Wie die IT den Graben zwischen B2B- und B2C-Marketing schließen kann

Die Trennung zwischen Konsumenten- und Business-orientiertem Marketing ist veraltet. B2B-Kunden nehmen ihre privaten Erlebnisse zunehmend als Maßstab auch für berufliche Einkaufsentscheidungen. Mit einem Business to Everyone (B2E)-Ansatz können Marken personalisierte Angebote und persönliche Ansprache auch auf Businessebene umsetzen.

Wie die IT den Graben zwischen B2B- und B2C-Marketing schließen kann

Digitale Technologien lassen die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben immer weiter verschwimmen. Für Adobe bedeutet das den Beginn einer neuen Ära: Business to Everyone (B2E) ist der Schlüssel für personalisierte Erlebnisse sowohl im Konsumenten- als auch im Geschäftsbereich. (CMO.com/DE gehört zu Adobe)

Steve Lucas, Strategic Advertiser bei Adobe, ist überzeugt: Die strikte Trennung in Konsumenten und Einkaufsentscheider ist in einer digital vernetzen Welt überholt. Egal ob Privat- oder Berufsleben, Kaufentscheidungen werden zunehmend zeit- und ortsunabhängig getroffen. Höchste Zeit also, Kundenerlebnisse zentral über eine einzige Plattform zu steuern.

Obwohl der B2E-Ansatz kontrovers diskutiert wird, sehen Branchenexperten durchaus Potenzial. „Ob B2B oder B2C: Unsere Kunden sind immer Menschen“, so Megan Heuer, Vice President Research für die Sirius Decision Produktlinie Bei Forrester. „IT-Fachleute sollten das Thema definitiv auf dem Zettel haben.“

Eine gemeinsame Ausgangsbasis finden

B2B-Einkäufer übertragen private Kundenerlebnisse zunehmen auch auf berufliche Interaktionen. Personalisierte Angebote und eine persönliche Ansprache werden deshalb auch im geschäftlichen Umfeld immer wichtiger.

Die Herausforderung: Die IT-Systeme der meisten B2B-Unternehmen sind auf Interaktionen mit Accounts ausgelegt, nicht auf individuelle Kontakte. Und selbst wenn persönliche Daten hinterlegt sind, werden die zugehörigen Personen eher als Leads denn als Menschen betrachtet. Hier müssen IT-Abteilungen die kritische Verbindung zwischen Accounts und den ihnen zugehörigen Einkaufsentscheidern herstellen. Nur so können Marken personalisierte Kundenerlebnisse auch auf Businessebene anbieten.

„Im B2B-Marketing ist es gar nicht so leicht, auf individueller Basis mit Einkäufern zu interagieren“, gibt Heuer zu bedenken. „Das liegt auch daran, dass B2B-Einkäufe immer komplexer werden, weil immer mehr Personen in die Kaufentscheidungen mit eingebunden sind – gerade, wenn es um Großinvestitionen geht. Es geht also nicht nur darum, die Person als Individuum anzusprechen, sondern auch ihre Rolle im Einkaufsteam zu berücksichtigen.“

Ein Name oder die Accountinformationen reichen dafür nicht aus. Doch mit der richtigen Technologie können Marken einzelne Teammitglieder auf Grundlage des aktuellen Entscheidungsstands sowie ihrer Rolle im Team personalisiert und zum richtigen Zeitpunkt ansprechen.

IT-Verantwortliche stellt das vor Herausforderungen.

„Auf Ebene des Datenmanagements und der Workflow-Automatisierung gibt es Gemeinsamkeiten hinsichtlich der funktionalen Anforderungen zwischen B2B und B2C“, erklärt Gerry Murray, Forschungsleiter bei IDC. „Doch obwohl beide Ansätze ähnliche MarTech-Funktionen erfordern, sind die Schwerpunkte völlig anders gewichtet.“

Die spezifischen Strukturen und Prozesse machen es für eine einzelne Technologielösung oft schwierig, beide Bereiche optimal abzudecken. Zudem gründen die meisten Unternehmen getrennte Subunternehmen, um sowohl den B2B- als auch den B2C-Bereich gezielt anzusprechen. Natürlich hat dann auch jedes Subunternehmen sein eigenes Marketingbudget, eigene Mitarbeiter und spezifische Prozesse.

Der MarTech Stack im Umbruch

Doch B2E kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Mauern zwischen B2B- und B2E-Marketing fallen. Das erfordert eine Neuausrichtung der Software – ohne jedoch Sicherheit und Datenschutz zu beeinträchtigen.

