Kreative Bocksprünge: Warum es bei der Digitalisierung vor allem auf die Mitarbeiter ankommt

Rehböcke, Frösche, Schafe, Delfine: All diese Tiere haben uns Men­schen beim Übersprin­gen eines Hin­derniss­es inspiri­ert. Was wir im Deutschen Bock­sprung nen­nen, erin­nert im englis­chen „leapfrog“ an Froschhüpfer; das franzö­sis­che „saute-mou­ton“ nimmt sich Schafe zum Vor­bild, das isländis­che „höfrun­gahlaup“ im Wass­er sprin­gende Delfine.

Bei unseren Kun­denbe­suchen in diesem Früh­jahr habe ich gel­ernt: Auch als Inspi­ra­tion für die dig­i­tale Trans­for­ma­tion ist dieses Bild her­vor­ra­gend! Gemein­sam mit unserem CEO Shan­tanu Narayen haben wir in Deutsch­land, Öster­re­ich und der Schweiz zahlre­iche Vorstände und Geschäfts­führer aus Unternehmen unter­schiedlich­er Branchen getrof­fen. Ein Moment ist mir beson­ders in Erin­nerung geblieben.

Der Finanzvor­stand eines großen Indus­triekonz­erns räumte ein, amerikanis­chen Unternehmen in Sachen Kun­de­nori­en­tierung und Cus­tomer Expe­ri­ence Man­age­ment um zwei bis drei Jahre hin­ter­her zu hinken. Als deutsches Unternehmen stelle man zwar die besten Pro­duk­te weltweit her, doch das reiche nicht mehr aus. Man müsse den Kun­den ken­nen, ihm mit diesem Wis­sen nicht nur das beste Pro­dukt, son­dern das beste Kun­den­er­leb­nis liefern – das sei heute viel entschei­den­der für den Erfolg als die Pro­duk­tqual­ität allein. Dann fragte er uns: „Can you please help me leapfrog into the future of dig­i­ti­za­tion? We need to catch up and we can only sur­vive if we take bold deci­sions and leapfrog the competition.”

Nicht die Technik macht den Unterschied – sondern die Mitarbeiter!

Warum ist das Bock­sprin­gen ein so wun­der­bares Motiv für die Dig­i­tal­isierung? Es zeigt natür­lich die Her­aus­forderung, vor der wir ste­hen: Wir müssen eine Hürde meis­tern. Doch es bringt noch viel mehr auf den Punkt. Ent­standen ist es als Kinder­spiel, zum Vergnü­gen. Jemand bückt sich, macht einen Buck­el, der Springer stützt sich auf seinem Rück­en ab und springt über ihn. Mein Ziel in dieser kleinen Serie: Mit „Beau­ti­ful Dis­rup­tion“ will ich zeigen, wie viel Spaß die dig­i­tale Trans­for­ma­tion macht. Und: Man kann das Spiel in sein­er ursprünglichen Form nicht alleine spie­len – es funk­tion­iert nur im Team!

Bei der dig­i­tal­en Trans­for­ma­tion ist das exakt genau­so. Inno­va­tion und Tech­nolo­gie sind wichtige Voraus­set­zun­gen für eine erfol­gre­iche Trans­for­ma­tion, aber längst nicht aus­re­ichend. Es geht nichts ohne starke Mitar­beit­er und ein her­aus­ra­gen­des Team! Dies zu verin­ner­lichen ist für Unternehmen ein zen­traler Schlüs­sel zu ein­er erfol­gre­ichen Trans­for­ma­tion. Ob sie zur Erfol­gs­geschichte wird oder ihr Effekt trotz großen Aufwands ver­pufft, entschei­det sich durch die Mitar­beit­er, durch ihr Ver­ständ­nis, ihre Fähigkeit­en, ihre Kreativ­ität und ihre Zusammenarbeit.

Nur Unternehmen mit ein­er lebendi­gen dig­i­tal­en Kul­tur, die von allen Mitar­beit­ern verin­ner­licht und mit­gestal­tet wird, wer­den diesen Prozess erfol­gre­ich umset­zen und gewinnbrin­gend für sich ein­set­zen kön­nen. Dig­i­tale Pro­duk­te und Prozesse allein wer­den Kun­den nie begeis­tern. Wer seine Kun­den begeis­tern will, muss zuerst seine Mitar­beit­er begeis­tern! Denn sie sind es, die den Kon­takt zum Kun­den haben, mit ihm zusam­me­nar­beit­en, die für das per­fek­te Kun­den­er­leb­nis ver­ant­wortlich sind – und das ist es, was in der Dig­i­tal­isierung zählt.

