Wir machen Inventur: Wie viel New Work steckt in deutschen Unternehmen?
Alle sprechen von New Work und Modern Work: Doch haben digitale Tools und agile Strukturen wirklich ihren Weg aus den Ideenschmieden in den Arbeitsalltag gefunden? Und wie sieht es in Sachen Nachhaltigkeit in deutschen Büros aus? Denn auch Ressourcenschonung zählt zur Verantwortung des modernen, ganzheitlichen Arbeitens. Das wollten wir wissen und haben im Rahmen einer repräsentativen Studie, die in Zusammenarbeit mit Civey entstanden ist, in kleinen und mittleren Unternehmen nachgefragt.
Stechuhr ade: Arbeitnehmer*innen befürworten flexible Arbeitszeiten
Immer wieder werden Forderungen laut, der starre „9 to 5“-Arbeitstag sei überholt. In vielen Unternehmen rennt man damit offene Türen ein, knapp die Hälfte (49,1 Prozent) der Befragten gibt an, dass flexible Arbeitszeiten in ihrem Betrieb gelebte Praxis sind. Insbesondere die 18- bis 29-Jährigen, die Millennials und Teile der Gen Z also, nutzen diese Möglichkeit überdurchschnittlich häufig (60,2 Prozent). Ungeahnter Vorreiter ist in dieser Hinsicht der Banken- und Versicherungssektor: 85,6 Prozent der Befragten nutzen hier die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit flexibel einzuteilen. Auch Kreativbereiche und Marketing liegen mit 61,3 Prozent bzw. 60 Prozent deutlich über dem Durchschnitt.
Digitalisierung und Flexibilität gehen Hand in Hand
Eng mit dem Thema flexibles Arbeiten verwoben ist der Einsatz digitaler Technologien wie digitale Dokumenten-Workflows oder das kollaborative Arbeiten per (Video-)Chat und Cloud. Gut ein Drittel der Befragten geben an, dass entsprechende Lösungen in ihren Unternehmen im Einsatz sind (34,8 Prozent setzen auf Chat und Cloud, 37,3 Prozent auf digitales Dokumentenmanagement). Dass insbesondere die Technologie-affinen Millennials und Genz Z überdurchschnittlich oft digital unterwegs sind (48,3 Prozent nutzen Chat und Cloud, 43,9 Prozent digitale Dokumentenworkflows), überrascht nicht. Ihnen dicht auf den Fersen sind die 30- bis 39-Jährigen: 42,5 Prozent bleiben über Chat und Cloud in Kontakt, 41,7 Prozent verwalten Dokumente digital. Branchenvorreiter in puncto Chat und Cloud ist die Kreativbranche (58,6 Prozent), doch auch Marketing und Ingenieurwesen (jeweils 50,3 Prozent) tauschen sich – und ihre Daten – gerne per Messenger bzw. Cloud aus. Hinsichtlich digitaler Dokumenten-Workflows hat der Bankensektor knapp die Nase vorn (52,5 Prozent), dicht gefolgt vom Marketing (51,9 Prozent).
Auffällig: Beschäftigten in Branchen mit hohem digitalem Reifegrad wie dem Banken- und Versicherungssektor sowie dem Kreativbereich sind flexible Arbeitszeiten und -orte (62,2 Prozent bzw. 57,8 Prozent) besonders wichtig. Hier zeigt sich: Ein hoher digitaler Reifegrad eröffnet Mitarbeiter*innen eine flexible und moderne Gestaltung ihres Arbeitsalltags.
In puncto Nachhaltigkeit herrscht Nachholbedarf
Der rücksichtsvolle Umgang mit der Umwelt ist im Arbeitsalltag ausbaufähig. Über die Hälfte der Befragten (53,5 Prozent) sind in Unternehmen beschäftigt, in denen nachhaltige Lösungen keine Rolle spielen. Gleichzeitig stufen 54,7 Prozent als wichtig bzw. sehr wichtig ein, dass ihr Arbeitgeber nachhaltige Ziele setzt und verfolgt. Über dem Durchschnitt liegen dabei mit 66,2 Prozent bzw. 58 Prozent beschäftige im Marketing bzw. Kreativbereich. Und wer setzt bereits auf nachhaltige Lösungen? Das papierlose Büro steht hoch im Kurs bei ressourcenintensiven – da stark abhängig von Dokumenten und Unterschriften – Bereichen wie dem Banken- und Versicherungssektor (56 Prozent) sowie Personalabteilungen (40,7 Prozent). Im Schnitt setzt allerdings nur knapp ein Drittel (31,1 Prozent) der befragten Branchen auf papierlose Workflows. Auch abseits des Schreibtisches gibt es Nachhaltigkeitspotential. Im Schnitt erhalten nur 18,5 Prozent der Befragten einen Zuschuss zu emissionssparenden Mobilitätsangeboten. Besonders grün pendeln Beschäftigte im Marketing: Mehr als ein Drittel (37,3 Prozent) dürfen sich über bezuschusste Karten für den öffentlichen Nahverkehr oder ein Job-Rad freuen.
Kulturwandel im Unternehmen? Hierarchien werden flacher
Modern Work bedeutet auch, etablierte Routinen zugunsten neuer Rollenmodelle und Aufgabenverteilungen aufzubrechen. Zwar sind Agilität und Co. noch keine gelebte Realität in deutschen KMUs, dennoch verlieren strikte Hierarchien an Bedeutung. Überraschen mag in diesem Zusammenhang, dass ausgerechnet die jüngste Generation am wenigsten Wert auf flache Hierarchien legt: Nicht einmal ein Drittel (29,8 Prozent) äußert diesen Wunsch. Als echte Vorreiter stechen hier ausgerechnet die ältesten Arbeitnehmer*innen hervor: Von den über 65-Jährigen sprechen sich knapp zehn Prozent mehr (39,9 Prozent) dafür aus, Hierarchien zu ebnen.
Das bedeutet jedoch mitnichten, dass an alten Strukturen festgehalten wird. 31,7 Prozent aller Befragten arbeiten bereits in einem Umfeld, in dem Aufgaben je nach Projekt wechseln, Branchen wie Kreativbereich sowie Architektur und Bauwesen gehen hier mit 55,5 Prozent bzw. 44,2 Prozent voran.
Fazit: Die Weichen sind auf Modern Work gestellt
Das Potential moderner Arbeitsweisen wird in der Realität deutscher KMUs zwar noch nicht vollends ausgeschöpft, doch die Vorteile werden erkannt: Flexible Arbeitszeiten etablieren sich zunehmend, Branchen, die stark auf Dokumenten- und Unterschriftenprozesse angewiesen sind, wissen um den Effizienzgewinn, den digitale Anwendungen versprechen. In puncto Nachhaltigkeit haben Unternehmen Luft nach oben, dabei werden die Forderungen von Beschäftigen lauter. Unternehmen müssen sich also auf moderne Strukturen einstellen und – beispielsweise durch digitale Kollaborations-Tools – flexibles Arbeiten sowohl im Büro als auch remote ermöglichen, um Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen und als Arbeitgeber attraktiv zu sein.
Über die Studie:
Im Auftrag von Adobe hat das Meinungsforschungsunternehmen Civey im Zeitraum vom 01. bis 16. Februar 2021 insgesamt 2.001 Personen aus Unternehmen mit 10 bis 249 Mitarbeitenden befragt. Die Studie entstand im Rahmen der Videoserie „We love New Work“, welche die Facetten neuer Arbeitswelten beleuchtet und verschiedene Akteure und ihre Arbeitsweisen portraitiert.