IT-Abteilungen müssen auf B2E-spezifische Datenstrategien umstellen, anhand derer sie Kundeninformationen gezielt sammeln, aggregieren und analysieren können. Zudem müssen die Tools auch die entsprechenden Berechtigungen einholen, speichern und teilen, damit Marken die gewonnenen Daten überhaupt verwenden dürfen. Und das ist noch nicht alles: Die Programme müssen außerdem in der Lage sein, individuelles Engagement und Personalisierung im großen Stil zu realisieren – für eine kollektive, personalisierte Customer Journey.

Abhängig von den Unternehmenszielen müssen Marken verschiedene Technologien kombinieren, um Kunden über alle Touchpoints entlang der Customer Journey hinweg zu verfolgen und mit ihnen zu interagieren – das schließt sowohl das Customer Relationship Management, das Customer Experience Management, das Customer Intelligence Management als auch verschiedene Content- und Experience-Optimierungen sowie Automatisierungstools mit ein.

„Man muss mehrere Puzzleteile zusammenbringen, um zu verstehen, an welchem Punkt der Customer Journey sich ein Kunde gerade befindet“, weiß Heuer. „Viele Unternehmen wird das vor Herausforderungen stellen. B2B-Kunden so personalisiert anzusprechen, wie B2E-Kunden es erwarten – und das auch noch im großen Stil – ist völlig neu für sie.“

Die Grenzen zwischen Sales und Marketing verschwimmen

Doch nicht nur die Software, auch die interne Organisation wird sich durch den B2E-Ansatz verändern. Marketing und Vertrieb etwa müssen wesentlich enger zusammenarbeiten.

Denn egal ob on- oder offline: Konsumenten steht eine immer breitere Palette an Informationskanälen zur Verfügung – der traditionelle Sales Funnel ist damit überholt. Gleichzeitig zwingen die wachsenden Ansprüche an die Customer Experience (CX) sowie die zunehmende Transformation hin zu Cloud Angeboten Vertriebsmitarbeiter zum Umdenken. Die digitale Kommunikation, die sowohl auf B2B- als auch auf B2C-Konsumenten abzielt, macht es Salesteams nicht gerade einfacher, sich Gehör zu verschaffen und die Einkaufsentscheidungen ihrer Kunden zu beeinflussen.

Die Lösung: Eine anspruchsvollere und subtilere Kundenkommunikation. Hier können Technologieplattformen und Tools ihre Stärken ausspielen. Mithilfe digitaler Lösungen können Vertriebsmitarbeiter ein holistisches Bild ihrer Kunden gewinnen und aus den gewonnenen Daten wertvolle Insights für die Kundenbindung gewinnen.

„Die große Herausforderung liegt darin, einen nahtlosen Übergang zwischen Marketing und Vertrieb zu erreichen. Denn auch B2B-Käufer werden ihre Einkaufsentscheidungen zukünftig weitestgehend ohne Beratung durch Salesmitarbeiter treffen. Dabei beziehen sie sich zunehmen auf Rezensionen und Erfahrungen anderer Kunden“, weiß Rebecca Wettemann, Senior Vice President of Research bei Nuclear Research.

Von B2E profitieren alle Unternehmen – oder?

Doch Vorsicht vor überstürzten Handlungen: „B2E ist definitiv nicht für jede Marke geeignet“, gibt Murray zu bedenken. „Ein zentraler Ansatz muss nicht zwangsläufig die optimale Lösung für Ihr Unternehmen sein, nur weil Sie sowohl Endverbraucher als auch Businesskunden adressieren. Selbst innerhalb der Kategorien B2C und B2B gibt es je nach Marketingpraktik große Abweichungen.“

Adobe etwa verkauft seine Lösungen zwar prinzipiell an alle, richtet sich jedoch vornehmlich an Konzerne oder größere Mittelständler. Kleine und mittlere Unternehmen oder Endverbraucher zählen hingegen nicht zur Zielgruppe.

„Geschäftsreisende etwa sammeln Treuepunkte, die sie dann für ihren Urlaub einsetzen. Doch Reise und Gastronomieanbieter adressieren sie als Konsumenten, nicht als Geschäftskunden“, erklärt er.

Nicht schnacken, machen!

Für alle anderen heißt es: Nicht schnacken, handeln! Denn B2E hat durchaus Potenzial, insbesondere da automatisierte Technologien wie Künstlicher Intelligenz zunehmend bezahlbar werden.

„Völlig neu ist das Konzept nicht, doch erst jetzt wird die Technologie wirklich erschwinglich“, so Heuer. „Jetzt kommt es auf die Unternehmen an. Wenn sie ihren B2B-Kunden B2C-ähnliche Erlebnisse bieten wollen, sollten sie in die entsprechenden Tools investieren. Denn das lohnt sich: Die meisten B2B-Einkäufer wünschen sich personalisierte Erlebnisse.“