Kundenerlebnis ohne Grenzen

Dig­i­tale Tech­nolo­gie stellt uns neue Tools für das per­fek­te Kun­den­er­leb­nis bere­it. Doch Bedürfnisse, Ansprüche und Vorstel­lun­gen von Kun­den unter­schei­den sich. Während Arti­fi­cial Intel­li­gence und Machine Learn­ing ermöglichen, die (Hyper-)Personalisierung von Kun­den­er­leb­nis­sen zu skalieren, müssen Unternehmen Struk­turen und Prozesse ent­lang der gesamten Cus­tomer Jour­ney schaf­fen, die Mitar­beit­er befähigt, Kun­den jed­erzeit zu unter­stützen, ihnen ganz indi­vidu­ell zu helfen, sie zu berat­en und zu begeistern.

Kür­zlich habe ich mich hier mit der Zukun­ft der Kun­den­beziehun­gen beschäftigt. Die zahlre­ichen Kom­mentare dazu zeigen mir, dass sehr viele Leser erkan­nt haben: Dafür müssen auch starre Struk­turen und Abteilungs­gren­zen im eige­nen Unternehmen aufge­brochen wer­den. Einige span­nende Reaktionen:

Diese State­ments sprechen The­men an, die Tech­nolo­gie allein nicht lösen kann: Dazu braucht es empathis­che Mitar­beit­er in kun­de­nori­en­tierten Teams! Ich stimme ihnen abso­lut zu – und gehe noch einen Schritt weit­er. Die gestiege­nen Erwartun­gen an die Geschwindigkeit von Kreation und Dis­tri­b­u­tion erfordern eine rei­bungslose Zusam­me­nar­beit über nahezu alle Bere­iche hin­weg. Das schließt IT- und Kreativabteilun­gen genau­so mit ein wie Forschung und Entwicklung.

Die schärfsten Kritiker unserer Produkte und Services möchten wir im eigenen Haus haben

Mitar­beit­erzen­tri­ertheit ist ein natür­lich­es Ergeb­nis der kun­de­nori­en­tierten Denkweise. Wenn Unternehmen ihre Kun­den wirk­lich in den Mit­telpunkt stellen, müssen sie bei den eige­nen Leuten anfan­gen: Cus­tomer Cen­tric­i­ty begin­nt mit Employ­ee Centricity.

Adobe ist deshalb Ende 2015 einen Schritt gegan­gen, der damals viele überrascht hat: Im Man­age­ment wurde Don­na Mor­ris ver­ant­wortlich für Cus­tomer UND Employ­er Expe­ri­ence. Sie sagt: „Wir haben die Ein­heit gebildet aus der Überzeu­gung her­aus, dass Men­schen – Kun­den und Mitar­beit­er – das wertvoll­ste Asset eines Unternehmens sind.“

Wir möcht­en, dass unsere Mitar­beit­er die schärf­sten Kri­tik­er und dynamis­chsten Impuls­ge­ber für unsere Pro­duk­te und Ser­vices sind. Deshalb ani­mieren wir sie jed­erzeit zu Feed­back, zum Beispiel mit der Online-Funk­tion „Report an Issue“. In der Betaphase testen Mitar­beit­er und Kun­den Pro­duk­te vor der Ein­führung gemein­sam. Wir haben bei unseren Kun­den eine Com­mu­ni­ty aus inter­essierten „Ear­ly Adopters“ geschaf­fen, die sich daran beteili­gen. Regelmäßig kom­men so in der Test­phase 5.000 bis 10.000 Nutzer zusam­men, die eine Entwick­lung lei­den­schaftlich unter die Lupe nehmen.

