Datenschutz: Nicht der gläserne Kunde ist das Ziel, sondern der glückliche
Wer hat Angst vor der DSGVO? Auch ein Jahr nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung sind das erstaunlicherweise immer noch ziemlich viele. Zum ersten Geburtstag Ende Mai haben die großen Wirtschaftsverbände sie mit Kritik überzogen. Ich halte das für falsch. Wenn man den Datenschutz bis zum Ende durchdenkt, liefert er wertvolle Impulse für Innovation und die digitale Entwicklung von Unternehmen. Genau deshalb beschäftige ich mich in meiner Serie „Beautiful Disruption“ diesmal mit den großartigen Effekten des Datenschutzes.
Die DSGVO war von Anfang an umstritten, nicht wenige malten zu ihrem Inkrafttreten regelrechte Schreckensszenarien an die Wand. Die Welt ging am 25. Mai 2018 nicht unter, doch umstritten ist die DSGVO wie eh und je. Sie schaffe bloß Verwirrung und Unsicherheit, sei kompliziert, aufwändig, teuer und ein bürokratisches Monster – das war die Resonanz aus der Wirtschaft zu ihrem ersten Geburtstag. Nicht totzukriegen ist auch das Argument, der europäische Datenschutz sei ein Bremsklotz für die Digitalisierung und verschaffe hiesigen Unternehmen Wettbewerbsnachteile gegenüber der Konkurrenz aus den USA und China.
Ich glaube, der Hund liegt ganz woanders begraben als in der staatlichen Regulierung. Unternehmen sollten sich vielmehr selbst fragen, wie sie das Thema Daten und Datenschutz neu denken und so zu besseren Ergebnissen kommen können. Zwei jüngst veröffentlichte Studien finde ich in diesem Zusammenhang ausgesprochen ernüchternd. Die erste zeigt große Wissenslücken, vor allem in den Chefetagen. 31 Prozent der Befragten aus der Führungsriege von Unternehmen geben an, von der DSGVO gehört zu haben, aber nicht zu wissen, worum es dabei konkret geht. Die zweite Studie kommt zu dem Ergebnis: Nur 17 Prozent der Unternehmen monetarisieren ihre Daten, ein Viertel hält datengetriebene Geschäftsmodelle in ihrem Unternehmen sogar für undenkbar.
Erst menschliche Kreativität macht Daten wertvoll
Diese Haltung ist sehr uninspiriert. Daten sind das neue Öl, dieser Ausspruch ist zum geflügelten Wort geworden. Doch das ist nicht die ganze Geschichte. Daten selbst sind nicht wertvoll oder wertlos. Ohne Kreativität sind Daten nur Bits und Bytes. Erst eine Idee, wie sich mit Daten ein Mehrwert für den Kunden schaffen lässt, macht Daten wertvoll und monetarisierbar. Wenn Unternehmen glauben, ihr Geschäft sei datengetrieben nicht möglich, zeigt das vor allem einen Mangel an Kreativität und Ideen.
Derzeit sammeln viele Unternehmen ziellos Daten, mit denen sie gar nichts anzufangen wissen. Die Vorschriften der DSGVO zur Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von Daten liefern einen kaum zu unterschätzenden Impuls für den Fortschritt: Die Zeit des wilden, planlosen Datensammelns ist vorbei. Sie zwingt Unternehmen quasi zu ihrem Glück: Sie müssen sich mit den zentralen strategischen Fragen auseinandersetzen. Welche Daten sind für mich relevant, wie kann ich damit Mehrwert für meine Kunden schaffen, welche Geschäftsmodelle kann ich mit welchen Daten aufbauen? Diese Aspekte kommen viel zu oft noch viel zu kurz.
Ebenso bedeutend ist ein zweiter Effekt der DSGVO: Sie sorgt für mehr Transparenz. Unternehmen müssen Menschen, deren Daten sie nutzen wollen, um ihr Einverständnis fragen und ihnen auf Anfrage Rechenschaft ablegen, was sie mit den Daten gemacht haben. Sie müssen also ihre Kunden überzeugen, dass es eine gute Idee ist, ihre Daten dem Unternehmen anzuvertrauen – und dass sie selbst einen Nutzen davon haben.
Datenschutz für eine neue Qualität der Kundenbeziehung
Das heißt nichts anderes, als dass Unternehmen in ihre Kundenbeziehungen investieren müssen. Sie müssen das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen und vermitteln, dass sie verantwortungsbewusst und respektvoll mit deren Daten umgehen. Sie müssen herausragende Customer Experiences schaffen und ihren Kunden den Nutzen für sie selbst durch die Datenverarbeitung erklären.
Kunden wertschätzen Empathie und Verständnis für ihre Bedürfnisse. Sie sind bereit, ihre Daten mit Unternehmen zu teilen, wenn sie den Nutzen daraus klar erfassen können. Die magische Formel im DSGVO-Zeitalter lautet: Nicht der gläserne Kunde ist das Ziel, sondern der glückliche!
Datenschutz und Privacy sind niemals eine Entschuldigung für schlechten Kundenkontakt. Die Personalisierung von Angeboten braucht maximale Relevanz, aber keine Aufdringlichkeit.
Unternehmen, die glaubwürdige und herausragende Experiences anbieten können, werden auch in Zukunft in engem Kontakt zu ihren Kunden stehen. Wahrscheinlich werden sie ihnen näher sein als je zuvor.
Wer die richtigen Fragen stellt, wird zukunftsweisende Antworten finden
Vor dem Hintergrund des angeblichen Standortnachteils für europäische Unternehmen finde ich es bemerkenswert, wie unser Partner Microsoft mit der DSGVO umgeht. Mit Microsoft und SAP kooperieren wir im Rahmen der Open Data Initiative. Obwohl die DSGVO von der Europäischen Union erlassen wurde und nur dort gilt, wendet Microsoft die wichtigsten Regeln freiwillig in allen Märkten weltweit an. Weil man die Bedeutung des Datenschutzes als Grundlage für das Vertrauen der Kunden erkannt hat.
Auch für uns bei Adobe ist Datenschutz nicht verhandelbar, sondern Grundvoraussetzung für unser Geschäftsmodell. Aus diesem Grund haben wir die DSGVO-Konformität unserer Cloud‑Lösungen von Trustarc unabhängig überprüfen lassen. Kunden, die unsere Cloud‑Lösungen nutzen, können darauf vertrauen, dass alle Daten DSGVO-konform verarbeitet werden. So können wir unsere Kunden beim Aufbau einer unternehmenseigenen Datenwirtschaft und Datenwertschöpfung optimal unterstützen.
Denn mit der eingebauten DSGVO-Compliance können sie sich auf das Wesentliche konzentrieren: die Wertschöpfung für ihre Kunden. Viele Unternehmen würden Cookie-Meldungen und Double-opt-in-Prozesse am liebsten vermeiden weil sie fürchten, damit Kunden zu vergraulen. Unsere Erfahrung zeigt: Wenn es in die richtige Experience eingebettet wird, funktioniert es. Dann geben Kunden gerne die Zustimmung zur Nutzung ihrer Daten. Die Tools für das Experience-Management sind in den Adobe-Clouds auch gleich dabei.
Wer hat jetzt immer noch Angst vor der DSGVO? Ich hoffe, niemand mehr — und bin nun gespannt auf eure Perspektive. Professionelles Datenmanagement für das optimale Kundenerlebnis geht auch DSGVO-konform. Wer jetzt die richtigen Fragen stellt, wird kreative, innovative und zukunftsweisende Antworten finden.