, ist der erste Schritt, um das eigene kreative Potenzial zu entfalten. Übung macht auch hier den Meister. Daher verfolgt Adobe die Vision, Kreative mit allen notwendigen Tools auszustatten, um ihr jeweiliges Handwerk zu verfeinern, wo auch immer die stilistischen Vorlieben liegen mögen.

Wenn du auch daran interessiert bist, deine Kreativität zu entdecken und zu verstehen, hat Adobe das wissenschaftlich fundierte Quiz „Creative Types“ entwickelt. Du findest das Quiz hier http://mycreativetype.com/.