Weit­er­bil­dung und lebenslanges Ler­nen – das darf mit­tler­weile als wei­thin akzep­tierte Erken­nt­nis gel­ten – sind uner­lässlich. Bei Adobe gibt es neuerd­ings zum Beispiel ein sechsmonatiges Train­ing­spro­gramm zu Kün­stlich­er Intel­li­genz (KI), an dem alle Inge­nieure teil­nehmen kön­nen. Doch ein­er der wichtig­sten Punk­te ist vielfach noch ein blind­er Fleck in den Weit­er­bil­dung­spro­gram­men von Unternehmen: Kreativ­ität!

Kreativität ist die Schlüsselkompetenz des digitalen Zeitalters

Unternehmen benöti­gen Kreativ­ität als Kern­res­source, um kon­tinuier­liche Inno­va­tio­nen voranzutreiben. Mit fortschre­i­t­en­der Automa­tisierung und dem Ein­satz von KI, die den Arbeits­markt neu struk­turi­eren, ist Kreativ­ität der größte Wettbewerbsvorteil!

Empathis­che, kreative Mitar­beit­er, die wis­sen, wie man schnell pass­ge­naue Lösun­gen für Kun­den entwick­elt sind ein zen­traler Wet­tbe­werb­svorteil und die Grund­vo­raus­set­zung für das per­fek­te Kun­den­er­leb­nis. Und wie schon aus dem State­ment des ein­gangs zitierten CFO deut­lich wird: Es kommt nicht mehr nur auf die Pro­duk­tqual­ität an, son­dern auf das gesamte Kun­den­er­leb­nis. Das bedeutet zweier­lei: Wenn mein Pro­dukt das beste ist, bin ich noch nicht der erfol­gre­ich­ste am Markt, wenn Wet­tbe­wer­ber das bessere Kun­den­er­leb­nis bieten. Es bedeutet aber auch: Wenn ein Konkur­rent bessere Pro­duk­te hat als mein Unternehmen, kann ich ihn trotz­dem mit dem Kun­den­er­leb­nis übertrumpfen.

Von der Kreativ­ität jedes Einzel­nen über Work­flows im Team bis hin zum Ziel eines kreativ­en Unternehmens: Der Auf­bau ein­er inno­v­a­tiv­en und kreativ­en Kul­tur ist eben­so wie die Dig­i­tal­isierung ein The­ma auf höch­ster Ebene. Eine For­rester-Analyse zeigt, dass kreative, desig­nori­en­tierte Unternehmen aus diesen Stärken wirtschaftliche Vorteile ziehen: Sie haben treuere und zufriedenere Kun­den – oder schlicht: das bessere Kundenerlebnis.

Das geistige Eigentum kommt hoffentlich am nächsten Morgen wieder…

Mit dem Adobe Lab haben wir eine Com­mu­ni­ty für Mitar­beit­er geschaf­fen, die gemein­sam Ideen entwick­eln, die gestal­ten und innovieren wollen. Auf dieser Plat­tform kön­nen sie gemein­sam Pro­duk­te entwick­eln, Vorschläge von Kol­le­gen kom­men­tieren und weit­er­en­twick­eln, ihre Ideen sog­ar direkt zur Patent­prü­fung geben. Mit diesem weltweit­en Kol­lab­o­ra­tionswerkzeug kann jed­er Mitar­beit­er zu unser­er Inno­va­tions­daten­bank beitra­gen. Mehr als zwölf­tausend paten­tierte Ideen ste­hen dort zur Ver­fü­gung und kön­nen bei der Entwick­lung neuer Pro­duk­te ver­wen­det wer­den. Pro Jahr kön­nten so kün­ftig 800 bis 1000 Ideen hinzukom­men, vielle­icht sog­ar mehr.

Diese Ideen unser­er Mitar­beit­er sind das wichtig­ste Kap­i­tal für die Entwick­lung unseres Unternehmens. „Ich glaube, dass man als Tech­nolo­giefir­ma nicht ver­suchen sollte, den Sta­tus quo zu bewahren. Man muss sich ständig ändern und anpassen“, sagte unser CEO Shan­tanu Narayen im Inter­view mit der „Süd­deutschen Zeitung“. Und weit­er: „Wir sind in einem Geschäft, in dem es auf geistiges Eigen­tum ankommt. Unser geistiges Eigen­tum geht jeden Abend nach Hause, und kommt hof­fentlich am näch­sten Tag wieder.“